Bochum. Der VfL Bochum hat sich nach vielen Turbulenzen gefangen. Das Ziel ist die sechste direkte Rückkehr in die Bundesliga. Mit einem Sieg gegen Berlin am Montag könnte der VfL einen großen Schritt dahin tun.
Im Grundgesetz ist ein derartiger Passus nicht zu finden, in der Satzung des DFB auch nicht. Woran also liegt es, dass der VfL Bochum ein natürliches Recht darauf zu besitzen scheint, nach jedem Rauswurf aus der Bundesliga aufzustehen, den Finger in die Höhe zu recken und hier zu schreien, wenn nach den potenziellen Aufsteigern gefragt wird? Selbst in dieser von Turbulenzen diesseits und jenseits des Rasens geprägten Spielzeit ist auf der Zielgeraden wieder alles möglich für die Bochumer, die als aktuelle Nummer drei am Montag das Top-Team aus Berlin empfangen. Darauf hätte vor ein paar Monaten niemand auch nur zehn Cent gesetzt.
Bochum marschiert
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Rückblende. Anfang Oktober 2010 hatte die Mannschaft des neuen Trainers Friedhelm Funkel bereits vier Spiele und viel Kredit verloren und war im DFB-Pokal vom Drittligisten Kickers Offenbach regelrecht verprügelt worden; obwohl der VfL mit einer Unterdeckung von 2,7 Millionen Euro bewusst ins Risiko gegangen war, um zum sechsten Mal die direkte Rückkehr in die Bundesliga zu realisieren. Die Unzufriedenheit war groß, der Frust der Anhänger brach sich Bahn. Die folgende Mitgliederversammlung mündete in eine Palastrevolution, die Teile des Aufsichtsrates, auch den langjährigen Vorsitzenden Werner Altegoer, hinwegfegte. Eine neue Führung musste her.
Derweil stolperte die Mannschaft weiter durch die Saison. Die 1:4-Niederlage gegen Ingolstadt vor eigenem Publikum markierte einen neuen Tiefpunkt in der Beziehung zwischen Klub und Anhängerschaft. Die Abstimmung mit den Füßen war niederschmetternd: Im nächsten Heimspiel gegen Paderborn passierten nur noch knapp 9200 Zuschauer die Stadiontore. An den Aufstieg mochte niemand mehr glauben, an einen stetig wachsenden Schuldenberg schon.
Doch Paderborn war der Wendepunkt, mit dem 3:0-Erfolg begann eine Erfolgsserie, die bis heute Bestand hat: 15 Spiele, keine Niederlage. Friedhelm Funkel hatte seine Mannschaft und sein Spielsystem gefunden, er hatte Spieler aussortiert und Talente wie die heutigen U 21-Akteure des DFB, Kevin Vogt und Matthias Ostrzolek, integriert. Kurz vor Weihnachten sprach der ehemalige Bochumer Oberbürgermeister und gerade gewählte Aufsichtsrats-Chef Ernst-Otto Stüber im Schauspielhaus bereits optimistisch von einem „neuen Wir-Gefühl“.
Bochum zu Gast
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Allerdings kündigte Stüber damals auch an, alles beim VfL Bochum „auf den Prüfstand“ zu stellen. Durch diese Prüfung fielen drei Monate später einige langjährige Mitarbeiter. Frank Heinemann, einst Profi in Bochum, dann Assistenztrainer und in der Abstiegssaison auch für kurze Zeit Chef-Coach, war das prominenteste „Opfer“ des neuen Besens, der da durch die Ecken fegte. Die Aufregung in der Öffentlichkeit war entsprechend groß.
Aber nicht nachhaltig, weil Funkel und seine Mannen einfach nicht mehr verlieren wollten. „Es muss schwer sein, uns zu schlagen“, hat der 57-Jährige vor Monaten als Erfolgsformel ausgegeben, und seitdem ist es der Konkurrenz nicht nur schwer gefallen, sondern unmöglich gewesen, den VfL zu bezwingen.
Dennoch fällt es den Bochumern nicht leicht, enttäuschte Fans zurückzugewinnen und neue Sympathisanten zu gewinnen. In Berlin füllten kürzlich 70.000 euphorisierte Hertha-Fans das Olympiastadion, beim VfL wäre man am Montag froh über 25.000 Besucher. Dabei propagiert der Klub eine neue Offenheit. Heute findet zum ersten Mal eine Fan-Konferenz statt. Der komplette Aufsichtsrat diskutiert mit 215 Mitgliedern in sechs Themen-gebundenen Gruppen. Das dürfte einmalig sein im deutschen Fußball.
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