Doha. Der Argentinier wird schon fast seine gesamte Karriere lang von großen Stars überstrahlt. Für sein Land hat er trotzdem eine enorme Bedeutung.
Man müsste sich in Doha schon die Augen verbinden, um an Lionel Messi vorbeizukommen. Allgegenwärtig ist der 35-Jährige, auf Trikots bilden fünf Buchstaben seinen Namen, Produkte werben mit dem bärtigen Gesicht. Der Weltmeisterschaft in Katar würde etwas fehlen, wenn sie ab dem Achtelfinale ohne den wohl besten Fußballer der Gegenwart auskommen müsste.
Entscheidende Partie gegen Polen
Doch nun kündigt sich schon das nächste Drama an. Argentinien gegen Polen, der Sieger an diesem Mittwoch (20 Uhr/ZDF und MagentaTV) klettert sicher ins Achtelfinale, der Verlierer reist vermutlich nach Hause. Herzklopfen. Nägelkauen. Die Kameras werden vor allem die beiden Weltfußballer einfangen: Lionel Messi und Robert Lewandowski erleben in Katar wohl ihre letzte WM.
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Aber da ist noch ein anderer hochklassiger Offensivspieler, der in Doha zum letzten Mal um den goldenen WM-Pokal spielt. Einer, der fast in seiner gesamten Karriere im Hintergrund gedribbelt hat, dessen Name in Katar trotz seines Könnens fast nie auf einem Trikot steht: Angel di Maria, der wohl beste Schattenspieler der Gegenwart. Nur wenn der 34-Jährige funktioniert, kann auch der ein Jahr ältere Messi glänzen. Mit einem Sieg über Polen (4 Punkte) würde Argentinien (3) ins Achtelfinale springen, bei einem Unentschieden müsste schon gehofft werden, dass Saudi-Arabien (3) nicht gegen Mexiko (1) gewinnt. Selbst die Mexikaner könnten sich dann noch mit einem deutlichen Erfolg an Argentinien vorbeischieben.
Messis Tor erlöst Argentinien
Also wieder Nervenflattern. Schon das Duell gegen Mexiko hatte die Volksseele aufgewühlt, Tränen flossen, selbst bei Messi wollen einige feuchte Augen erkannt haben. Der Treffer der Nummer 10 erlöste das Land, wieder mal verneigte sich Argentinien vor seinem Kapitän. Was etwas unterging, war di Marias Zutat zu diesem Tor. Eine kleine Kurve hat er gedreht, ehe er den Ball zu Messi in genau den Raum passte, in dem sich in diesem Moment keine Mexikaner aufhielten.
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Später berichtete di Maria, dass ihm Messi in der Halbzeitpause gesagt habe, dass er ihn vor dem gegnerischen Sechzehnmeterraum anspielen solle, um die zugeklebte Defensive aufzureißen. Ein Pass als Lösemittel, wobei di Maria selbst meinte, dass dieses Zuspiel gar nicht bemerkenswert gewesen sei. „Ich habe ihm einen Kackhaufen hingeworfen, und er hat es wie immer gelöst“, sagte der 125-malige Nationalspieler drastisch. Er habe keine Worte mehr, um das Glück zu beschreiben, das er habe, mit diesem Fußballer zusammenspielen zu können. „Für mich ist Leo alles. Das Wichtigste ist, dass wir ihm immer helfen.“
Beachtliche Sätze für einen, der selbst ein paar Starallüren raushängen lassen könnte. Di Maria hat bereits den Champions-League-Pokal hochgehalten, er wurde Meister in Portugal, Spanien und Frankreich. Derzeit trägt er das Trikot von Juventus Turin. Sein Arbeitspapier gilt bis zum Sommer. Einige Medien berichten bereits, dass sich ein Abschied anbahnen würde. Den Offensivspieler soll es zurück zu seinem Heimatverein ziehen, bei Rosario Central in Argentinien könnte er eine lange Karriere ausklingen lassen.
Di Maria blieb länger bei Rosario Central
Rosario, bei diesem Namen dürften viele Fans aufhorchen, hier wurde auch Lionel Messi geboren. Knapp acht Monate vor di Maria kam der berühmteste Fußballer der knapp 950.000-Einwohner-Stadt auf die Welt. Schon im Jahr 2000 zog es Messi nach Europa, der FC Barcelona war bereit, die teure Hormontherapie zu bezahlen, die er aufgrund seiner Wachstumsprobleme benötigte. Eine Investition, die in Barcelona niemand bereut haben wird. Di Maria blieb länger in Argentinien, wurde bei Rosario Central zum Profi und spielte sich dort auf die Einkaufsliste der europäischen Klubs.
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2007 entschied er sich für Benfica Lissabon, 2010 sprang di Maria bei Real Madrid auf eine noch höhere Ebene. Genau zu jener Zeit, in der Cristiano Ronaldo in Madrid alle überstrahlte. Etwa 2014 im Champions-League-Finale, als di Maria es war, der Atlético Madrids Defensive mit seinen Dribblings durchdrang. Der Argentinier wurde zum Spieler des Spiels gewählt; der eigentlich blasse Ronaldo aber verwandelte in der Verlängerung einen Strafstoß zum 4:1-Endstand, zog sich sein Trikot aus, spannte die Bauchmuskeln an. Dieses Bild prägte sich ein, nicht di Marias Leistung.
Der Argentinier wurde stattdessen bei Madrid mehr oder weniger aussortiert, begann bei Manchester United eine neue Aufgabe, ohne glücklich zu werden. Eine Saison später zog es ihn zu Paris Saint-Germain. Endlich in einer Hauptrolle, bis zwei Jahre später Neymar Schnappatmung in der französischen Hauptstadt auslöste und das Scheinwerferlicht wie ein Magnet anzog.
In der argentinischen Nationalmannschaft bleibt di Maria ohnehin nur ein Platz hinter Lionel Messi im Halbdunkel. Neid? Scheint es nicht zu geben. Beide sind befreundet und müssen nun das Kunststück vollbringen, in ihrem fortgeschrittenen Alter eine Mannschaft anzuführen, die diesmal nicht vor lauter berühmten Spielern platzt und trotzdem damit umgehen muss, dass die Fans den WM-Titel erwarten. 2021 triumphierten sie unter diesen Voraussetzungen bei der Copa America, der Südamerikameisterschaft.
Messi warnt vor Lewandowski
In Katar wird sich Argentinien jedoch steigern müssen. Polens zweimaliger Weltfußballer Robert Lewandowski wird die argentinische Defensive vor größere Probleme stellen als Mexiko. „Wir müssen mit den Extremen umgehen“, warnte Lionel Messi.
Angel di Maria, der zweitberühmteste Fußballer aus Rosario, wird am Mittwoch wieder für den großen Star arbeiten. Und den Ball möglichst in den Raum spielen, den sich Messi ausgeguckt hat. Wenn man di Maria glauben darf, genügend ja selbst Pässe von der Qualität eines Kackhaufens.