Tourrettes. . Beim Testspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen die Schweiz muss Bundestrainer Löw langsam erkennen, wen er aus dem EM-Kader streicht. Fest gesetzt sind aber wohl die Spieler des FC Bayern München. Außerdem geht es noch um die Frage, wie fit Miroslav Klose wohl ist.

Ein „paar Bedenken“ hatte der für die Rolle des Bedenkenträgers denkbar ungeeignete Bundestrainer schon. Aber dann kam Miroslav Klose, und dann sah Joachim Löw den Miro, und es passierte das Übliche: „Als ich ihn im Training erlebt habe, sind meine Sorgen kleiner und kleiner und kleiner geworden.“ Für die Nationalmannschaft ist das eine gute Nachricht. Wer den Plan verfolgt, verlorene Bälle blitzartig zurückzuerobern, wer gedankenschnell umschalten und mit perfektem Kombinationsspiel nach vorne rücken will, der braucht eben keinen Stoß- oder Konterstürmer, der braucht einen versierten ständigen Mitarbeiter: einen wie Klose.

Über 90 Minuten hinweg wird der vor dem Start in die Vorbereitung auf die Europameisterschaft lange verletzte 33-Jährige am Samstag bei der Testpartie gegen die Schweiz in Basel dennoch kaum spielen. Noch kann probiert, noch kann experimentiert werden. Erst am Samstagabend werden die acht Bayern im Teamquartier im südfranzösischen Tourrettes eintreffen, die acht Bayern, die laut Löw bewiesen haben, „dass sie bei uns Leistungsträger sind“. Erst am kommenden Dienstag muss der Bundestrainer Europas Fußball-Union die Namen der vier Spieler nennen, die er bereit ist, aus dem erweiterten Kader zu streichen, die nicht mitreisen dürfen ins polnische Danzig, wo das Ensemble ab dem 4. Juni den festen Wohnsitz haben wird.

Löw findet alle Torhüter "überragend"

Den Bayern hat Löw bereits Tickets ausgestellt. Leistungsträger. Aus Tradition. Brauchen nach einer Saison ohne Titel lediglich einige psychohygienische Anwendungen. Ob die Begegnung mit den kurzzeitig ihre Urlaube unterbrechenden Schweizern Auswirkungen auf das Streichverhalten haben wird, lässt sich noch nicht exakt bestimmen. Klar ist allerdings, dass es sich bei der Nationalmannschaft nicht mehr um eine Gesellschaft handelt, die den Zuzug von Fachkräften bedingungslos bejubeln muss. Sie kann im Gegenteil wählerisch sein, extrem wählerisch.

Julian Draxler, dem 18-jährigen Schalker, Ilkay Gündogan, dem 21-jährigen Dortmunder, und Marc-Andre ter Stegen, dem 20-jährigen Gladbacher Torhüter, hat der Bundestrainer am Freitag beste Noten geschrieben. Er hat beim Reden über den Zwischenstand der Dinge aber auch bekannt gemacht, dass es ein Leben nach der EM geben wird: „Ich glaube, diese Spieler werden alle die Chance haben, in Zukunft dabei zu sein.“ Irgendwann in Zukunft. Da, wo die Kader-Überraschungsgäste das Feld besetzen könnten, hegt Löw nämlich nicht einmal ein paar Bedenken. In der Mitte herrscht ein Überangebot, jedoch eines, das sich nach dem Leistungsträger-aus-Tradition-Prinzip sortieren ließe. Im Tor findet der Bundestrainer „alle drei überragend“. Tim Wiese und Ron-Robert Zieler und den erstmals eingerückten ter Stegen. Doch die Nummer eins ist ohnehin der derzeit absente Manuel Neuer.

Ist Miroslav Klose fit oder topfit?

Erkenntniswert über die Beantwortung der Frage „Klose, fit oder topfit?“ hinaus verspricht der Abstecher nach Basel vor allem da, wo der Personalstand schmaler ist. Marcel Schmelzer soll den Posten auf der linken Seite der Verteidigung übernehmen. Kann der Dortmunder überzeugen, wird ein Wechsel des Bayern Philipp Lahm nach rechts wahrscheinlicher. In der zentralen Defensive haben in Tourrettes der genesene und im Training auftrumpfende Per Mertesacker und der hochbegabte und selbstbewusste Mats Hummels gemeinsam geübt. Die Ordnung gab der erfahrene Arsenal-Mann vor. Der Dortmunder Meister und Pokalsieger musste links antreten, da, wo er auch im Verein spielt, da, wo in der Nationalelf aber gewöhnlich Bayerns Holger Badstuber (Leistungsträger. Aus Tradition) positioniert ist. Ein Zeichen?

Zeichen leuchten naturgemäß im Moment überall auf. Löw allerdings erkennt in der Auswahl der alpinen Schweiz zwar „das kleine Holland“, an einen „absoluten Härtetest“ glaubt er aber dennoch nicht. Absolut hart wird es nach Test zwei am 31. Mai in Leipzig gegen Israel erst am 9. Juni. Im ukrainischen Lwiw. Bei der EM. Weil: Entscheidend ist gegen Portugal.