Essen. Keine acht Monate mehr bis zu den Sommerspielen, die am 27. Juli in der britischen Hauptstadt beginnen. Aber nicht Olympia allein dominiert das Sportjahr 2012. Auch die Fußball-Europameisterschaft steht Bundestrainer Joachim Löw ins Haus

Das Fußball-Fachmagazin „Kicker“ ist absolut unverdächtig, die Wahl eines „Mannes des Jahres“ nach außersportlichen Gesichtspunkten durchzuführen. Joachim Löw wurde also nicht mit diesem Titel bedacht, weil er sein Haar so schön frisiert trägt und seine schwarzen Rollkragenpullover über das gewisse elegante Extra verfügen. Der Bundestrainer wurde vom „Kicker“ erstens zum Mann des Jahres erkoren, weil er die deutsche Nationalelf makellos durch die Qualifikation für die Europameisterschaft in Polen und in der Ukraine gebracht hat. Und zweitens, weil dieses von ihm geformte Team 2011 mit Fußball begeisterte wie selten zuvor eine deutsche Auswahl.

Das kann als Sensation gewertet werden. Einen Titel kann Löw nämlich erst im Sommer 2012 gewinnen. Und ein Titelgewinn galt bisher als das Maß für alle Männer im Fußball. Der Bundestrainer selbst sieht das auch so. Am 8. Juni wird das Turnier starten. Am 1. Juli wird es mit dem Finale in Kiew enden. Und nach dem Vize-EM-Titel 2008 in Österreich und der Schweiz und Platz drei bei der WM 2010 in Südafrika ist das Ziel für das deutsche Ensemble klar definiert: „Die Sehnsucht nach Titel“, sagt Löw, „ist bei uns allen so groß wie noch nie.“

Dass die Mannschaft das Format für einen Triumph hat, steht mittlerweile außer Frage. Doch schon in der Vorrunde werden Lahm, Schweinsteiger und Gefährten mit den Niederlanden, Dänemark und Portugal Gegner serviert, die nur mit Mühe abzuräumen sein dürften. Der Weg wird also kein leichter sein. Aber, einmal angenommen, er wird erfolgreich bewältigt: Welcher Titel winkt Löw dann? Großimperator der Fußballmultiversen?

Am 19. Mai findet das Finale der Champions League, der Königsklasse des Fußballs in München statt. München. Dabei handelt es sich bekanntlich um das Städtchen, in dem der große FC Bayern ansässig ist. Sollten an diesem Samstag im Mai also zum Beispiel mit dem FC Barcelona und Real Madrid zwei spanische Klubs das Endspiel bestreiten oder gar Bayer Leverkusen daran teilnehmen dürfen, wird Uli Hoeneß wohl ein paar Tränchen mit dem Taschentuch von den Augenrändern tupfen müssen. Immerhin bleibt dem FCB-Präsidenten aber das Schicksal von 1997 erspart, als Borussia Dortmund in München den Titel einfuhr. Der BVB hat sich ja schon aus dem Wettbewerb verabschiedet.

Die Chinesen. Natürlich die Chinesen. Sie sind die Favoriten bei der Weltmeisterschaft, die am 25. März in der Dortmunder Westfalenhalle beginnt.

Mit schöner Regelmäßigkeit schafft es eigentlich nur ein Nicht-Asiate, ins Reich von Ping und Pong einzudringen: Timo Boll. Doch der Deutsche, der es schon einmal auf Platz eins der Weltrangliste geschafft hatte, wird diesmal wohl kürzer treten müssen. In Dortmund geht es nämlich nicht um die Titel im Einzel, sondern „nur“ um die Mannschaftswertung. Und dabei – siehe oben – gibt es nur einen Favoriten auf den Titel: die Chinesen.

Keine acht Monate mehr bis zu den Sommerspielen

Langsam kriegt die Olympia-Vorbereitung bei den Athleten Gewicht: Die Sommerspiele in London beginnen am 27. Juli und enden am 12. August.

Der Gewichtheber Matthias Steiner, der sich im Jahr 2008 bei den Spielen in Peking im letzten Versuch zum stärksten Mann der Welt machte, kämpft bereits acht Monate vor der Eröffnungsfeier um seine Teilnahme. Gewichtheben geht auf die Knochen, Steiner plagt sich mit Verletzungen herum und kommt nur schwer in Gang.

Seinem Vorgänger Hossein Rezazadeh, der 2004 in Athen Gold gewonnen hatte, ging es ähnlich. Der Iraner musste zurücktreten, angeblich hatte er sich das Knie bei einem Autounfall verletzt. In Athen hatten seine Eltern noch auf der Tribüne gesessen und berichtet, warum ihr Sohn so stark sei: Schon als Kind hätte er immer die Pistazien vom Busch im eigenen Garten gegessen. Die Pistazien hätten übermenschliche Kräfte verliehen.

Bleibt vor London die Frage: Was isst eigentlich der jamaikanische Sprinter Usain Bolt, damit er der schnellste Mann der Welt bleibt?

In Ruhpolding bauen sie auf dem Festplatz am Kurpark bei den Weltcup-Rennen in jedem Jahr Deutschlands größten Glühwein-Kessel auf. Bei der WM (29. Februar bis 11. März) soll der Kessel natürlich auch dort stehen.

Im Gasthof „Zur Post“ gibt es den Biathlon-Teller. Gegenüber, im „Ruhpoldinger Hof“ neben dem Maibaum, braten sie extra große Schnitzel, doch davon wird Magdalena Neuner keins bestellen: Die Olympiasiegerin will bei der Heim-WM noch einmal groß abräumen, kurz darauf beendet sie ihre Karriere. Vielleicht sieht man sie dann im kommenden Jahr beim Weltcup endlich mal am großen Glühweinkessel.

Vitali Klitschko verteidigt seinen WM-Titel gegen einen kaum bekannten Briten, Wladimir Klitschko tritt kurz darauf zur Verteidigung seiner Titel gegen gegen einen noch unbekannteren Franzosen an. Das Box-Ereignis des Jahres wird ein anderes werden: Am 17. Januar wird Muhammad Ali 70 Jahre alt.

Die ersten internationalen Titelkämpfe – gefühlt – seit der Erfindung des Handballs ohne Heiner Brand und seinen Riesenschnäuzer. Man wagt gar nicht daran zu denken, was passiert, wenn die deutsche Nationalmannschaft die EM in Serbien (15. bis 29. Januar) in den Sand setzt. Sind die Tage des neuen Bundestrainers Martin Heuberger dann schon gezählt? Oder lässt er sich rasch einen Schnurrbart wachsen und greift erneut an? Besser wäre: Europameister werden und damit zugleich das Olympia-Ticket sichern.