Essen. Die 15-jährige russische Ausnahmesportlerin Kamila Walijewa darf trotz Dopingverdachts aufs Eis. Das IOC blamiert sich. Ein Kommentar.

Es sind tiefdunkle Wolken, die über den Olympischen Winterspielen in Peking aufgezogen sind. Der Dopingverdacht der 15-jährigen russischen Eiskunstläuferin Kamila Walijewa ist weder geklärt noch umfassend aufgearbeitet. Doch die Entscheidung, das Wunderkind bei den Spielen unter Vorbehalt weiter um Gold springen zu lassen, stürzt Olympia ins Dilemma und rückt den Glauben an faire Wettkämpfe in weite Ferne. Mehr noch: Der Fall Walijewa reißt tiefe Gräben auf.

15-Jährige Walijewa wird trotz des Drucks aufs Eis geschickt

Möglicherweise ist Russlands Kinderstar, in dessen Blut das Herzmittel Trimetazidin gefunden wurde, nur Opfer. Der Internationale Sportgerichtshof Cas jedenfalls sieht eine besondere Schutzbedürftigkeit der Minderjährigen – und schickt sie dennoch aufs Eis, trotz des unvorstellbaren Drucks, der nun auf ihr lastet. Eine Farce.

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Es ist eine Tragödie, dass ein Kinderstar der Anlass einer absurden olympischen Zeremonie werden könnte. Es soll es keine Blumen und keine Medaillen geben, falls sich Walijewa im Eiskunstlauf-Einzel unter den besten Drei platziert. Den anderen Athletinnen aber, die mit ihr auf dem Podest gestanden hätten, wäre die Würde einer Siegerehrung genommen.

Es war eine Fehlentscheidung, Russland Gnade zu gewähren

Noch viel schlimmer aber ist der Blick auf das größere Bild. Sollte sich der Verdacht des (Kinder-)Dopings bewahrheiten, wäre der weltweite Einsatz für einen sauberen Sport erneut mit Füßen getreten. Der angeblich so vehement geführte Anti-Doping-Kampf des IOC, des Sportgerichtshofs Cas und der Welt-Doping-Agentur Wada: ein Witz. Der Olympia-Bann Russlands, dessen Flagge nicht gehisst und dessen Hymne nicht gespielt werden darf, wäre der Lächerlichkeit preisgegeben.

Was tun mit einem Land, das offenbar selbst vor dem Doping Minderjähriger nicht zurückschreckt? 2019 war die Sperre Russlands von vier auf zwei Jahre verkürzt worden, um „die nächste Generation der russischen Athleten zu ermutigen, am sauberen Sport teilzunehmen“, begründete der Sportgerichtshof damals. Die Fehlentscheidung, Russland nicht aus dem Weltsport zu verbannen, könnte die 15-jährige Kamila Walijewa nun doppelt treffen – als Opfer des eigenen Systems.