Tourettes. . Miroslav Klose fehlt aktuell die Fitness, Mario Gomez wird am Samstag problembeladen zur Nationalelf reisen. Der Bundestrainer kennt schon eine Alternative für die EM: Marco Reus
Am Dienstag, als die Hügel im Hinterland von Cannes und Nizza noch von Fritz-Walter-Wetter belästigt wurden, hielt sich Miroslav Klose vom Trainingsplatz fern. Nicht wegen des Regens. Auch mit 33 Jahren lässt sich das Urgestein der Nationalmannschaft schließlich nie von den Umständen, sondern nur vom eigenen Körper bremsen. Hansi Flick, der Co-Trainer des Teams, hat das dann auch gleich klargestellt. Klose, angeschlagen, aktuell: ein paar muskuläre Probleme im Rücken. Himmelseidank kein Aufbrechen der Sprunggelenksverletzung, die ihn daran hinderte, beim Saisonfinale der Serie A für Lazio aufzulaufen. Prognose: Morgen kommt Miro.
Mittwoch früh hatte die Sonne sich mit Macht zurückgemeldet. Miroslav Klose erschien aber wieder nicht. Erst am späten Nachmittag konnte er am Training in Tourrettes teilnehmen und damit in den Kampf ziehen. Den Kampf um die einzige Rolle, die Bundestrainer Joachim Löw im Regiebuch für die große Fußballbühne Europameisterschaft mit der Überschrift „Stürmer“ versehen hat. Klose kennt diesen Kampf. Vor der Weltmeisterschaft 2010 war er noch für den FC Bayern tätig. Gesamtarbeitszeit in der Bundesligasaison: 1079 Minuten. Für jemanden, der sich langsam aus dem Berufsleben zurückziehen möchte, ein schöner Wert. Für jemanden wie Klose ein Schlag ins Gesicht.
Klose ist da, wenn es wichtig wird
Ein Schlag, von dem er sich da erholte, wo er sich bisher immer erholte. Im Kreis der Nationalelf. Die Hauptrolle in Südafrika sicherte er sich. Vier Tore erzielte er und erhöhte damit seine Gesamt-WM-Ausbeute auf 14. Lediglich ein Treffer fehlt ihm, um den Rekord des brasilianischen Rentners Ronaldo einzustellen. Mit 63 Toren in 114 Begegnungen hat er die Hatz auf den 68-Treffer-Nationalelf-Rekord des legendären Gerd Müller eröffnet. Der stille Klose ist eben da, wenn es wichtig wird.
Wie jetzt gerade. Ein Freiticket für den Flieger Richtung Polen, in sein Geburtsland, hat der Bundestrainer ihm nicht ausgestellt. „Miroslav Klose ist noch nicht in seiner Topform“, merkte Löw besorgt an. Wenn es am Samstag zur Testpartie gegen die Schweiz in Basel geht, muss der ewige Angreifer also punkten. Flick hat bereits angekündigt: „Wenn die leichten Beschwerden vorbei sind, wird er spielen.“ Dass Klose in der Gewissheit spielen wird, sein Schicksal selbst in der Hand zu haben, dürfte dabei für ihn von Vorteil sein. Konkurrent Mario Gomez wird nämlich erst am Samstagabend in Südfrankreich eintreffen. Spät, sehr spät, vielleicht zu spät.
Gomez war zuletzt der Chancentod
Sollte Klose gegen die Schweizer Auswahl Frische ausstrahlen, wird man behaupten können: Keinem anderen Bayern hat das Versagen des Renommierklubs auf den letzten Metern dreier Wettbewerbe so geschadet wie Gomez. Keinem anderen Bayern hat es so geschadet, dass er nicht früher im Trainingscamp die letzten Eindrücke der Saison wegwischen und durch neue Eindrücke ersetzen konnte. Gomez weiß nach Jahren erregter Dispute über seine Qualitäten selbst am besten, worüber er sich einzig qualifizieren kann. „Ich bin dafür da, das Tor zu machen.“ Im Meisterschaftsfinale, im Finale des nationalen Pokals, im Finale der Champions League jedoch präsentierte sich der in guten Zeiten als Super-Mario gefeierte Gomez als Chancentod. Schlimmer noch: als kaum in das passbetonte Spiel seiner Mannschaft zu integrierender Chancentod.
Gelobt hat Löw den 26-Jährigen nach der Niederlage gegen Chelsea dennoch. Gegen den letzten Eindruck. Für das Gesamtwerk, für das pure Volumen. 26 Treffer in der Liga, zwölf bei den Champs, zwei im Pokal. Wie der Bundestrainer sich die Ausformung der Rolle im Auge des Sturms vorstellt, hat er aber auch kund getan. Mit dem Blick auf Marco Reus, den Neu-Dortmunder, der offiziell in der Kategorie Mittelfeld geführt wird. „Marco würde ich gerne ganz, ganz vorne sehen“, sagte der Bundestrainer und geriet ins Schwärmen. Klasse Kombinationsspiel. Kann sich wahnsinnig schnell bewegen. Ist wendig. Abschlussstark.
Cacau steht wohl nur für den Notfall parat
Cacau, dritter Stürmer, offiziell, müssen die Ohren geklingelt haben. „Ich muss bereit sein für alles, was passieren wird“, hat der Stuttgarter erklärt, der nach schwierigen Monaten beim VfB überraschend den Sprung in den erweiterten Kader schaffte. Seine Rolle ist wohl darauf beschränkt, bei Regen und Sonne für den Notfall präpariert zu werden: Kloses Körper findet, er müsse sich das Ganze nicht mehr antun auf seine alten Tage.