Essen. Einige Fans protestieren beim DFB-Spiel gegen Katar und die Fifa. Der Verband schaltet die Polizei ein - und erlebt ein Kommunikations-Desaster.

Ein Gespür für Timing gehört neben manch anderen kommunikativen Feinheiten eher nicht zu den Stärken des  Deutschen Fußball-Bundes, das hat nicht nur der Länderspiel-Dienstag gezeigt. Vor ein paar Tagen hatte der Verband ja Experten ins Quartier der Nationalmannschaft eingeladen, die die Profis über die kritische Menschenrechtslage im WM-Gastgeberland Katar aufklären sollten. Man versuchte nachzuholen, was in den vergangenen zwölf Jahren seit Vergabe des Turniers versäumt worden war: ein souveräner Umgang mit dem umstrittenen Wüstenemirat.

Die fußballerische Offensive gefiel ja beim 5:2 in der Nations League am Dienstagabend gegen Italien. So mancher Funktionär aber war im Borussia-Park von Mönchengladbach zu offensiv eingestellt.

DFB behauptet: Fans haben sich "untypisch" verhalten

Aktive Mitglieder der Gladbacher Fanszene hatten kurz nach Anpfiff ein Banner hochgehalten, auf dem Bezug zu Berichten genommen wurde, nach denen auf den WM-Baustellen Katars tausende Gastarbeiter umgekommen seien. Auf dem Transparent hieß es: „15.000 Tote für große Kulissen – FIFA und Co. ohne Gewissen!“ Auch ohne juristische Ausbildung wird man zum Schluss kommen, dass diese Aussage von der Meinungsfreiheit gedeckt ist.

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Das zweifelt der DFB auch gar nicht an. Er hätte es sich allerdings leicht machen und die Protest-Aktion, deren Kern-Botschaft der Verband ja unterstützt, kommentarlos akzeptieren können. Der Verband aber hat stattdessen die Polizei eingeschaltet, weil sich die Fans „untypisch“ verhalten hätten. Der Verdacht: Sie seien möglicherweise mit gefälschten Tickets ins Stadion oder den falschen Block gelangt. Schließlich hätten sie anschließend rasch das Stadion verlassen. Vermutlich lag es aber eher daran, dass Besuche von übervermarkteten, irrelevanten Länderspielen bei den aktiven Fan-Gruppen verpönt sind.

Dem DFB fiel diesmal das Image-Desaster immerhin schnell auf. In einer Stellungnahme ruderte man am Mittwoch zurück. Vielleicht aber braucht man an der Otto-Fleck-Schneise nicht nur einen Katar-Crash-Kurs.