Kapstadt.

Die deutsche Nationalelf steht im Halbfinale der Weltmeisterschaft. Die Löw-Elf schlug im Viertelfinale - wie schon bei der WM 2006 - Argentinien. Das Endergebnis: 4:0. Im Halbfinale gegen Spanien fehlt Thomas Müller.

Die wundersame Reise zum vierten Stern geht weiter: Der tragische Held Thomas Müller, Miroslav Klose und Arne Friedrich haben die deutsche Nationalmannschaft in das Halbfinale der Fußball-WM geschossen. Mit ihren Treffern zum glanzvollen 4:0 (1:0) gegen den großen Favoriten Argentinien lassen die „jungen Wilden“ von Bundestrainer Joachim Löw ganz Deutschland weiter vom ersten Titel seit 1990 in Italien träumen.

Müller fehlt im Halbfinale

Die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes steht schon zum zwölften Mal unter den Top Vier bei einer WM. Bitter für Müller: Er fehlt am kommenden Mittwoch in Durban gegen Spanien wegen einer Gelbsperre. Im Finale würden die Niederlande oder der zweimalige Weltmeister Uruguay auf Deutschland warten.

Müller hatte bereits in der 3. Minute den 200. WM-Treffer für eine deutsche Nationalmannschaft erzielt, eine halbe Stunde später sah er von Schiedsrichter Rawschan Irmatow aus Usbekistan Gelb für ein Handspiel. Vor 64.100 Zuschauern im Stadion „Green Point“ von Kapstadt versuchten die Argentinier danach das gesamte Spiel über, eine Lücke im deutschen Abwehrverbund zu finden. Doch wirklich zwingend war die Mannschaft von Trainer Diego Maradona nicht. Sie lief in einen Konter, den Klose mit seinem 13. WM-Tor abschloss (68. ). Die nächste Gelegenheit nutzte Arne Friedrich (74.), dann legte Klose noch einmal nach (89.).

Bundestrainer Löw hatte vor dem Spiel selbstbewusst erklärt, die junge deutsche Mannschaft werde sich vor Messi und Co. nicht ängstigen. „Auch Argentinien ist verwundbar“, betonte er stattdessen. Wie wahr. Nach einem Foul von Nicolas Otamendi auf der linken Seite trat Bastian Schweinsteiger zum Freistoß an: Seine angeschnittene Hereingabe streifte erst den Kopf von Müller, dann den rechten Unterschenkel von Torhüter Sergio Romero und flog ins Tor. Die argentinische Abwehr war völlig indisponiert.

Merkel im Stadion

Der Treffer wurde Müller zugeschrieben und war gleich in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Es war das erste deutsche Tor bei der WM in Südafrika nach einer Standardsituation und eben das 200. deutsche WM-Tor insgesamt. Nur Brasilien (210) ist erfolgreicher, hat aber an zwei Endrunden mehr teilgenommen.

Beim Führungstreffer riss es nicht nur Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Höhe, auch den verletzten etatmäßigen Kapitän Michael Ballack, der neben Teammanager Oliver Bierhoff auf der Tribüne saß, hielt es nicht auf seinem Sitz. Sie und all die anderen Zuschauer sahen nach der Führung eine unbekümmerte und überlegene deutsche Mannschaft. Die argentinische Abwehr um Martin Demichelis schien überfordert.

Die deutsche Mannschaft wirkte, als habe sie ein klares Konzept. Die argentinische Mannschaft wirkte planlos, so, als sei neben Einzelaktionen das einzige Konzept die Inspiration von Lionel Messi. Der Weltfußballer wurde im Kollektiv abgeschirmt, trat gegen die sehr konzentrierte deutsche Defensivabteilung so gut wie nicht in Erscheinung. Erst in der 22. Minute durchzuckte das argentinische Spiel einer von Messis Geistesblitzen, der ausgezeichnete Manuel Neuer war nach dem Pass auf Carlos Tevez aber auf dem Posten.

Argentinien kommt nach der Halbzeit

Allerdings versäumte es die deutsche Mannschaft, den Argentiniern durch einen weiteren Treffer frühzeitig den Schwung zu nehmen. Nach wunderbarer Vorarbeit von Müller zielte Klose in seinem 100. Länderspiel aus bester Schussposition am Tor vorbei (24. ). Wenig später sah Müller nach Aufforderung von Messi für ein Handspiel seine zweite Gelbe Karte im Turnier - eine überharte Entscheidung. Nach dem anschließenden Freistoß lag der Ball im deutschen Tor. Gleich vier Argentinier hatten aber im Abseits gestanden (36.).

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich bei den Deutschen ein wenig der Schlendrian eingeschlichen. Mit der Führung im Rücken spielte Löws Mannschaft unkonzentriert im Aufbau und baute die Argentinier damit auf. Dies wurde vor allem nach der Pause deutlich, als Messi und Co. auf den Ausgleich drängten. Angel Di Maria zielte nur knapp daneben (48.), danach gerieten die Deutschen zunehmend in Bedrängnis, weil sie sich weit zurückfallen ließen, Messi mehr und mehr Raum gaben und selbst kaum noch Pässe zum Mitspieler brachten.

Doch Deutschland hatte seit 1978 kein WM-Spiel mehr nach einer Führung zur Pause verloren - und so war es auch diesmal: Argentinien drängte, Deutschland konnte auf den sicheren Neuer zählen und blieb wie schon beim 4:1 gegen England eiskalt. Konter, Pass Podolski - und Klose traf zum dritten Mal in diesem Turnier. Konter, Pass Schweinsteiger - und Friedrich durfte sein erstes Tor im Nationalmannschafstrikot mit einem „Diver“ feiern.

Klose machte die Demütigung der Argentinier perfekt - er traf nach einer Flanke von Mesut Özil mit einem Volleyschuss zum 14. Mal bei einer WM. Damit fehlt dem Münchner nur noch ein Tor zum Rekord des Brasilianers Ronaldo. (sid)