Berlin/Düsseldorf. Herthas Jurist Christoph Schickhardt sprach nach dem Chaos-Spiel in Düsseldorf von „Todesangst“, doch auch seinen Spielern droht Ungemach: Schiedsrichter Wolfgang Stark hat Anzeige gegen einen Herthaner gestellt wegen Körperverletzung. Wolf Werner hält die Aussagen Schickhardts für „total überzogen.
Fußball-Schiedsrichter Wolfgang Stark hat nach dem Chaos beim Bundesliga-Relegationsspiel am Dienstag zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC (2:2) einen Hertha-Spieler wegen Körperverletzung angezeigt. Das bestätigte die Düsseldorfer Polizei auf Nachfrage der Nachrichtenagentur dapd. Der Online-Ausgabe der "Bild"-Zeitung zufolge soll Herthas Lewan Kobiaschwili den Unparteiischen mit der Faust geschlagen haben.
Unterdessen ermittelt auch der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gegen beide Vereine und die vier Hertha-Spieler Kobiaschwili, Thomas Kraft, Christian Lell und Andre Mijatovic sowie gegen den Düsseldorfer Kapitän Andreas Lambertz. Während Kobiaschwili Stark geschlagen haben soll, wird den übrigen Hertha-Akteuren Schiedsrichter-Beleidigung zur Last gelegt. Lambertz soll im Stadioninnenraum mit einem bengalischen Feuer hantiert haben.
Hertha-Jurist Christoph Schickhardt spricht von "Todesangst" seiner Spieler
Nachdem sie Fortuna sportlich nicht schlagen konnte, hofft die Berliner Hertha nun auf einen Sieg vor Gericht. „Die Spieler hatten Angst. Es ist die Verpflichtung des Vereins, fristgerecht Einspruch gegen die irregulär zustande gekommene Spielwertung einzulegen.“ Michael Preetz sprach am späten Mittwochnachmittag betont staatstragend, als er den Pressevertretern mitteilte, dass der Verein beim Deutschen Fußball-Bund offiziell Protest gegen die Wertung des Relegationsspiel einlegen wird.
Der DFB wird am Freitag entscheiden, ob das Spiel vom Dienstagabend womöglich neu angesetzt wird. Die Relegation ist sportlich entschieden, nun verhandeln die Juristen.
Herthas Jurist Christoph Schickhardt hatte schon am Mittwochmorgen im „Morgenmagazin“ der ARD argumentativ vorgelegt. Er sprach von „Todesangst“ seiner Spieler, die Rückkehr auf den Platz diente lediglich der Vermeidung einer „Eskalation auf dem Platz“ und um „ein Blutbad“ zu verhindern. Beim Gegner aus Düsseldorf fiel derartige Wortwahl auf wenig Gegenliebe. Manager Wolf Werner hielt die Aussagen Schickhardts am Mittwochmorgen schlicht für „total überzogen“, später am Tag wurde der 70-Jährige deutlicher: „Die Gewalt kam aus der ganz anderen Ecke und wer etwas anderes sagt, lügt. Wir müssen jetzt ganz bewusst gegen die Meinungsmache dagegenhalten.“ Die für Samstag geplante Aufstiegsfeier Fortunas wurde bereits abgesagt. „Aus organisatorischen Gründen“, wie es aus der Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens hieß.
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Fan-Priviliegien auf dem Prüfstand
Auf den DFB kommt nach dem Ende der Saison viel Arbeit zu: Neben dem zu verhandelnden Einspruch der Berliner nahm der Kontrollausschuss des DFB offiziell Ermittlungen gegen beide Klubs auf, zudem stehen vier Berliner und ein Düsseldorfer Spieler im Fokus der Ermittler. Lewan Kobiaschwili, Christian Lell, Andre Mijatovic und Torhüter Thomas Kraft (alle Hertha). Kobiaschwili wird vorgeworfen, Schiedsrichter Wolfgang Stark (Ergolding) nach Spielschluss in den Nacken geschlagen zu haben. Seine drei Berliner Teamkollegen sollen den Referee nach Abpfiff der Partie, die mehrmals unterbrochen werden musste, beleidigt haben. Fortunas Kapitän Andreas Lambertz habe beim Feiern mit dem Fans nach dem Abpfiff ein bengalisches Feuer in der Hand gehalten.
Die Vertreter vom DFB und der Deutschen Fußball Liga (DFL), Holger Hieronymus und Helmut Sandrock, hatten sich da schon längst geäußert. Die Szenen aus Düsseldorf, die trotz gegenteiliger öffentlicher Wahrnehmung ohne Festnahmen und Verletzte vonstattengingen, und vom Abend zuvor aus Karlsruhe haben Verbandsoffizielle, Politiker und Polizei einmal mehr aufgeschreckt. Im „Brennpunkt“ der ARD am Mittwochabend sagte DFB-Generalsekretär Sandrock: „Wir haben Zäune heruntergenommen, viele andere Dinge den Fans als Privileg zugestanden. Da darf es erlaubt sein, dass wir neben anderen Dingen, die wir zu betrachten haben, auch über die Privilegien der Fans - Stichwort Fankultur - nachzudenken haben.“
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Auch die Politik fand deutliche Worte angesichts der Häufung der Vorfälle in deutschen Stadien in dieser Saison. Bundesinnenminister Friedrich (CDU) forderte von den Klubs ein entschlossenes Vorgehen gegen Gewalttäter. „Sie müssen ihren Fans klar machen, dass Gewalt nicht geduldet wird“, sagte der Minister dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Sie müssen ihnen außerdem klar machen, dass Pyrotechnik in Stadien nichts zu suchen hat.“ Friedrich verlangte außerdem, es dürfe keine Fan-Privilegien für Ultras und andere geben, wenn nicht endlich Ruhe und Ordnung einkehrten. „Alle 54 Profi-Vereine müssen sich noch vor Beginn der nächsten Saison auf diese Verhaltensregeln einigen“, forderte der Minister. (dapd)