München. . Die 1:2-Niederlage bei Hannover 96 akzeptierte man beim deutschen Rekordmeister Bayern München, die Rote Karte gegen Jerome Boateng nicht. Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge fordert einen Freispruch des Nationalspielers.

Die bekannten Pausbäckchen glühten rot, als sich Karl-Heinz Rummenigge mit Tremolo in der Stimme zum Chef-Inquisitor aufschwang und „Sünder“ Sergio Pinto eine innere Einkehr nahelegte. „Dieser Schauspieler sollte ganz schnell in die Kirche gehen und beichten“, grollte der Bayern-Boss nach der 1:2 (0:1)-Niederlage bei Hannover 96, die von der theatralischen Show des Mittelfeldspielers nach einer eher harmlosen Attacke maßgeblich beeinflusst worden war.

Entrüstung bei Rummenigge wegen roter Karte

Denn die anschließende Rote Karte gegen Verteidiger Jerome Boateng wegen einer Tätlichkeit in der 28. Minute wirbelte das Mannschaftsgefüge beim Rekordmeister gehörig durcheinander, die Entrüstung über den Platzverweis für den Nationalspieler hatte sich auch am Morgen nach der ersten Auswärtsniederlage der Saison bei Rummenigge noch nicht gelegt. „Warum für die gleiche Sache Christian Schulz Gelb und Boateng Rot bekommen hat, verstehen wir nicht. Es kann nicht sein, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wurde. Es kann also nur einen Freispruch geben“, sagte er im SID-Interview.

Dass drei Punkte gegen die Niedersachsen verloren gingen, damit hatte sich Trainer Jupp Heynckes hingegen schnell und unkompliziert abgefunden: „Wir hätten ein Unentschieden verdient gehabt, aber ich bin mit meiner Mannschaft mehr zufrieden als nach so manchem 5:0-Spiel.“ Auch Torhüter Manuel Neuer, der in der Liga nach 770 „sauberen“ Minuten wieder hinter sich hatte greifen müssen, konnte dem unerfreulichen Ergebnis Positives abgewinnen. „Wir haben trotz des Platzverweises und des sehr unglücklichen zweiten Gegentores Moral gezeigt und nie aufgesteckt“, analysierte die Nummer eins im deutschen Tor.

Bayern fahrlässig im Umgang mit den Torchancen

In der Tat: Die Gäste enttäuschten, wenn überhaupt, vor 49.000 Zuschauern in der seit Wochen ausverkauften WM-Arena nur beim Nutzen ihrer Torgelegenheiten und präsentierten sich trotz widriger Umstände an diesem kühlen Herbstabend als Spitzenteam. Umso mehr platzten die Niedersachsen vor Stolz, den drohenden Alleingang des Tabellenführers vorerst verhindert zu haben. „Eine tolle Leistung unserer Mannschaft, die sich in einem kurzen Zeitraum höchsten Anforderungen stellen muss, die sie in dieser Form bisher nicht gekannt hat“, lobte 96-Präsident Martin Kind.

In der Europa League gegen den FC Kopenhagen (2:2) hatten sich die Norddeutschen den Sieg noch kurz vor Schluss aus der Hand nehmen lassen, diesmal reichten Kraft und Konzentration bis in die 95. Minute hinein. „Die Bayern haben immer gespürt, dass wir noch da sind“, erklärte Steven Cherundolo, der allerdings Mitverantwortung dafür trug, dass die Gäste einem Unentschieden noch einmal recht nahe gekommen waren. Denn nach Gelb-Rot für den 96-Kapitän in der 64. Minute war das numerische Verhältnis wieder ausgeglichen.

Slomka lobt Zieler

Der Bayern-Druck stieg, doch zu mehr als dem Anschlusstreffer durch David Alaba (83.) reichte es nicht mehr. Vorgelegt für die Platzherren hatten Mohammed Abdellaoue (23., Foulelfmeter) und Christian Pander (50.).

Für 96-Coach Mirko Slomka war die starke Leistung von Torwart Ron-Robert Zieler fast wichtiger als der „Dreier“ gegen den FC Bayern: „Er hat uns Punkte gerettet, das war eine gute Reaktion von ihm.“ Nach der Kopenhagen-Partie war leise Kritik am jungen Keeper aufgekommen, gegen die Münchner aber präsentierte sich der 22-Jährige unter den Augen des Bundestorwarttrainers Andreas Köpke in prächtiger Verfassung. (sid)