Wolfgang Niersbach hat sich im Fall Ballack eingeschaltet - und den Bundestrainer gegen Ballack's Vorwürfe verteidigt. Dabei stand er in der Vergangenheit nicht immer hinter Löw. So machen sich alle die Hände schmutzig. Ein Kommentar.

Es steht nicht mehr Aussage gegen Aussage. Und nicht etwa Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, der Bundestrainer-Sympathisant, hat seine Stimme gegen Michael Ballack in die Waagschale geworfen. Es war Wolfgang Niersbach, der mächtige Generalsekretär des DFB, der kritische Geist, der auch Joachim Löw in den vergangenen Jahren nicht immer nur den bekannten Kopf getätschelt hat.

Damit sind die Reihen fest geschlossen. Und sollte es im Falschen doch irgendetwas Richtiges geben, dann ist es das. Vergessen scheinen alle grellen Animositäten und auch grauen Ränke beim DFB. Zuletzt konnten Begegnungen von Löw und Sportdirektor Matthias Sammer auf der Sachebene beobachtet werden. Ein schöner Fortschritt. Und nun verteidigt Niersbach den Bundestrainer gegen die Vorwürfe des von Bord geworfenen Kapitäns. Erstaunlich.

Ja, irgendwie sogar magisch. Noch im freien Fall hat sich Ballack durch das die Geschehnisse einordnende Wort des Generalsekretärs von einem angesehenen (Ex-)Nationalspieler in einen Lügner verwandelt. Oder doch zumindest: in einen Fußballer, der es nicht mit Würde akzeptieren kann, dass seine große Ära beendet ist. In einen Fußballer, der deshalb die Wirklichkeit verzerrt, der auskeilt, der treffen und Schaden anrichten will.

Aus den Augen verloren werden sollte allerdings nicht: Ausgelöst hat den Furor bei diesem bedeutendsten Spieler, den die Nationalelf in der vergangenen Dekade hatte: Joachim Löw. Der Bundestrainer blockte die Attacke von Philipp Lahm auf die Kapitänsbinde bei der Weltmeisterschaft in Südafrika nicht ab. Er nahm den hinterhältigen Tritt gegen den verletzten Ballack billigend hin. Und in die Schublade mit den kleinen Nachlässigkeiten des Alltagsgeschäftes passt das nicht. Hätte Löw den vorpreschenden Lahm stoppen wollen, dann hätte er es getan, dann wäre am Ende nicht einmal eine Bremsspur zu sehen gewesen.

So aber ist die ganze breite Straße, die Ballack zur Grenzschranke führte, nicht schmutzig, sondern dreckig. Hat Löw bereits im Juli 2010 den Abschied vom Kapitän einleiten wollen? War alles, was danach passierte – inklusive der Aufmunterungen für den sich wieder herankämpfenden 34-Jährigen – null und nichtig? Oder, schlechter noch: War es Teil einer Strategie des verzögerten Rausschmisses? Und, schlechter, schlimmer, viel schlimmer noch: Hat der Bundestrainer möglicherweise Niersbach in das Spiel im Schlamm hineingezogen? Hat er Ballack, wie dieser behauptet, im intimen Gespräch eine Zukunft im Adlertrikot nicht als verbaut dargestellt und hinterrücks dem Generalsekretär gegenüber das Gegenteil behauptet?

Es ist nicht vorstellbar von Löw. Es kann nicht mehr Aussage gegen Aussage stehen. Was vom Bundestrainer noch fehlt, ist aber eine entspannende Aussage: Ich erkenne meine Mitschuld am Furor Ballacks an. Es tut mir leid. Er tut mir leid.