Frankfurt/Main. . Zahlreiche Schiedsrichter könnten wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung aus dem Verkehr gezogen werden. FIFA-Referee Felix Brych hat wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung Angst um seine Reputation.
„Whistleblower“ Manfred Amerell am Pranger, Michael Kempter erneut unter Verdacht und große Unruhe bei FIFA-Referee Felix Brych: Während der frühere Schiedsrichter-Obmann Amerell wegen einer anonymen Anzeige ins Zwielicht und sein früherer Zögling Kempter in der Steuer-Affäre erneut ins Visier der Behörden gerät, wird offenbar auch gegen Brych und mindestens zwei weitere Bundesliga-Referees wegen angeblicher Steuerhinterziehung ermittelt.
Brych möchte nichts zu den Ermittlungen sagen
„Ich kann nichts zum Stand der Ermittlungen sagen, da es sich um ein schwebendes Verfahren handelt“, sagte der 36 Jahre alte Jurist Brych, bei dem am Montag nach Angaben von Spiegel online mehrere Steuerfahnder aufgetaucht sein sollen und anscheinend auch Einsicht in einige Unterlagen nahmen. Ein weiterer Erstliga-Schiedsrichter aus München, der wie Brych am Mittwoch im DFB-Pokal im Einsatz ist, hatte dem Sport-Informations-Dienst (SID) bestätigt, dass auch er Besuch von den Fahndern hatte. Der Schiedsrichter soll unter anderem am 25. März 2007 ein Frauenfußballspiel in Unterhaching geleitet und die 35 Euro Fahrtgeld angeblich nicht korrekt abgerechnet haben.
Zu den Verdächtigen zählt erneut auch der frühere FIFA-Referee Kempter, der bereits im Jahr 2009 wegen Steuerhinterziehung in mehreren Fällen zu einer Geldstrafe in Höhe von 23.750 Euro verurteilt worden war. „Michael Kempter hat das transparent dargelegt und den Behörden gegenüber mit offenen Karten gespielt“, sagte Kempter-Anwalt Christoph Schickhardt und bestätigte dem SID, dass der Unparteiische erneut Bestandteil des Verfahrens sei. Zu einer Hausdurchsuchung bei Kempter sei es am Montag aber nicht gekommen.
Kempter soll Summen nicht korrekt aufgeführt haben
Laut Spiegel online soll Kempter nach Angaben eines Ermittlers in der Saison 2009/2010 erneut Summen im „fünfstelligen Bereich“ nicht korrekt abgeführt haben. Bei einer erneuten Verurteilung würde er sich möglicherweise dem Tatvorwurf der „gewerbsmäßigen Steuerhinterziehung“ ausgesetzt sehen. Dies könnte unter Umständen sogar eine Freiheitsstrafe nach sich ziehen.
Dass der pikante Sex-Skandal zwischen Kempter und Amerell in Zusammenhang mit der anonymen Anzeige steht, die zu den Hausdurchsuchungen am Montag führte, bestätigte Schickhardt am Dienstag. Amerell soll die Steuerfahndung in Augsburg informiert haben, woraufhin diese ihre Anfangsermittlungen auf knapp zwei Dutzend Personen aus dem Schiedsrichterwesen ausweitete. „Das Verhalten des Herrn Amerell ist einfach nur noch beschämend. Vielleicht versteht er sein Vorgehen selbst noch, sonst aber niemand mehr“, sagte Schickhardt dem SID.
Fandel hält sich bedeckt
Sollten sich die akuten Verdachtsmomente der Steuerfahndung nach den Hausdurchsuchungen bei einigen prominenten Referees und in der DFB-Zentrale am Montag bestätigen, müsste der Verband laut eigenen Richtlinien die Referees vorerst aus dem Verkehr ziehen. „Das Aussprechen von Schutzsperren durch den DFB erfolge - unabhängig davon, welcher Schiedsrichter betroffen sei - immer dann, wenn durch die Staatsanwaltschaft ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde“, heißt es in einem internen Protokoll der Schiedsrichter-Kommission.
Mindestens ein bekannter Bundesliga-Referee aus München, dessen Wohnung von den Fahndern am Montagmorgen eigenen Angaben zufolge aufgesucht worden war, ist jedoch für ein Spiel im DFB-Pokal am Mittwoch angesetzt. Der Schiedsrichter soll unter anderem am 25. März 2007 ein Frauenfußballspiel in Unterhaching geleitet und die 35 Euro Fahrtgeld angeblich nicht korrekt abgerechnet haben. DFB-Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel (Kyllburg) will jedoch erst einmal die weiteren Ermittlungen abwarten. „Es wäre jetzt zu früh, um Maßnahmen zu ergreifen, schließlich wissen wir nicht im Detail, was den Schiedsrichtern vorgeworfen wird“, sagte Fandel dem Express.
Zwanziger will sich zu den Vorkomnissen noch nicht äußern
Entscheidend wird bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München sein, in welcher Höhe Steuern von den Schiedsrichtern hinterzogen wurden. Laut Anwalt Schickhardt handelt es sich um „Kleinstbeträge.“ Dennoch rechnet er damit, dass sich die Ermittlungen „noch einige Monate“ hinziehen werden.
Sollten die Referees verurteilt werden und dann als vorbestraft gelten, könnten nach Informationen der Süddeutschen Zeitung massive Probleme auf den Verband zurollen. Vor allem, wenn FIFA-Schiedsrichter betroffen sein sollten. Denn nach Paragraf 11 der FIFA-Statuten müssen Schiedsrichter ihre Vorstrafen offenlegen. Internationale Einsätze sind in diesem Falle jedoch unwahrscheinlich.
DFB-Präsident Theo Zwanziger wollte sich am Dienstag auf SID-Anfrage noch nicht zu den aktuellen Vorkommnissen im deutschen Schiedsrichterwesen äußern. Auch die Deutsche Fußball Liga (DFL) hielt sich mit einer öffentlichen Bewertung der Steuer-Affäre zurück. Das könnte sich aber schon bald ändern, falls einige Schiedsrichter wegen einer Schutzsperre national und international vorerst nicht mehr eingesetzt werden können. Das Image des deutschen Fußballs steht aktuell auf dem Spiel. (sid)