Frankfurt. Weiterhin sucht die DFL-Spitze fieberhaft nach einem Investor. Viele Details sind weiterhin offen - doch die Klubs scheinen überzeugt.
Axel Hellmann entschuldigt sich gleich zu Beginn, die Stimme ist ein wenig angeschlagen. Kein Wunder, am Abend zuvor hat der Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt ein nerven- und stimmbandaufreibendes Pokal-Halbfinale gegen den VfB Stuttgart (3:2) erlebt. Aber ein Hellmann lässt sich nicht aufhalten, nicht mit seiner Eintracht auf dem Weg ins Pokalfinale und auch nicht in jenem Nebenjob, den er aktuell bekleidet: Als Nachfolger von Donata Hopfen führt er interimsmäßig die Geschäfte bei der Deutschen Fußball-Liga, gemeinsam mit Oliver Leki, Finanzvorstand des SC Freiburg. Von ihrer unglückseligen Vorgängerin haben die beiden einige komplizierte Projekte übernommen, und um das herausforderndste geht es an diesem Donnerstagmittag im schicken DFL-Glasbau im Frankfurter Westend: die Suche nach einem Investor.
Die Liga überlegt, Teile ihrer Vermarktungserlöse gegen einen dicken Batzen Geld abzutreten, und das ist höchst umstritten: Manche Klubvertreter üben Kritik und vor allem die organisierten Fans gehen seit Wochen auf die Barrikaden. Doch die DFL-Spitze um Hellmann, Leki und DFL-Aufsichtsrat Hans-Joachim Watzke (Borussia Dortmund) treibt die Pläne unverdrossen voran, unterstützt von Präsidium und Aufsichtsrat. Von anfangs sechs Interessenten haben vier ein adäquates Angebot abgegeben. Bei Gesprächsrunden am 12. und 15. Mai sollen die 36 Profiklubs detailliert informiert werden und zur außerordentlichen Mitgliederversammlung am 24. Mai will die DFL-Führung dann einen Vorschlag erarbeiten, mit welchen Geldgebern konkrete Verhandlungen aufgenommen werden. Bis Mitte Juli könnte der Deal dann über die Bühne gebracht werden.
Die Bundesliga hinkt im Vergleich hinterher
Wie genau der aussehen soll, dazu nennen Leki und Hellmann nun erstmals Eckdaten – und sie erklären, warum sie überhaupt für einen Investor eintreten: „Unser Geschäftsmodell steht unter Druck“, sagt Leki. Die nationalen Fernseheinnahmen stagnieren, international gingen sie zuletzt sogar zurück. Finanziell hinkt die Bundesliga der Premier League bei den Einnahmen weit hinterher und muss sich mühen, mit Spanien und Italien mitzuhalten, auch sportlich wird es zunehmend schwierig: Aktuell ist nur noch Bayer Leverkusen im Europapokal vertreten, immer mehr Stars verlassen die Bundesliga, auch daher sinkt das internationale Interesse. „Wir verlieren Stück für Stück den Anschluss“, sagt Hellmann.
Und das, so meinen die Verantwortlichen, lässt sich am ehesten mit Geld lösen, dass die Liga aber nicht hat – also braucht es einen Geldgeber. Der soll 12,5 Prozent der Medienrechte für die kommenden 20 Jahre übernehmen und dafür rund zwei Milliarden Euro geben. 750 Millionen Euro fließen direkt an die DFL, die damit unter anderem eine digitale Plattform aufbauen will – und damit die Möglichkeit, ihre TV-Bilder künftig gleich selbst über einen eigenen Streamingdienst zu senden.
Dieser Punkt ist unstrittig unter den Klubs, der zweite im Wesentlichen auch: 950 Millionen Euro sollen zweckgebunden an die Klubs gehen: für Investitionen in Infrastruktur wie 5G-Netze im Stadion, Klub-TV-Angebote, Förderungen von Marketingreisen ins Ausland und andere Dinge, die die Klubs zukunftsfester machen sollen. Und immer noch 300 Millionen erhalten die 36 Klubs zur freien Verwendung. Hellmann wie auch Watzke hätten hier gerne deutlich mehr gesehen, die Liga sollte durch neue Stars attraktiver werden – aber das wäre schwer durchzusetzen gewesen: Viele Kritiker befürchteten, dass das neue Geld ohne nachhaltigen Effekt in den Taschen der Spieler und ihrer Berater gelandet wäre. „Wir wollen den Markt nicht mit Geld fluten“, sagt Leki.
Medienerlöse als größtes Risiko
Eine Hintertür aber bleibt: Wer wie der FC Bayern oder der BVB schon eine erstklassige Infrastruktur aufgebaut hat, darf die Mittel aus Topf zwei frei verwenden – daran dürfte sich der eine oder andere Kritiker ebenso stoßen wie an der Tatsache, dass die Gelder nach dem existierenden Schlüssel verteilt werden, die Spitzenklubs also deutlich mehr bekommen als die Zweitligisten.
Das größte Risiko aber ist: Der Plan setzt voll darauf, dass die Medienerlöse in Zukunft steigen. Stagnieren sie weiter, fehlt das nun von einem Investor eingesammelte Geld in der Zukunft. Für Hellmann ist der eingeschlagene Kurs dennoch alternativlos: „Wenn wir nicht in die Zukunft investieren, liegen die künftigen Einnahmen noch deutlich darunter“, sagt er. „Wir erreichen so eine größere Wahrscheinlichkeit auf einen Wachstumskurs. „Ich glaube, dass das funktionieren wird.“ Inzwischen, so hört man, sieht das auch eine Mehrheit unter den 36 Klubs so, allen Widerständen zum Trotz. Mindestens zwei Drittel von ihnen müssen nun bei der Mitgliederversammlung im Mai zustimmen.
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