Dortmund. Bundestrainer Jörg Roßkopf hatte die Goldmedaille als Ziel ausgegeben, doch im Finale war China wie schon so oft eine Nummer zu groß: Die deutsche Mannschaft unterlag dem Favoriten klar mit 0:3 und muss sich mit Silber begnügen.
Timo Boll und die deutschen Tischtennis-Asse winkten enttäuscht ins Publikum, die über 11.000 Fans im Hexenkessel Westfalenhalle feierten ihre Helden trotz der Niederlage mit minutenlangem Applaus. Boll und Co. verpassten im WM-Finale von Dortmund die große Sensation und unterlagen China 0:3. Statt wie 1989 beim Gold-Coup von Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner erneut Geschichte zu schreiben, blieb den Herren zum vierten Mal Silber.
"Wir hatten wirklich eine gute Chance. Die Chinesen haben heute alles zeigen müssen", sagte Bundestrainer Jörg Roßkopf und zollte dem Gegner Respekt: "Sie sind eine große Mannschaft." Sein chinesischer Amtskollege Liu Guoliang gab das Kompliment umgehend zurück: "Deutschland ist eine starke Mannschaft. Wir hoffen, dass sie noch stärker wird."
Boll verliert trotz Aufholjagd
Boll hatte gleich im ersten Match gegen Weltmeister Zhang Jike den Traumstart auf dem Schläger. Nach einem 0:2-Rückstand erkämpfte sich der WM-Dritte den Ausgleich. "Timo, Timo"-Rufe hallten durch die gewaltige Halle, kaum einen Zuschauer hielt es noch auf dem Sitz. Doch Boll nutzte das Momentum nicht, verpatzte den Start in den letzte Satz völlig und ging doch noch als Verlierer vom Tisch. "Es ist schwierig, gegen ihn drei Sätze in Folge zu gewinnen. Er ist mental sehr stark", sagte Boll.
Auch Ovtcharov ergriff die "größte Chance aller Zeiten" nicht. Im Gegenteil: Der 23-Jährige bekam vom Weltranglistenersten Ma Long eine Lehrstunde erteilt, brachte selbst eine 9:4-Führung im zweiten Satz nicht durch. "Da war ich zu gierig, ich wollte den Punkt zu schnell", befand Ovtcharov. Ein 0:3 flimmerte am Ende auf der Anzeigetafel.
Patrick Baum vermochte dann, wenigstens den ersten Satz gegen Wang Hao zu gewinnen. Doch obwohl der Team-Olympiasieger in China nur noch die Nummer drei ist, war er für Baum in den folgenden Durchgängen eine Nummer zu groß. Mit einem Urschrei feierte das Ass aus dem Reich der Mitte seinen 18. WM-Titel.
Roßkopf/Fetzner bleiben die einzigen Weltmeister
Für Jörg Roßkopf wiederholte sich die Geschichte nicht. 1989 waren er und Fetzner sensationell Doppel-Weltmeister geworden. Als Bundestrainer blieb ihm 23 Jahre später "nur" Silber. Es war das vierte Mal nach 1969, 2004 und 2010, dass sich eine deutsche Herren-Auswahl mit dem zweiten WM-Platz zufriedengeben musste. Die am Ende klare Niederlage trübte die Stimmung bei der sportlichen Leitung jedoch nur kurz. "Die Herren haben beeindruckend gespielt, sie hatten eine unglaubliche Konstanz", sagte Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig und sprach ein ganz besonderes Lob an Boll und Co. aus: "Die Leistung hatte chinesische Dimensionen."
Über 55.000 Fans sehen WM
Davon waren die Damen zwar weit entfernt, doch sie beendeten die WM auf einem respektablen siebten Platz. Nur zwei Punkte hatten im Viertelfinale gegen Titelverteidiger Singapur zum Sieg und damit zu einer erneuten Medaille gefehlt. "Es war eine schöne WM für uns. Ich bin positiv überrascht von meinen Spielerinnen", sagte Bundestrainerin Jie Schöpp. Ihr letztes Spiel des Turniers gewann die Damen-Auswahl 3:2 gegen Polen.
Mit der Live-Übertragung des Herren-Endspiels und dem Zuschauerzuspruch in der Westfalenhalle war der Deutsche Tischtennis-Bund zufrieden. "Wir haben mindestens 55.000 Karten verkauft und damit unser Ziel erreicht", sagte Präsident Thomas Weikert. Den Geist von 1989 spürte Weikert zwar wieder, er jagte den Chinesen aber keinen Schreck ein. (dapd)