Ruhpolding. Nachdem Magdalena Neuner am Samstag mit der deutschen Staffel für den atmosphärischen Höhepunkt der Biathlon-WM gesorgt hatte, ging die 25-Jährige am Sonntag im Massenstartrennen als Zehnte leer aus. Die zwölffache Weltmeisterin fiel zum Abschluss ihrer großartigen Laufbahn in die Fehler ihrer Anfangszeit zurück.
Der Abschied der Magdalena Neuner war nur ein halbgoldener, aber so emotional wie erwartet. Zwei bis vier Stunden vor dem Wettkampfbeginn waren die 28000 Zuschauer in die Chiemgau-Arena gekommen, schützten sich mit Regenjacken gegen die Dauerdusche von oben. Doch fast alle harrten auch noch eine Stunde nach dem letzten Wettbewerb der Biathlon-Weltmeisterschaften von Ruhpolding aus, um noch einmal ihr Idol zu sehen. „Ich danke euch für alles. Es war eine tolle Zeit“, verabschiedete sich Neuner von ihren Fans.
Nachdem Neuner am Samstag mit der deutschen Staffel mit dem Triumph für den atmosphärischen Höhepunkt bei der WM gesorgt hatte, ging die 25-Jährige eine Woche vor dem Ende ihrer Karriere am Sonntag im Massenstartrennen als Zehnte leer aus. Völlig ausgepumpt wischte sie sich die Regentropfen aus dem Gesicht und stützte ihre Hände auf den Knien ab. „Danke. Lena, „Servus, Lena“, viele Zuschauer hatten Plakate gemalt, um der erfolgreichsten Biathletin ein letztes Servus zu sagen.
Neuner hatte Nerven nicht im Griff
„Es war eine sehr, sehr schöne WM“, sagte Neuner, „es ist aber auch gut, dass es jetzt vorbei ist. Vier Medaillen sind ja auch nicht schlecht.“ Die jetzt zwölffache Weltmeisterin fiel zum Abschluss ihrer großartigen Laufbahn leider in die Fehler ihrer Anfangszeit zurück. In der Spur skatete sie zwar, als ob sie von einem Motor angetrieben würde, aber am Schießstand hatte sie ihre Nerven nicht im Griff. Beim Massenstart-Rennen schoss sie sechsmal daneben, so dass sie trotz einer grandiosen Vorstellung in der Loipe nichts mit der Medaillenvergabe zu tun hatte. Gold holte die Norwegerin Tora Berger, mit drei Gold- und einer Bronzemedaille vor Neuner (2-1-1) die erfolgreichste WM-Teilnehmerin von Ruhpolding. Silber ging an die Finnin Kaisa Mäkäräinen, Bronze holte die Französin Marie-Laure Brunet. Beste Deutsche war als Vierte Tina Bachmann, die schon am Samstag als Startläuferin die Grundlage für das Goldstück des deutschen Quartetts gelegt hatte.
Nicht wegen, sondern trotz ihres Superstars gewannen die deutschen Biathletinnen den Titel, denn Neuner leistete sich eine Strafrunde. Doch die über sich hinaus wachsende Miriam Gössner und die fehlerlose Andrea Henkel präsentierten sich in Weltmeister-Form und sicherten das Gold ab. Zweiter wurde Frankreich (28,5 Sekunden zurück) vor dem norwegischen Quartett (39,5 Sekunden zurück). Für das deutsche Team war es die fünfte Medaille im neunten Rennen in Ruhpolding.
Pfüller fand positiven Aspekt
„Ich habe beim Schießen wacklige Knie gehabt“, sagte Neuner nach der Staffel, „aber das ist jetzt alles völlig wurscht. Wir haben Gold, die Mädels waren spitze.“ Bei aller Wehmut über den Rücktritt seiner Vorzeigesportlerin fand Thomas Pfüller, der Sportdirektor des Deutschen Ski-Verbandes, auch einen positiven Aspekt: „Das Gute ist, unsere Staffel hat nachgewiesen, dass sie nicht nur aus Magdalena Neuner besteht. Vor allem Andrea Henkel und Miriam Gössner haben voll überzeugt.“
Um Henkel, mit 34 Jahren nicht nur die erfahrenste, sondern mit acht WM-Titeln auch eine der erfolgreichsten Biathletinnen der Welt, und die erst 21-jährige Gössner soll eine neue Staffel für die Olympischen Spiele 2014 in Sotschi aufgebaut werden. Langlauf-Olympiasiegerin Evi Sachenbacher-Stehle will den Umstieg zum Biathlon wagen. Neun weitere Langläuferinnen haben vom Deutschen Ski-Verband die Einladung zu einem Schnupperkurs am Gewehr erhalten.
Gössner sucht neu Zimmerpartnerin
Magdalena Neuner wird dem Biathlon fehlen. Nicht nur in Deutschland. Und Miriam Gössner sucht erst einmal eine neue Zimmerpartnerin. „Ich werde traurig sein, wenn sie weg ist, und sie sehr vermissen“, sagte Gössner, „aber ich kann vollkommen verstehen, dass es für sie jetzt Wichtigeres im Leben gibt.“
Noch fängt das normale Leben für Magdalena Neuner nicht an. Erst einmal will sie sich am kommenden Wochenende im sibirischen Chanty-Mansijsk endgültig den Sieg in der Weltcup-Gesamtwertung sichern. Es wäre ein Abschied nach Wunsch. Frieren wird sie dort nicht. Die WM-Helfer gaben ihr eine Wollmütze in den Farben Ruhpoldings mit auf den weiten Weg. Die kann sie auch noch in ihrem neuen Leben gebrauchen.