Essen. Auf ihrer offiziellen Website freute sich Claudia Pechstein auch am Freitagabend noch: „Endlich eine Kutschfahrt in Heerenveen! Ein EM-Titel auf dem Weg nach Vancouver.“ Am gleichen Tag wurde die 37-jährige Berlinerin von der Internationalen Eislauf-Union (ISU) des Blutdopings überführt.
Mit den Olympischen Winterspielen 2010 in Kanada wird es wohl nichts mehr. Die 37-jährige Berlinerin wurde von der Internationalen Eislauf-Union (ISU) des Blutdopings überführt. Das wird – nach Lage der Dinge - eine zweijährige Sperre nach sich ziehen.
Erfolgreichste deutsche Winter-Olympionikin
Die fünfmalige Olympiasiegerin und damit erfolgreichste deutsche Winter-Olympionikin aller Zeiten war am Freitag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Doch ihr Berliner Rechtsanwalt Simon Bergmann hatte dem Sport-Informationsdienst (SID) gesagt: „Es hat keinen positiven Dopingbefund gegeben. Claudia ist anhand von Indizien verurteilt worden. Wir legen natürlich Einspruch vor dem Internationalen SportgerichtshofCAS in Lausanne ein."
Ob das innerhalb der vorgeschriebenen Frist von 21 Tagen etwas bringt? Claudia Pechstein war im Januar im niederländischen Heerenveen überraschend zum dritten Male Eisschnelllauf-Europameisterin im Mehrkampf (500, 1500, 3000, 5000 Meter) geworden. Vier Wochen später trat sie deshalb auch im olympischen „Viking-Ship“ zu Hamar in Norwegen als Top-Favoritin bei den Weltmeisterschaften an.
Doch dort gab es für die an einem akuten Infekt leidende Athletin keine Medaille, weil sie von vier nur zwei Strecken bestritt. „Mir geht es dreckig. Alles kam völlig überraschend. Es ist bitter – ich hätte gerne eine Medaille mitgenommen.“ klagte sie damals. Und ihr amerikanischer Trainer Peter Mueller, zugleich Chefcoach der norwegischen Nationalmannschaft, knurrte die Journalisten gereizt an: „Wir hassen es, zu verlieren.“
Nun trägt Mueller, 1976 in Innsbruck erster Olympiasieger über 1000 Meter, in der Zunft der Eisschnellläufer seit vielen Jahren weltweit den Ruf eines „Wundertrainers“. Er machte Bonnie Blair und Dan Jansen zu Olympiasiegern. Die Norweger wiederum führte er innerhalb nur eines einzigen Sommers aus einem tiefen Tal zurück in die lichten Höhen der absoluten Weltspitze. Seiner ehemaligen Ehefrau Marianne Timmer, 1998 Doppel-Olympiasiegerin über 500 und 1000 Meter, verhalf er Jahre drauf zu einem unverhofften Comeback.
Doch bald trennte sich der niederländische Verband von seinem „Wundertrainer“ und Marianne Timmer auch von ihrem Ehemann Peter Mueller. Der Coach aus Milwaukee, dem auch Kontakte zum deutschen Doping-Trainer Thomas Springstein nachgesagt aber nie bewiesen werden konnten, ging nach Norwegen. Dort schloss sich im Mai 2007 Claudia Pechstein seiner Trainingsgruppe an. Weil sie neue Anreize brauche, wie sie damals sagte.
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In der Disziplinarkommission der ISU, die jetzt eine zweijährige Sperre für Claudia Pechstein aussprach, hatten sich übrigens drei Funktionäre zu einem Urteil durchgerungen, obwohl auch einige Gutachter eingeräumt hatten, dass die anomalen Blutwerte Pechsteins eventuell durch andere Ursachen hervorgerufen worden sein könnten.
Noch am gestrigen Nachmittag hatte die DESG stolz mitgeteilt, man verzichte auf rechtliche Schritte gegen Doping-Verdächtigungen durch die niederländische TV-Reporterin und frühere Eisschnellläuferin Ria Visser. Sie hatte schon im letzten Winter bei den Weltmeisterschaften den deutschen Verband beschuldigt, seine Athleten beim Doping zu unterstützen. Die Sache scheint noch lange nicht ausgestanden.