Essen. Torgefährlich, zweikampfstark und ehrgeizig - mit diesen Eigenschaften könnte Alexandra Popp zum Shooting-Star der Frauen-WM avancieren. Die 20-Jährige vom FCR Duisburg macht gehörig Druck auf die etablierten Stürmerinnen .
Ohne Fleiß kein Preis – bei Alexandra Popp ist das nicht nur eine Phrase, die sie als Lebensmotto auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht. Die 20-jährige Stürmerin ist enorm ehrgeizig. Mit dieser Einstellung ist „Poppi“ – wie sie teamintern gerufen wird – auf dem besten Weg, der Shooting-Star der Frauenfußball-WM in Deutschland zu werden.
Mit Birgit Prinz und Inka Grings hat sie zwar zwei international erfahrene Konkurrentinnen um einen Platz in der Startelf. Aber wenn Poppi in den vergangenen Testspielen das Spielfeld betrat, rappelte es meist kurze Zeit später im Kasten der gegnerischen Mannschaft. Beeindruckend wie sich Alexandra Popp beim letzten Länderspiel vor der WM in einen Befreiungsschlag einer norwegischen Abwehrspielerin wirft, diese anschließend mit ihrem athletischen Körper eiskalt zur Seite drückt und den Ball an der Torhüterin vorbei ins Netz spitzelt.
Keine Angst im Zweikampf
Bei ihrem zweiten Treffer macht sie wiederum ihrem Ruf alle Ehre: „Sie geht da mit dem Kopf hin, wo andere nicht mal den Fuß nehmen würden“, heißt es über die Stürmerin. Gegen Norwegen setzt sie nach einer Flanke von Behringer in Bedrängnis zum perfekten Flugkopfball an, und abermals landet das Leder im Tor. „Sie schmeißt sich ohne Angst in jeden Zweikampf hinein“, lobt ihr Trainer beim FCR Duisburg, Marco Ketelaer im DerWesten-Gespräch. Allerdings würde sie sich dadurch auch einige schmerzvolle Blessuren einhandeln.
Auch im ersten WM-Spiel gegen Kanada stürmte sie schon wenige Sekunden nach ihrer Einwechslung durch die gegnerische Abwehr und konnte gerade noch gestoppt werden. Wenig später streifte sie mit einem Fernschuss die Latte.
Tricks imponierten den Jungs vom FC Schalke 04
Ihr Durchsetzungsvermögen hat sie sich im jahrelangen Kick mit dem männlichen Schalke-Nachwuchs angeeignet. Erst hätten diese etwas verwundert geschaut, als ein Mädchen mittrainieren sollte. Dann zeigte sie den Jungs ein paar Tricks und war prompt bei den Schalkern akzeptiert – obwohl sie BVB-Fan ist. So profitierte sie von dem schnelleren, dynamischen Spiel bei den Männern und lernte die körperliche Härte.
Alexandra Popp habe eine super Einstellung zum Fußball: „Damit sie athletischer wird, stellte sie ihre Ernährung um und hat sechs Kilo abgenommen“, verrät Trainer Ketelaer. Er kann sich gut vorstellen, dass Poppi auch bei der Frauen-WM zum Zuge kommen wird. „Sie ist extrem torgefährlich, nur im taktischen Bereich muss sie noch dazulernen.“
Poppi übt sich in Bescheidenheit
Mit den beiden Treffern gegen Norwegen erzielte sie nun in den letzten drei Testspielen vor der WM fünf Tore - insgesamt sind es neun in zwölf Länderspielen. Bereits bei der U20-WM 2010 wurde sie nicht nur Weltmeisterin, sondern holte sich auch die Torjägerkrone und wurde als beste Spielerin des Turniers ausgezeichnet. Hervorragende Referenzen um den etablierten Stürmerinnen Grings und Prinz Dampf zu machen. Doch Poppi tritt selbst auf die Bremse: „Ich bin ja froh, überhaupt im Kader zu sein“, gibt sie sich bescheiden.
Dass sie es überhaupt bis zur Frauen-WM geschafft hat, grenzt an ein kleines Wunder. Denn eigentlich hatte Alexandra Popp überhaupt keine Lust auf Frauenfußball geschweige denn Leistungssport. Eine Einladung zur Westfalenauswahl des DFB-Trainers Ralf Peter wollte sie als junges Mädchen gar nicht erst annehmen. „Ich hab bloß die Augen gerollt und gedacht: Lass mich doch in Ruhe!“, erzählte sie dem Sportmagazin Kicker.
Jetzt hat Alexandra Popp die Gesamtschule Berger Feld in Gelsenkirchen mit dem Fach-Abi in der Tasche nach der 12. Klasse verlassen, um sich voll auf den Fußball zu konzentrieren. Beim FCR Duisburg gehört sie als Sturmpartnerin von Inka Grings zu den Leistungsträgerinnen und erzielte in 21 Spielen 11 Tore. Allerdings wurde sie zu Beginn der Saison teilweise noch in der Viererkette eingesetzt. Erst nach dem Trainerwechsel von Martina Voss-Tecklenburg zu Marco Ketelaer durfte sie fortan in vorderster Front stürmen.
Singen als zweite Leidenschaft
Beim FCR glänzt sie nicht nur auf sondern auch neben dem Platz. „Sie hat immer gute Laune und schnappt sich auf Feiern schon mal das Mikrofon und singt“, erzählt Ketelaer. Mit ihrer Teamkollegin Annike Krahn hat sie einen eigenen WM-Song aufgenommen: „Fußballsommer“ heißt das Stück mit der Band Sportrock. Singen sei eine Leidenschaft von Poppi: „Auf Autofahrten trällere ich sämtliche Lieder lautstark mit“, verrät sie in einem DerWesten-Interview. Dann sind es allerdings eher Lieder aus dem Bereich „R’n’B“ und House.
Fußballsommer ist nicht das einzige Lied mit den Stimmen von Alexandra Popp und Annike Krahn. Zusammen mit der Kölner-Kultband "Die Höhner" haben sie den Song „Mach ihn rein, Marie“ aufgenommen. „Ein typischer Ohrwurm zum Mitsingen“ verspricht Poppi. Vielleicht läuft der Hit ja bei der WM in Dauerschleife, wenn die 20-Jährige wieder eingenetzt hat. Besonders gefährlich für die Gegner wird es übrigens, wenn der Himmel seine Schleusen öffnet. Alexandra Popp liebt es, im Regen zu spielen. „Fritz-Walter-Wetter kommt mir entgegen“.