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Thomas Lurz spult ein gewaltiges Jahrespensum ab. Es lohnt sich: Im Plattensee holte der Freiwasserschwimmer Gold bei der Europameisterschaft über zehn Kilometer.

Seen und Flüsse sind sein Element. Auch im Plattensee ließ sich Thomas Lurz von keinem Gegner abhängen. Der Würzburger siegte am Balaton im Freiwasser-Wettbewerb über zehn Kilometer in 1:54:22,5 Stunden und holte damit bei den Europameisterschaften in Ungarn das erste Gold für das deutsche Team. Es war nicht nur der dritte EM-Triumph in Folge für den 30-Jährigen über diese Distanz, sondern auch der 13. Titel bei Welt- und Europameisterschaften.

Thomas Lurz ist der unbekannte Meister. Die Popularität des Freiwasserschwimmens entspricht nicht seinem Trainingsaufwand. Obwohl die Sportart kaum wahrgenommen wird, steckt richtig harte Arbeit dahinter. Thomas Lurz trainiert bis zu 20 Kilometer im Wasser. Tag für Tag, Woche für Woche. Seine Kilometer-Jahresleistung kann mit manchem Auto mithalten. „Unser Sport hätte ein größeres Interesse verdient“, sagt Lurz, „es soll mir doch keiner erzählen, unsere Rennen seien langweilig.“

So war es auch am Mittwoch im 23 Grad warmen Wasser des Plattensees. Erst im Endspurt setzte sich Lurz von Italiens Weltmeister Valerio Cleri (2,3 Sekunden zurück) und dem Russen Jewgeni Drattsew (4,1 Sekunden zurück) ab. Knapp an der Bronzemedaille vorbei schwamm Christian Reichert als Vierter.

Thomas Rupprath, der zurückgetretene Welt- und Europameister im Beckenschwimmen, sagte mal über Lurz: „Thomas ist der größte Kämpfer, den wir haben. Der Thomas macht sich keine Gedanken, wie das Wasser ist. Blau oder grün.“ Oft ist es sogar schmutzig braun, wenn die Langstreckler in Flüssen oder im Meer Kilometer um Kilometer abspulen.

Thomas Lurz ist Amateur. Im wahrsten Sinne des Wortes. Wer für wenig Geld solche Strapazen auf sich nimmt, muss ein Liebhaber seines Sports sein. Und weil man vom Freiwasserschwimmen selbst als Serienwelt- und Europameister nicht leben kann, hat Lurz auch sein Studium forciert. Seit drei Jahren hat er sein Diplom als Sozialpädagoge in der Tasche. In die Abschlussarbeit über den Einfluss des sozialen Umfeldes auf den Leistungssport hat er seinen jahrelangen Erfahrungen auf nationaler und internationaler Ebene einfließen lassen.

Die Erfolge des Würzburgers sind die Erfolge eines Familienunternehmens. Unvergessen sind die Bilder, als Thomas Lurz vor einem Jahr in Peking aus dem Kanal kletterte und mit tränenerstickter Stimme die gerade gewonnene olympische Bronzemedaille dem kurz vor den Sommerspielen gestorbenen Vater widmete. Sein Bruder Stefan Lurz ist sein Trainer, die frühere Weltklasseschwimmerin Annika Lurz ist seine Schwägerin. Nur olympisches Gold fehlt Thomas Lurz noch in seiner Erfolgssammlung. 2012 will er es sich in London holen: „Dafür würde ich jeden Titel bei der WM oder EM gerne eintauschen.“