Essen. Wladimir Klitschko verteidigt seinen WM-Titel gegen Ruslan Chagaev und hat keine Angst vor Hepatitis. Am Samstagmorgen um kurz nach zehn Uhr gab es das entscheidende Telefonat. "Alles klar, wir machen den Kampf!"

Am einen Ende der Leitung in Kitzbühel Bernd Bönte, Manager von Box-Weltmeister Wladimir Klitschko. Am anderen Ende in Hamburg Klaus Peter Kohl, Manager des neuen Klitschko-Gegners Ruslan Chagaev. Mit der Einigung ist die Schwergewichts-WM am 20. Juni in der Schalker Arena gerettet. Nachdem der ursprüngliche Herausforderer David Haye verletzt abgesagt hatte, stand der Kampfabend, für den bereits 60 000 Karten verkauft worden sind, ein paar Tage auf der Kippe. Dennoch bleiben Fragen.

Um welche Titel geht es überhaupt?

Wladimir Klitschko ist Weltmeister der Verbände IBF und WBO, der Ukrainer wird in Gelsenkirchen beide Titel verteidigen. Bei Ruslan Chagaev ist die Sache komplizierter. Der Usbeke fühlt sich noch als Weltmeister der WBA, doch damit könnte es bereits heute abend vorbei sein. Denn: Chagaev durfte vor einer Woche nicht zum WBA-Titelkampf gegen den russischen Riesen Nikolai Walujew antreten, weil in seinem Blut ein Hepatitis-B-Antigen nachgewiesen wurde. Die WBA wird in ihrer Zentrale in Panama heute darüber beraten, ob Chagaev sich weiterhin Weltmeister nennen darf, oder ob Walujew der offizielle und alleinige Titelträger des Verbandes wird. Wahrscheinlich: Walujew erhält den Titel allein zugesprochen, denn die WBA arbeitet eng mit US-Promoter Don King zusammen. King ist fananziell an den Kämpfen von Walujew beteiligt und ist zudem Manager des nächsten WBA-Herausforderer John Ruiz. Wird Chagaev am grünen Tisch abserviert, hat Don King automatisch den nächsten Weltmeister unter Vertrag.

Kann sich Wladimir Klitschko im Kampf gegen Chagaev mit Hepatitis B anstecken?

Ruslan Chagaev hat in seinem Blut das Hepatitis-B-Antigen. Zum Thema Ansteckungsgefahr gibt es zwei unterschiedliche Ärztemeinungen. Der finnische Arzt, der Chagaev vor einer Woche mit einem Kampfverbot für Helsinki belegt hat, sagt: Ja, durch Blut und über die Schleimhäute kann eine Übertragung auf den Gegner erfolgen.

In Deutschland sagen die Ring-Ärzte dagegen: Keine Gefahr! Die Mediziner haben den 30-Jährigen schon seit Jahren boxen lassen. Er hatte bereits bei seinem Sieg vor zwei Jahren gegen Walujew das Hepatitis-B-Antigen im Blut. Klitschko sagt: „Das stört mich nicht. Ich bin geimpft, und ich vertraue den Ärzten. Sie sagen mir, es bestehe keine Ansteckungs-Gefahr.”

Was ist Hepatitis B überhaupt?

Hepatitis B – auch bekannt als Gelbsucht – ist eine Viruskrankheit, die im schlimmsten fall tödlich verlaufen kann. Eine Infektion mit dem Virus kann zur Leberentzündung und zu Lebertumoren führen

Hat Chagaev eine Chance gegen Klitschko?

Hat er, obwohl Wladimir Klitschko sicherlich der elegantere Boxer und der Favorit ist. Sein weiterer Vorteil: Die Reichweite. Mit seiner linken Führhand kann Klitschko den 15 Zentimeter kleineren Chagaev auf Distanz halten. Zudem verfügt er über eine rechte Schlaghand, die jeden Gegner fällen kann.

Die Vorteile von Chagaev liegen in seiner körperlichen Robustheit. Er ist ein Wühler und erinnert mit diesem Stil an Joe Frazier. Gelingt es Chagaev, Klitschko mit ein paar Wirkungstreffern am Kinn - Spötter nennen es Glaskinn - zu erwischen, könnte der Champion tatsächlich seine Linie verlieren.

Wer musste beim Tauziehen um den Kampf hinter den Kulissen größere Zugeständnisse machen? Das Management von Klitschko oder das von Chagaev?

Beide Seite gingen Kompromisse ein. Chagaev ist über die Universum-Box-Promotion von Kohl ans ZDF gebunden. Klitschko hat einen Fernsehvertrag mit RTL. RTL bleibt der Sender des Kampfes und überträgt am 20. Juni live. Im Gegenzug erhält Chagaev eine höhere Börse, als sie für den ursprünglichen Gegner Haye vorgesehen war. Bestätigen will es niemand, aber die Rede ist von 1,5 Millionen Euro. Klitschko soll mehr als das Doppelte erhalten.