Schanghai. In seinem 111. Formel-1-Rennen feierte Nico Rosberg den ersten Sieg in der „Königsklasse“. Gleichzeitig war’s der erste Triumph für das „echte“ Werksteam von Mercedes. Michael Schumacher fiel mit Deffekt aus, Weltmeister Sebastian Vettel kämpfte mit abbauenden Reifen und wurde Fünfter.

Gleich zwei erste Male an einem Wochenende: Nico Rosberg hat in seinem 111. Formel-1-Rennen den ersten Sieg für sich und das Mercedes-Werksteam der Neuzeit eingefahren. Die Siegerpfeile sind zurück, und ein Talent verliert die Vorsilbe „ewig“. Die deutsche Nationalhymne wurde nach dem Großen Preis von China zum Triumphmarsch, Rosberg hatte am Ende komfortable 20,6 Sekunden Vorsprung auf Jenson Button. Lewis Hamilton im zweiten McLaren wurde Dritter. Sebastian Vettel verlor zum Schluss alle Podiumschancen und wurde – den Umständen entsprechend – Fünfter.

Letzter reiner Mercedes-Erfolg war 1955 in Monza

Nico Rosberg war immer noch im Renntrimm, als er vom Podest stieg. So schnell wie der 26-Jährige hat noch nie ein Sieger Bilanz gezogen. Das Protokoll der Atemlosigkeit: „Sehr glücklich. Sehr cool. Sehr aufregend. Absolut sensationell. Der Hammer.“ Damit war alles gesagt. Und ziemlich untertrieben. Rosberg hatte alles unter Kontrolle, wie schon in der Qualifikation, als er sich seine erste „Pole“ holte: „Ich war mir meiner Sache eigentlich recht sicher.“ Die Taktik, einen Stopp weniger einzulegen, war die richtige. Zeitweise hatte der Führende 25 Sekunden Vorsprung. Mercedes-Sportchef Haug sah sich erlöst, pflegte aber ebenfalls das Understatement: „Das war schon mal ein Lebenszeichen. Genugtuung kenne ich nicht, was wir jetzt erreicht haben, war der Plan.“ Dazu wurde in Schanghai der umstrittene Aerodynamik-Trick („F-Schacht“) am W03 endgültig legalisiert, der Rosberg und Schumacher zu den besten Startplätzen trieb.

Sternstunde, das ist vielleicht abgegriffen, trifft es aber. Der letzte reine Mercedes-Erfolg gelang 1955 in Monza Juan-Manuel Fangio ebenfalls aus der Pole-Position heraus, da war Rosbergs Vater Keke gerade sieben Jahre alt. Der Sohnemann hatte lange gewartet, nie das siegfähige Auto – und dann räumte er alles auf einmal ab, für sich und fürs Team. „Eigentlich ging es nur ums Reifenschonen, die ganzen 56 Runden lang. Ich wusste ja nie, was ich von den anderen hinter mir erwarten musste“, erklärt Rosberg. Doch der Erfolg von China wird ihm Rückenwind geben, keine Frage.

Damit hatte Mercedes den großen Sieger und den großen Verlierer in eigenen Reihen – Rekordweltmeister Michael Schumacher war als Zweiter gestartet und hatte seinem Junior-Kollegen den Rücken frei gehalten – bis zu seinem fatalen Boxenstopp in Runde 13. Das rechte Vorderrad war nicht fest, aber die Fahrt vom Boxenteam schon freigegeben. Aus Sicherheitsgründen steuerte Schumi in die Wiese.

Weltmeister Vettel kämpfte sich mühsam nach vorne

Nur McLaren-Hoffnung Jenson Button, der einen Stopp mehr unternahm als der Sieger, hätte dem Wiesbadener gefährlich werden können, doch beim Halt im 39. Umlauf patzten auch seine Mechaniker, Button verlor zehn Sekunden.

Sebastian Vettel startete zum ersten Mal seit zweieinhalb Jahren nicht aus den Top Ten, er fühlt sich in seinem neuen Red Bull immer noch nicht richtig wohl. Als Elfter am Start bekam er sofort die Unbill des in diesem Jahr besonders engen Mittelfelds zu spüren, der Champion sackte sogar bis auf Platz 15 ab. Mühsam arbeitete er sich vor, es war für den Heppenheimer ein Auf und Ab der Gefühle, je nach Zustand des Reifen-Gummis.

Der Titelverteidiger war acht Runden vor Schluss bis auf Position zwei vorgedrungen, doch in Runde 52 ging Button dank der frischeren Pneus locker vorbei. Der Champion wurde auch noch von Hamilton und seinem Red-Bull-Kollegen Mark Webber überholt. „Uns fehlt auf der Geraden einfach ein bisschen Dampf. Es war turbulent, nicht einfach“, bilanziert er. Nach dem dritten Rennen ist klar: Die Machtverhältnisse haben sich geändert.

Dass der kunterbunte Siegerpokal so ziemlich der geschmackloseste der jüngeren Vergangenheit war, konnte verschmerzt werden. Mercedes-Sportchef Norbert Haug, der mit Verspätung den Weg aufs Podest schaffte, stieß die Trophäe in den Himmel. Und der war, dem Anlass entsprechend, silbergrau.