Opalencia. Die Portugiesen haben eine große Stärke: Cristiano Ronaldo. Der erste Gruppengegner der deutschen Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft baut sein gesamtes Spiel rund um den 27-Jährigen auf. Doch unschlagbar sind sie deshalb nicht.

Nani hat es geschafft. Der Stürmer, der in den zehn EM-Qualifikationsspielen fünf Tore für Portugal erzielte, trainiert wieder mit der Mannschaft. Wegen einer Fußprellung konnte der 25-Jährige von Manchester United in den ersten Tagen im polnischen Trainingslager im Städtchen Opalencia nur im Kraftraum arbeiten. Rechtzeitig zum ersten EM-Spiel gegen Deutschland am Samstag in Lemberg ist er wieder fit.

Trainer Paulo Bento atmete auf: „Das ist für uns eine gute Nachricht.“ Denn: Das Spiel der Portugiesen, das voll und ganz auf Stürmerstar Cristiano Ronaldo zugeschnitten ist, wird durch Nani etwas schwerer auszurechnen.

Nani wird vorne neben Ronaldo spielen. Ronaldo kommt in Top-Form von Real Madrid zur EM. Am Tor-Rekord von 121 Treffern, mit denen Real zur spanischen Meisterschaft stürmte, war der 27-Jährige mit 46 Toren beteiligt. Eine fast unglaubliche Marke. Ronaldo wäre damit fast ein König, aber er hatte Pech: Lionel Messi vom großen Rivalen FC Barcelona brachte es auf 50 Treffer und stellte den Portugiesen tatsächlich noch in den Schatten.

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Die Tor-Quote Ronaldos hat mit seinem Drang zu tun, so gut wie jeden Ball, den er in Strafraumnähe am Fuß hat, aufs Tor zu hämmern. Manche nennen es Torinstinkt, andere nennen es Egoismus.

Ronaldo besitzt eine große fußballerische Gabe

Kontrolliert er einmal den Ball, ist er schwer davon zu trennen. Im Training auf dem wunderbaren Rasen in Opalencia sieht man schon vom Spielfeldrand, warum das so ist. Ronaldo rauscht mit dem Ball am Fuß auf einen Gegner zu, es ist nicht zu erkennen, ob er rechts oder links vorbei möchte. Er zuckt im letzten Augenblick ganz kurz, dieses Mal ist er damit links am Verteidiger vorbei. Aus zehn Metern Entfernung lässt sich erkennen, welch’ ungewöhnliches Bewegungstalent der 27-Jährige besitzt. Gepaart mit seiner Schnelligkeit und Ballsicherheit eine große Gabe.

Allerdings hat Ronaldo auch eine Schwäche: Stören ihn die Gegner bei der Ballannahme und attackieren ihn, bevor er Fahrt aufnimmt, verliert er schnell die Lust. Das bedeutet für das Deutschland-Spiel: Im Mittelfeld durch Stellungsspiel bereits die Passwege auf Ronaldo versperren, der rechte Verteidiger der Viererkette muss aufrücken, um nah am Portugiesen zu sein und das Tackling früh ansetzen zu können. Zur Sicherheit muss der Innenverteidiger dazu zwei Schritte weiter als gewöhnlich nach außen. Dadurch kann er Ronaldo abfangen, wenn dieser am Außenverteidiger vorbei ist und noch nicht volles Tempo aufgenommen hat. Schafft es Ronaldo mit Tempo in den Strafraum, wird die Sache ein Fall für Torwart Manuel Neuer.

Problemzone Defensive

Was gibt es bei den Portugiesen außer Ronaldo? Im Gegensatz zur „Goldenen Generation“ um Luis Figo, die vor einem Jahrzehnt die Fußball-Fans begeisterte, hat Portugal mittlerweile ein starkes Leistungsgefälle im Team. Im Angriff wartet Hugo Almeida hinter Ronaldo und Nani auf seine Einsatzchance. Der frühere Stürmer von Werder Bremen, der jetzt für Besiktas Istanbul spielt, hat seine besten Tage aber offensichtlich hinter sich.

Im Tor steht mit Eduardo ein Keeper, der auf der Linie sensationelle Reflexe zeigen kann. Muss er allerdings bei Ecken aus seinem Tor heraus, ist er für den einen oder anderen Patzer gut.

Die Problemzone der Portugiesen liegt in der Defensive. Zwar haben Verteidiger Pepe (Real Madrid) und Mittelfeld-Mann Raul Meireles (FC Chelsea) jede Menge internationale Erfahrung. Aber sie vertreten eben auch jene Spielweise, die Jürgen Kohler „gesunde Härte“ nennen würde. Schiedsrichter nennen das oft „Foul“, und so sind Pepe und Raul Meireles oft schnell mit der Gelben Karte belastet und bewegen sich danach am Rande eines Platzverweises.

Fazit für das Deutschland-Spiel: Die Elf von Bundestrainer Joachim Löw muss Cristiano Ronaldo in den Griff kriegen, dann sollten sie ihr EM-Auftaktspiel gegen Portugal sicher gewinnen.