Dortmund. Für den neuen BVB-Trainer Niko Kovac ist der Auftakt gegen den VfB Stuttgart eine echte Bewährungsprobe. Er setzt auf einfache Mittel.

Niko Kovac lächelte. Doch, meinte er dann, er komme schon zurecht. Mehr noch: „Die Jungs sind manchmal ziemlich überrascht.“ Nun gibt es als Spieler von Borussia Dortmund in der laufenden Saison immer mal wieder Anlässe, überrascht zu sein, der jüngste bezog sich aber auf die Sprachfertigkeiten des Trainers, genauer: auf sein Französisch. Das hatte der 53-Jährige einst am Berliner Lessing-Gymnasium gelernt, vor allem aber hat er es in anderthalb Jahren als Trainer der AS Monaco verfeinert.

Und nun kann Kovac BVB-Profis wie Serhou Guirassy und Julien Duranville Anweisungen in deren Muttersprache geben. Sprache ist ja immer das wichtigste Werkzeug des Trainers, erst recht in einer Situation, in der der Kroate Kovac aktuell steckt. Er hat Borussia Dortmund in einer der größeren sportlichen Krisen der jüngeren Klubgeschichte mitten in der Saison übernommen und er hat nun ganze vier Trainingstage gehabt, um die Mannschaft auf ein kompliziertes Spiel gegen den VfB Stuttgart am Samstag (15.30 Uhr/Sky) vorzubereiten. Jene Mannschaft, gegen die es zuletzt reichlich schmerzhafte Niederlagen gab und die angeleitet wird von Trainer Sebastian Hoeneß, den sich viele auch gut beim BVB vorstellen könnten – auch so mancher meinungsstarke Kopf in der Führungsetage.

Weil er den VfB auch in dieser Saison auf einen Europapokalplatz coacht, obwohl ihm unter anderem der BVB im Sommer seine besten Spieler weggekauft hat. Weil er das zudem mit einem aktiven, variablen, schön anzusehenden Fußball macht, auch wenn die Schwaben aktuell immer wieder erschöpft wirken von der Mehrfachbelastung durch Champions League, DFB-Pokal und immer häufigere Einladungen zu Nationalmannschaften.

BVB-Trainer Niko Kovac setzt auf Leidenschaft

Gegen schönen Fußball hat auch Kovac grundsätzlich nichts einzuwenden, aber auf seiner Prioritätenliste steht der aktuell weiter unten, die Zeit war einfach zu knapp. Klar, das Trainerteam konnte auch ein wenig taktisch arbeiten mit den Spielern, konnte in Video-Sitzungen aufzeigen, welches Verhalten in welcher Situation gewünscht ist. Primär aber ging es um andere Dinge: „Wir werden es hoffentlich schaffen, einen guten Geist auf den Platz zu bringen“, sagt Kovac. Es muss Leidenschaft da sein, wir müssen mental stark sein.“

Niko Kovac
Das BVB-Stadion kennt er schon, nun ist Niko Kovac hier erstmals als Heimtrainer aktiv. © DPA Images | David Inderlied

Mehr lasse sich gar nicht vermitteln in einer Woche, sagt Kovac, aber das brauche es auch gar nicht zwingend: „Die Jungs haben alles erlebt, haben Titel geholt, sind Nationalspieler“, meint der Trainer. „Denen muss man auch mal Vertrauen schenken.“ Die Spieler starkreden, das scheint das wichtigste Vorhaben des neuen Trainers, obwohl diese Spieler in den vergangenen Wochen nicht allzu oft den Eindruck vermittelten, dass sie schon von alleine wissen, was zu tun ist. Deswegen hat der BVB ja nachgelegt am Transfermarkt, hat Linksverteidiger Daniel Svensson und Mittelfeldspieler Carney Chukwuemeka verpflichtet – zwei Profis, die möglichst schnell helfen sollen.

BVB-Neuzugänge Daniel Svensson und Carney Chukwuemeka stehen gleich im Kader

„Beide sind Spieler, die großes Potenzial mitbringen“, lobt Kovac. Svensson bestritt sein letztes Pflichtspiel für den FC Nordsjaelland zwar schon Anfang Dezember, weil die dänische Superliga dann in die Winterpause ging. Aber: „Er ist auf einem sehr hohen Level, er ist körperlich da, wo man es sich vorstellt“, sagt der Trainer. Anders Chukwuemeka, der verletzungsbedingt nur wenige Spielminuten beim FC Chelsea sammelte. Der sei „ein Topspieler“, findet Kovac dennoch, aber man müsse ihn „punktuell heranführen“.

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Gegen Stuttgart sind beide Neuen dennoch für den Kader eingeplant, der sich in den Worten des Trainers „von allein aufstellt“: Felix Nmecha ist verletzt, Nico Schlotterbeck gesperrt, Niklas Süle erst seit wenigen Tagen im Training und noch kein Kandidat für eine Blitz-Rückkehr.

BVB-Trainer Niko Kovac lobt Karim Adeyemi

Der Kader ist und bleibt schmal, mit dem Problem, schlug sich ja schon Nuri Sahin herum, doch Kovac macht gute Miene zum riskanten Spiel – auch dazu, dass kaum gelernte Flügelstürmer im Kader stehen, die man im modernen Spiel so dringend braucht, um die gegnerische Abwehrkette auszuhebeln. Er habe genug Spieler mit Tempo. Karim Adeyemi etwa, den Kovac noch aus Salzburg kennt und auf dessen Fähigkeiten er große Stücke hält. „Ich wünsche mir, dass er seine Fähigkeiten voll reinwirft“, sagt der Trainer. „Dann ist er schwer zu bremsen und dann ist der BVB schwer zu bremsen.“

Borussia Dortmund - Werder Bremen
Karim Adeyemi hat großes Potenzial – und soll damit den BVB endlich dauerhaft nach vorne bringen. © DPA Images | Bernd Thissen

Daran allerdings ist zuletzt so mancher Trainer in Dortmund gescheitert, das unbestritten große Potenzial der Einzelspieler verlässlich abzurufen und zu einem großen Ganzen zu formen. Auch Kovac wird dazu mehr brauchen als seine guten Französischkenntnisse.

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