Florenz. Kurz vor der EM hat der italienische Wettskandal auch die Squadra Azzurra erreicht. Bei einer Razzia im Trainingslager der Nationalmannschaft durchsuchte die Polizei am Montagmorgen das Zimmer von Abwehrspieler Domenico Criscito. Er darf nun nicht mit zur EM fahren.
Razzia bei der Squadra Azzurra, Verhaftung von Lazio-Profi und Klose-Teamkollege Stefano Mauri sowie Hausdurchsuchung bei Meister-Coach Antonio Conte - der italienische Fußball wird anderthalb Wochen vor der EURO 2012 in Polen und der Ukraine von erneuten Ermittlungen im Zuge des Wett- und Manipulationsskandals erschüttert. In den Sog der Untersuchungen ist auch der Verteidiger der italienischen Nationalmannschaft, Domenico Criscito, geraten. Deshalb wurde am Montagvormittag das Trainingsquartier der Azzurri in Coverciano durchsucht.
Am Nachmittag gab Verbands-Vize-Präsident Demetrio Albertini bekannt, dass der Profi von Zenit St. Petersburg nicht für die EM-Endrunde (8. Juni bis 1. Juli) nominiert werde. Der Spieler beteuerte indes seine Unschuld. "Ich habe damit nichts zu tun", sagte Criscito. Solidarisch mit dem Kicker erklärte sich auch sein Trainer Luciano Spalletti. "Ich würde für ihn die Hand ins Feuer legen", betonte der Zenit-Coach.
17 Personen stehen offenbar im Fokus der ermittelnden Behörden. Dazu gehört auch Mauri, Teamkollege des deutschen Nationalstürmers Miroslav Klose bei Lazio Rom. Er wurde vorläufig festgenommen, ebenso wie der Mittelfeldspieler des Zweitligisten Padova Calcio, Omar Milanetto. Beiden wird Sportbetrug vorgeworfen, Mauro und Milanetto sollen Spiele manipuliert haben.
Lazio-Spiele der vergangenen Saison könnten manipuliert gewesen sein
'"Jeder, der Sportsmann ist, kann das nicht gut finden. Das ist Schwachsinn. Wir wollen eine saubere EM spielen - mit fairem und sauberem Fußball", sagte der deutsche Nationalspieler Sami Khedira am Montagmittag zu den Vorfällen in Italien.
Der Staatsanwalt von Cremona, Roberto Di Martino, hat offenbar konkrete Beweise gesammelt, dass die Lazio-Spiele der vergangenen Saison beim FC Genua (4:2) und bei US Lecce (4:2) manipuliert gewesen sein könnten. Dabei sollen Spieler beider Mannschaften, darunter Mauri, mit insgesamt 600.000 Euro bestochen worden sein. Nach Angaben Di Martinos bescherte die Manipulation des Spiels Lecce-Lazio einer internationalen Wettorganisation zwei Millionen Euro Gewinn.
Betroffen von der großangelegten Aktion der Ermittlungsbehörden war auch der Juventus-Turin-Trainer Antonio Conte, der die alte Dame in dieser Saison zum Titel geführt hatte. Gegen den 42-Jährigen, der in der Saison 2010/2011 den AC Siena betreut hatte, wird ebenfalls wegen Sportbetrug ermittelt. Laut den Staatsanwälten in Cremona wurden 2011 bis zu acht Siena-Matchs manipuliert.
Auch Spieler, Trainer und Manager der Serie A von Razzia betroffen
Die Wohnung Contes, der seit einem Jahr den italienischen Rekordmeister trainiert, wurde von der Polizei durchsucht. Sein Rechtsanwalt, Antonio De Rencis, beteuerte die Unschuld seines Mandanten. "Conte ist fest entschlossen, seine Unschuld zu beweisen", sagte der Verteidiger.
Neue Vorwürfe wurden außerdem gegen den ehemaligen Nationalspieler Giuseppe Signori erhoben. Der 43-Jährige, der bereits im vergangenen Juni wegen illegalen Wetten vorläufig festgenommen worden war, wird jetzt auch der Geldwäsche beschuldigt. Ein Freund Signoris und sein Steuerberater wurden unter Hausarrest gestellt. Verhaftet wurde auch Matteo Grilli, Fußballer des Zweitligisten Albinoleffe
Betroffen von der Razzia waren mehrere Fußballer der Serie A und B, sowie Trainer und Manager. Zu ihnen zählt auch der Stürmer von FC Genua, Giuseppe Sculli. Außerdem wurde die Wohnung des Chievo-Stürmers Sergio Pellissier durchsucht. Ihnen wird ebenfalls Sportbetrug vorgeworfen. Verhaftet wurden in Ungarn auch fünf Mitglieder einer Organisation um den Singapurer Tan Seet Eng, der laut den Ermittlern einen asiatischen Wettring geleitet haben soll. (sid)