Shanghai.

Marco di Carli ist kein Mann von der Stange. Der 26-Jährige ist der Paradiesvogel im Team, der nicht nur wegen seiner feuerroten Haare und seiner weißen Haut heraus sticht. Was ihn am meisten von anderen deutschen Schwimmern unterscheidet, weiß jeder seiner Gesprächspartner nach wenigen Augenblicken „Ich bin nun mal nicht der zurückhaltende Typ“, sagt er selbst von sich, „es ist mein Naturell. Ja, ich habe eine große Fresse.“

Aber hinter der großen Klappe steckt mittlerweile auch viel. Nicht die Doppel-Olympiasiegerin Britta Steffen oder ihr Freund, Doppel-Weltmeister Paul Biedermann, sondern Marco di Carli führt als einziger Deutscher vor dem WM-Auftakt der Beckenschwimmer am Sonntag in Shanghai die Weltjahresbestenliste an. Und das in der Königsdisziplin 100 Meter Freistil. Bevor der Mann aus dem niedersächsischen Sögel (Emsland) am Donnerstag im Einzel um die Medaillen krault, will er am Sonntag als Schlussschwimmer die deutsche Staffel über 4 x 100 Meter Freistil möglichst weit nach vorne bringen.

"Jahrelang Talent verschludert"

Hätte irgendein Wettbüro vor einem Jahr den Tipp angenommen, dass Marco di Carli mit seinem Deutschen Rekord (48,24 Sekunden) als schnellster Schwimmer der Welt nach Shanghai fahren würde, hätte er bei Auszahlung der Quoten wohl Insolvenz anmelden müssen. Di Carli galt noch vor wenigen Wochen als gescheitert. Wieder so ein hoch begabter Sportler, der von weit oben nach ganz unten gefallen war, dessen Rücktritt dann höchstens noch der Lokalpresse eine Randnotiz wert gewesen wäre. Und heute drängen sich Dutzende von Journalisten um ihn, wenn er entwaffnend offen ausspricht: „Ja, ich habe jahrelang mein Talent verschludert.“

Totgesagte schwimmen länger: DSV-Schwimmer Marco di Carli. Foto: dapd
Totgesagte schwimmen länger: DSV-Schwimmer Marco di Carli. Foto: dapd

Als junger Wilder wurde er mit 19 gefeiert, als er bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen im Endlauf über 100 Meter Rücken stand und Achter wurde. Aber sein riesiges Potenzial verpuffte wie eine nass gewordene Feuerwerksrakete. Für Knalleffekte sorgte er zwar, aber die machten keine Freunde. In der Schule lief es nicht, Knatsch mit den Kollegen. Und dann folgte er dem jetzigen Bundestrainer Dirk Lange nach Südafrika. Doch auch dort lieferte er weitaus mehr große Sprüche an Land als große Taten im Wasser. Di Carli kehrte im Streit nach Deutschland zurück und dümpelte in der Mittelklassigkeit herum. „Ich habe zwei Jahre lang Dispute mit mir selbst ausgefochten“, sagt er.

Wende im Sommer 2010

Die Wende kam im Sommer 2010. Nachdem di Carli von einer enttäuschenden Vorstellung bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin zurückgekehrt war, hatte sich seine Freundin während seiner Abwesenheit von ihm getrennt. Wütend schlug der verlassene Liebhaber gegen einen Wandschrank – und brach sich die Hand. Und litt. Und ließ sich gehen. „Irgendwann habe ich dann mal in den Spiegel geschaut“, sagt er. Und dann fährt er in seiner eigenen Art fort: „Ich hätte kotzen können. Ich wog nur noch 69 Kilo. Dann habe ich mich gefragt: So, Junge, willst du wirklich alles wegwerfen? Nein, du greifst noch mal an.“

Der goldene Lurz

Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt.
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt. © AFP
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt.
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt. © AFP
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt.
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt. © AFP
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt.
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt. © AFP
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt.
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt. © AFP
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt.
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt. © AFP
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt.
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt. © AFP
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt.
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt. © AP
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt.
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt. © AP
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt.
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt. © AP
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt.
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt. © AP
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt.
Im Mittelmeer vor dem Lido di Roma hat Thomas Lurz seinen Weltmeisterschafts-Titel über fünf Kilometer verteidigt. © AP
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Bis zur Ohnmacht habe er sich gequält, sagt der Polizist der Sportfördergruppe Frankfurt. Mehr als 20 Kilo hat er drauf gepackt. Seine Muskeln sind so definiert wie bei nur wenigen Spitzensportlern. Jeder Medizinstudent könnte sich an seinem Körper auf die Anatomieprüfung vorbereiten. Aber geht da wirklich alles mit rechten Dingen zu, wenn sich ein deutscher Freistilsprinter aus dem Nichts innerhalb kurzer Zeit an die Weltspitze schwimmt? Marco di Carli weiß, dass die Frage auf der Hand liegt. „Ich bin doch nicht verrückt und dope“, sagt er, „ich will doch Kinder haben und mich zu ihnen aus einer Höhe von 1,89 Metern beugen und nicht aus 1,20 Metern in einem Rollstuhl.“

Mit seinen ganzen 1,89 Metern will er bei der WM sein Bestes geben, wie er sagt. Marco di Carli redet nicht von Titeln oder Medaillen. Die große Klappe ist kleiner geworden, die Tiefen der vergangenen Jahre haben ihn reifer gemacht.