Budapest. .

Elf Medaillen und 20 Finalplatzierung hat die Führung des Deutschen Schwimm-Verbandes bei der EM in Budapest im Visier. Paul Biedermann ist der einzige Superstar im deutschen Team.

Vom Pool bahnen sich sanfte Klänge aus Giacomo Puccinis Oper „Turandot“ den Weg durch die angenehm warme Budapester Luft. Keine 50 Meter entfernt lässt sich die Führung des Deutschen Schwimm-Verbandes nicht ablenken von den bezaubernden Tonschöpfungen, zu denen gerade ziemlich dünne Synchronschwimmerinnen mit umso dicker aufgetragener wasserfester Schminke und Nasenklammern ihre künstlerisch-artistischen Bewegungen ins Wasser zaubern. Die chinesische Prinzessin Turandot stellte ihren Bewerbern Rätsel. Wer sie nicht löste, wurde geköpft. So schlimm wird es für die deutschen Schwimmer bei der Europameisterschaft in Budapest nicht. Es geht nicht um den Kopf, nur um Edelmetall.

„Wir wollen elf Medaillen holen und 20 Finalplatzierungen erreichen“, sagt Sportdirektor Lutz Buschkow vor den Beckenwettbewerben, die am heutigen Montag auf der Margareteninsel beginnen. In dem Freibad, das nach dem ersten Schwimm-Olympiasieger von 1896, dem Ungarn Alfred Hajosh, benannt ist, begann vor vier Jahren ebenfalls bei der EM der Aufstieg von Britta Steffen zum neuen Superstar des deutschen Schwimmens. Viermal holte sie Gold und verbesserte Welt- und Europarekorde. Doch ausgerechnet die Doppel-Olympiasiegerin fehlt wegen Verletzungsfolgen in Budapest. „Wir bleiben trotzdem bei unserer Zielstellung von elf Medaillen“, sagt Bundestrainer Dirk Lange. Seine Hoffnungen beruhen vor allem auf Doppel-Weltmeister Paul Biedermann, Kurzbahn-Weltrekordler Steffen Deibler, die Essener Vize-Weltmeisterin Daniela Samulski und deren Vereinskollege Hendrik Feldwehr, der die europäische Bestenliste über 50 Meter Brust anführt.

Schwimm-Trainer Dirk Lange
Schwimm-Trainer Dirk Lange

Lange, der Bundestrainer aus Hamburg ist der Typ, der nichts dem Zufall überlässt. „Professionell“ ist eines seiner Lieblingswörter und so zeichnet der Mann mit dem kahl rasierten Kopf akribisch alle Leistungsdaten seiner Schwimmer auf. Beim einwöchigen Abschluss-Lehrgang in Heidelberg musste Lange, der meist mit konzentrierten Gesichtszügen auf der Tribüne sitzt, beim Studium der letzten Tests richtig lächeln. „Die gestoppten Zeiten in Heidelberg waren sehr gut“, sagt Lange, „es ist noch nie eine deutsche Mannschaft an den Start gegangen, die so stark war.“ An diesen Worten wird sich Lange hier in Budapest messen lassen müssen. Die genauen Zahlen will der Bundestrainer „aus strategischen Gründen“ nicht nennen, aber ab heute ist es mit dem Versteckspiel eh vorbei.

Biedermann startet gleich am ersten Wettkampftag

Mit Paul Biedermann kann Lange gleich am ersten Wettkampftag seinen verbliebenen Superstar ins 50-Meter-Becken schicken. Während Biedermanns Lebenspartnerin Britta Steffen nur als ARD-Expertin in Budapest ist, will der Doppel-Weltmeister von 2009 am Montag mit der deutschen 4-mal 100-Meter-Freistilstaffel und über 400 Meter Freistil auf dem Podium stehen. Vor einem Jahr entthronte Biedermann den erfolgreichsten Schwimmer der Sportgeschichte, Michael Phelps aus den USA. „Diesmal bin ich nicht der Jäger, sondern der Gejagte“, weiß Biedermann. Der neue Jäger heißt Yannick Angel. Der Abiturient aus Nizza ist erst 18 Jahre alt und hat vor einigen Wochen bereits den großen Michael Phelps in Paris über 200 Meter Freistil abgehängt. „Ich würde jetzt gern das Fell von Biedermann erlegen, auch wenn er bestimmt rasiert ist“, scherzte Agnel, der keine Angst vor großen Namen kennt.

Spätestens seit den Tagen in Rom kennt Biedermann keine unlösbaren Aufgaben. Doch am Samstag bekam er eine solche gestellt. Zu Biedermanns 24. Geburtstag hatte ihm sein Trainer Frank Embacher eine Torte mit entsprechend vielen Kerzen geschenkt. Der Schwimmer pumpte seinen mächtigen Oberkörper voll auf und schickte einen Tornado über das cremige Süß. Nichts geschah, die Kerzen flackerten munter weiter. Erst nach dem dritten Versuch merkte Biedermann, dass er nicht an seinem Lungenvolumen, sondern an seiner Beobachtungsgabe arbeiten muss. Die Kerzen waren präpariert. Heute soll es im Becken besser klappen.

Im ersten Versuch.