Essen. Die Mannschaften aus dem Ruhrgebiet haben zuletzt nicht nur auf dem Platz den Ton angegeben. Auch die Fans von Schalke und Dortmund behielten im Münchener WM-Stadion die Oberhand.

Es schmälert nicht die kämpferische und taktische Leistung der Schalker, wenn man feststellt: Den Bayern ist für diese Saison von Borussia Dortmund der Zahn gezogen worden. Was der BVB mit dem 3:1-Sieg vorbereitete, hat der Erzrivale vier Tage später vollendet – nicht so eindrucksvoll, aber ebenso effektiv. Während die Münchner ihre Wunden angesichts einer Saison ohne nationalen Titel lecken, werden im Revier Erinnerungen an 1997 wach, als der BVB und S04 nachein­ander die Champions League und den Uefa-Cup gewannen. Diesmal werden Meisterschale und DFB-Pokal in den Pott wandern. Wobei noch offen ist, o Schalke oder der – keineswegs chancenlose – MSV am 21. Mai in Berlin triumphieren werden.

Dass der Doublegewinner des Vorjahres diesmal mit leeren Händen dasteht, ist auch die Quittung für seine schon sprichwörtliche Arroganz, die zuletzt Guttenbergsche Züge angenommen hatte. Ungeachtet der eindeutigen Tabellensituation in der Liga, hatte es Uli Hoeneß für unvorstellbar gehalten, gegen Dortmund auch nur unentschieden zu spielen. Und im DFB-Pokalhalbfinale war das Heimspiel gegen Schalke als Quasi-Freilos verstanden worden.

Momentaufnahme

Jetzt reflexartig das hohe Lied auf den Revierfußball anzustimmen, wäre freilich nicht minder anmaßend. Handelt es sich doch um eine – zugegeben: schöne – Momentaufnahme; Schalke etwa könnte schon Samstag in Stuttgart wieder vom grauen Liga-Alltag eingeholt werden. Ohne Überheblichkeit darf dagegen behauptet werden: In Sachen Fan-Kultur bleibt der Pott unschlagbar, wie sich jetzt wieder zeigte, als Dortmunder wie Schalker Anhänger in der Allianz-Arena die Hoheit über die Stimmung auf den Rängen eroberten.

Bayern-Anhänger verstehen sich halt vor allem als Teil einer Zweckgemeinschaft, deren Kitt der dauerhaft garantierte Erfolg ist. Bleibt er ausnahmsweise aus, ist beleidigtes Schweigen statt Anfeuerung der eigenen Mannschaft angesagt. Man mag den FC Bayern um seine unglaublichen Erfolge beneiden, und für seine wirtschaftliche Stabilität ist ihm jeder Respekt zu schulden. Die meisten seiner Anhänger jedoch möchte niemand geschenkt haben. Übrigens auch Uli Hoeneß nicht, wie man weiß. Im Gegensatz zu seinen Spielern kann er sie jedoch schlecht austauschen ...