Berlin.

Plötzlich stand sie in der Kabine. Mittendrin: Die Kanzlerin und die Nationalelf. Und was machen die Kerle? Sie rufen „Hey, hey“ und „Rede, Rede“. Da ließ sich Angela Merkel nicht zweimal bitten und ergriff das Wort.

Die Kanzlerin hat vom 4:0-Sieg gegen Argentinien erzählt („ein Traum“) und vom Besuch in einem „Township“, wo alle südafrikanischen Kinder von „Messi“ schwärmten, sie aber von den deutschen Kickern. „Wir waren alle begeistert“, verriet hinterher Innenverteidiger Per Mertesacker. Maskottchen Merkel darf wiederkommen.

Die Frage ist nur, wer hier wem Glück bringt, sie den Fußballern oder eher die Mannschaft der Kanzlerin? Eine Atempause hat sie mehr nötig als die Spieler. Ein neues Sommermärchen kommt wie gerufen. Es lenkt ab vom Gegurke ihrer Mannschaft.

Joachim Löw und seine Truppe sind viel weiter als die Koalition. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe weiß das und räumt es auch unumwunden ein. „Es gehört zu einer Koalition, dem anderen mal ein Tor zu gönnen, auch mal zuspielen, mal wirklich Mannschaft zu sein. Und da gibt es Verbesserungspotenziale.“

Beim Finaleinzug ist mit Merkel zu rechnen

Zum Halbfinale wird Merkel schwerlich wiederkommen. Es wird terminlich eng. Bei einem Finaleinzug kann man mit ihr und Bundespräsident Christian Wulff in Südafrika aber rechnen. Man darf bezweifeln, dass die SPD dann erneut eine Einladung ausschlägt und den Trip mit Hinweis auf die Kosten absagt.

Die Bilder sind willkommen und eine Inszenierung, zu der sich Merkel freilich nicht verstellen muss. Die Freude ist echt, und anders als ihr Mann ist Merkel auch fußballbegeistert. Ein Gefühl dafür konnten Millionen TV-Zuschauer bekommen.

Merkel folgte dem Spiel in Reihe 10, Platz zwei. Nach dem ersten Tor hat sie noch prüfend zur Seite geschaut. Sie war die einzige, die aufgestanden war. Bei den weiteren drei Treffern aber gab es dann für Merkel keinen Halt mehr. Da war sie ganz aus dem Häuschen und Deutschlands „first Fan“.

Fachsimplen mit Mick Jagger

Von Fifa-Präsident Sepp Blatter bekam sie eine Miniaturausgabe des WM-Pokals geschenkt. In der VIP-Lounge fachsimpelte sie mit Rolling Stone Mick Jagger; es ging ums England-Spiel.

In der Kabine, wo sie Schnittchen und Nudeln aufgetischt hatten, blieb Merkel 45 Minuten lang. Sie begrüßte jeden Spieler, stieß mit ihnen – eine Flasche Bier in der Hand – an, posierte für Handyfotos. Eigentlich konnte Merkel nicht verlieren. Wäre die Mannschaft rausgeflogen, hätte sie die Spieler getröstet. Auch das hätte sympathisch gewirkt. Aber der Jubelrausch war nicht zu toppen. Eine Abwechslung war es allzumal. Viel zu feiern gibt es für Merkels Regierung nicht.