Garmisch-Partenkirchen. .
München bewirbt sich für die Olympischen Winterspiele 2018. Aber in Garmisch-Partenkirchen wollen 59 Grundbesitzer ihre Wiesen nicht für die Skistars zur Verfügung stellen.
Es ist glatt am Morgen, bevor die Sonne kommt. Man rutscht aus, man fällt hin. Die letzten Winterwochen waren so hart, dass sie sogar eine Babuschka aus Sibirien zum Weinen gebracht hätten. Doch in Garmisch-Partenkirchen sehen sie das anders und strahlen mit dem glitzernden Schnee um die Wette: Optimale Bedingungen für die Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2018. Im Cafe Thron am Marktplatz verkaufen sie seit Sonntag sogar Glücksbringer aus Marzipan.
Offiziell bewirbt sich aber nicht die Gemeinde unterhalb der Zugspitze, sondern die Stadt München. Am Dienstag überreicht die Delegation um Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Katarina Witt in Lausanne das Bid Book – so heißen die Bewerbungsunterlagen – an das Internationale Olympische Komitee. Witt ist das Gesicht der Spiele, doch das Herz der Spiele soll in sieben Jahren auf den Skipisten und Skischanzen von Garmisch schlagen.
Allerdings finden das nicht alle gut. Es gibt 59 Grundstücksbesitzer im Ort, die sich gegen die Bewerbung wehren und ihre Wiesen nicht zur Verfügung stellen wollen. Sie haben einen Rechtsanwalt aus München eingeschaltet und ihren Protest schriftlich zum IOC nach Lausanne geschickt. Man stellt sich verkniffene Männer mit Steinbeißergesichtern vor, doch in der Gemeinde sind sie nicht so leicht zu finden. Es ist noch Ferienzeit, alles wirkt heiter. Eine Spurensuche:
Der Streit
Als die Rathaus-Tür am späten Freitag ins Schloss fällt, atmet Bürgermeister Thomas Schmid durch. Egal, dass er an diesem Abend nicht zum Eishockey kann, obwohl der SC Riessersee in der Olympiahalle von 1936 zum Oberliga-Duell der Altmeister gegen den EV Füssen antritt. An diesem Abend zählt: Die Unterschrift ist da.
Max B., der seinen vollständigen Namen nicht in den Zeitungen lesen möchte, hat unterzeichnet. Ihm gehört eine 4000 Quadratmeter große Wiese im Zielbereich der Kandahar-Abfahrt. Ohne diese Wiese müsste die Piste für Ski-WM im Februar verlegt werden. Nun dürfen die Skistars während der WM über die verschneite Wiese rasen. Die Kuh ist vom Eis, doch der Riss im Ort bleibt.
Die Bauern fühlen sich übergangen von den „Großkopferten“, wie sie am Tisch der Gaststätte Wildschütz sagen. Übergangen von den Politikern und Funktionären, die Olympia planten, aber niemanden der Betroffenen fragten. Die Fronten verhärteten sich, es gab eine Rauferei in einem Wirtshaus und ein Enteignungsverfahren. Dieses Verfahren wurde abgebrochen, da Bürgermeister Schmid merkte: Diplomatie hilft. So ist der Vertrag für die Ski-WM endlich unterschrieben. Wieviel Geld Max B. dafür erhält, ist nicht bekannt. Aber es wird noch teurer: Denn die Nutzungsrechte für die Wiese gelten nicht für Olympia, diese Unterschrift müssen die Bewerber dem Grundstückbesitzer noch extra abkaufen.
Die Vorteile
Wer zuletzt die Winterspiele in Salt Lake City, Turin und Vancouver erlebt hat, der weiß: Das Olympia-Leben fand dort im Bus statt. In München ist es besser: In der Stadt soll es Eisschnelllauf, Eiskunstlauf und Eishockey geben. Per Auto ist es nur eine Stunde nach Garmisch, wo Ski alpin und Skispringen auf dem Programm stehen. Bob und Rodeln gibt es auf der Bahn am Königssee. Biathlon und Ski-Langlauf sind für Oberammergau geplant, gerade einmal zehn Kilometer vor Garmisch entfernt.
Die Prominenten
Auch interessant
Felix Neureuther wohnt in Sichtweite des Gudiberges, auf dem 2018 der Olympische Slalom stattfinden soll. Frühmorgens, so sagt er, brauche er im Auto von zuhause gerade einmal fünf Minuten zum Hang. „Dort Olympia, das wäre ein Traum“, findet er. Doch er hält sich bei dem Thema lieber bedeckt, er will weiter ohne Streit im Ort leben.
Die Politik
Die Grünen sind als einzige große Partei gegen die Olympia-Bewerbung, da das Öko-System der Alpen durch den Gigantismus zerstört würde. Allerdings: Claudia Roth, die Vorsitzende der Partei, hatte sich zunächst im Kuratorium der Olympia-Bewerbung für die Spiele engagiert. Erst nach einem Beschluss des Parteitages musste sie zurücktreten.
Auch das politische Parkett ist manchmal ganz schön glatt.