Frankfurt/Main. Das Schweigen des Michael Ballack dauerte nur einen Tag. Am Freitagabend ließ der abservierte Kapitän der deutschen Fußball-Nationalelf über seinen Berater Michael Becker eine schriftliche Erklärung verbreiten.

Das Schweigen des Michael Ballack dauerte nur einen Tag. Am Freitagabend ließ der abservierte Kapitän der deutschen Fußball-Nationalelf über seinen Berater Michael Becker eine schriftliche Erklärung verbreiten. Es waren gerade mal zwölf Schriftzeilen, magere 131 Wörter – doch der Inhalt war an Klarheit kaum zu überbieten.

Der 34-Jährige will nicht das zahme Opferlamm spielen; er beißt nun zurück: „Wenn jetzt so getan wird, als sei man mit mir (...) jederzeit offen und ehrlich umgegangen, ist das an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten“, heißt es in Ballacks Erklärung.

Es ist ein Frontalangriff auf Bundestrainer Joachim Löw. Das fast schon erwartete Hauen und Stechen beginnt. Und noch ist nicht abzusehen, welche Verwundungen der Kampf der beiden Alphatiere noch mit sich bringt. Ballack zumindest scheint entschlossen, den Kampf anzunehmen.

Am Donnerstag hatte Joachim Löw via Pressemitteilung das Ende der DFB-Karriere des langjährigen Kapitäns verkündet. Ohne eine weitere Unterredung. „Ich habe gestern im Urlaub durch eine Pressemitteilung des DFB erfahren, dass der Bundestrainer nicht mehr mit mir plant“, teilte Ballack mit und widersprach zugleich der Version, die Löw präsentiert hatte, nach der Ballack „durchaus Verständnis für unsere Sichtweise“ gehabt habe, wie Löw formulierte. „Form und Inhalt der Nachricht überraschen und enttäuschen mich zugleich“, so Ballack, „weil sie die vom Bundestrainer mir gegenüber gemachten Aussagen in keinster Weise widerspiegeln.“

Wie tief der Graben, die Zerrüttung, die persönlichen Animositäten inzwischen gediehen sind, spiegelt ein weiterer Satz der Ballack-Erklärung. Demnach seien „Form und Inhalt der Mitteilung leider bezeichnend dafür, wie sich der Bundestrainer mir gegenüber seit meiner schweren Verletzung im Sommer letzten Jahres verhalten hat.“

Schwelende Konflikt zwischen Löw und Ballack

Das WM-Aus für Michael Ballack im Mai 2010 und die anschließend ohne den Kapitän überraschend erfolgreiche Weltmeisterschaft in Südafrika hatten das ohnehin schwierige Verhältnis endgültig ins Rutschen gebracht. Der längere Zeit schwelende Konflikt brach langsam an die Oberfläche – und nun ist es endgültig zur Eruption gekommen.

Wie tief das Misstrauen zwischen Löw und Ballack war, ließ sich bereits im Oktober 2008 ahnen, als der Kapitän den Bundestrainer in einem Interview mit der FAZ ungewohnt barsch für seinen Umgang mit Kumpel Torsten Frings rügte, dem das aktuelle Ballack-Schicksal der schleichenden Ausbootung widerfahren war. „Wenn man einen nicht mehr will, sollte man das ehrlich ansprechen“, sagte Ballack damals. „Respekt und Loyalität ist doch das Wenigste, was man als verdienter Nationalspieler erwarten kann.“

Genau diesen Respekt vermisst Ballack auch jetzt. Gegenüber seiner Person, den über lange Jahre einzigen deutschen Weltklasse-Kicker, der die Nationalelf seit Anfang der Jahrtausendwende geprägt hatte wie kein anderer. Und Michael Ballack, da sollte sich niemand von seinem früheren Image als leichtfüßigen, beinahe schnöseligen Ballvirtuosen blenden lassen, kann ein hartnäckiger Kämpfer sein.

Das Kapitel Ballack und der DFB ist beendet

Der 34-Jährige ist ganz sicher keiner, der milde Gaben dankbar empfängt. Das vom DFB unterbreitete Friedensangebot, die Nationalelf beim Freundschaftsspiel gegen Brasilien am 10. August in Stuttgart ein letztes Mal aufs Feld zu führen, lehnte Ballack am gestrigen Abend wie erwartet rigide ab: „Ein längst vereinbartes Freundschaftsspiel jetzt als Abschied zu deklarieren, ist aus meiner Sicht eine Farce. Ich weiß, dass ich meinen Fans dieses Spiel eigentlich schuldig bin, aber ich kann dieses „Angebot“ nicht annehmen.“

Das Kapitel Ballack und der DFB ist beendet. Die Geschichte der gescheiterten Ehe Ballack-Löw, die nie eine Liebesheirat war, aber geht weiter. Es könnte ein bitterer Rosenkrieg werden.