Düsseldorf. Seit Monaten liefern sich DFB-Boss Fritz Keller und Generalsekretär Friedrich Curtius einen Machtkampf. Der Burgfriede ist brüchig.
Es knirschte vernehmlich, als sich die Granden des Deutschen Fußball-Bunds in Düsseldorf versammelten. Doch das war ausnahmsweise nicht dem veritablen Machtkampf geschuldet, der in der Führungsetage des weltgrößten Sportverbands tobt, sondern dem Spieler Lukas Klostermann: Dessen Fahrer hatte die Einfahrt zum Lindner Congress-Hotel etwas zu optimistisch genommen, sodass das teure Gefährt heftig auf einer Bodenwelle aufsetzte. Immerhin: Klostermann und das Auto überstanden den Vorfall ohne sichtbare Schrammen. Bei den Beteiligten im DFB-Machtkampf ist das eher unwahrscheinlich.
In dem Hotel, in dem sich die Nationalspieler auf die WM-Qualifikationsspiele gegen Island am Donnerstag, Rumänien am Sonntag und Nordmazedonien am Mittwoch kommender Woche (alle 20.45 Uhr/RTL) vorbereiten, residiert auch die Verbands-Delegation, die in dieser Woche unter anderem die Suche nach einem neuen Bundestrainer diskutieren dürfte.
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Auch dabei dürfte es mächtig knirschen, denn das Verhältnis zwischen DFB-Präsident Fritz Keller (63) und Generalsekretär Friedrich Curtius (45) ist längst vollkommen zerrüttet. Längst bemüht sich selbst im DFB niemand mehr, einen anderen Eindruck zu vermitteln, auch nicht Oliver Bierhoff. „Dass die Außendarstellung in letzten Wochen und Monaten nicht positiv war, wissen wir auch“, sagt der DFB-Direktor. „Ansonsten steht, was die politische Führung gesagt hat, dass sie sich zusammenreißt für das Wohl des deutschen Fußballs und des DFB.“
Entlassung von Samy Hamama jüngste Eskalation
Doch so recht glaubt Bierhoff wohl selbst nicht daran, statt einer Befriedung erlebt dieser Streit ja immer neue Eskalationsstufen. Die jüngste: die Entlassung von Kellers Büroleiter Samy Hamama durch den Generalsekretär Curtius, der die Personalverantwortung im Verband trägt und die zunächst die Bild-Zeitung enthüllte. Hamama soll sich widerrechtlich Zugang zu Dokumenten verschafft und diese weitergegeben haben – und das könnte nun auch für Keller gefährlich werden.
Aber der Reihe nach: Offen sichtbar tobt der Konflikt zwischen Keller und Curtius seit Oktober 2020, die Grundlagen aber gehen wesentlich weiter zurück. Schon lange soll Curtius, der oberste Hauptamtliche im Verband, der Ansicht sein, dass ihm der Präsident zu sehr hineinrede ins Alltagsgeschäft. Keller wiederum hatte immer wieder das Gefühl, dass ihm Akten und Vorgänge vorenthalten wurden. Die Kluft zwischen den so unterschiedlichen Protagonisten wurde immer größer.
Curtius hat in der Führungsetage mächtige Unterstützer
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Hier Keller, der leutselige Winzer aus Baden, der trotz seiner vielen Jahre als Präsident des SC Freiburg kein Teil der klassischen Funktionärsriege ist. Und auf der anderen Seite der promovierte Jurist Curtius, seit 2006 im Verband und dabei auffällig oft gestärkt aus den vielen Krisen hervorgegangen. Als Reinhard Grindel stürzte und dessen Nachfolger Keller per Satzungsänderung die Richtlinienkompetenz entzogen wurde, stieg Curtius zum neuen starken Mann im Verband auf, bei dem alle Fäden zusammenlaufen.
Bei den rund 500 Mitarbeitern, denen er vorsteht, ist Curtius beliebt – so heißt es zumindest in der Verbandszentrale unter Verweis auf Umfragen. Und in der Führung hat er mächtige Unterstützer, etwa Schatzmeister Stephan Osnabrügge und vor allem den ewigen Vizepräsidenten und begnadeten Strippenzieher Rainer Koch, der das Amateurlager repräsentiert. Keller dagegen weiß die Vertreter der Deutschen Fußball Liga hinter sich, vor allem den Vizepräsidenten Peter Peters. So haben sich zwei Lager im 14-köpfigen Präsidium gebildet, von denen aber keins stark genug ist, um diesen Machtkampf endgültig zu klären.
Teure Beraterverträge und Wikipedia-Pflege
So scheiterte Keller zuletzt mit dem Ansinnen, Curtius loszuwerden – erreichte aber immerhin, dass beschlossen wurde, dass der Generalsekretär dem Präsidium künftig regelmäßig Arbeitsnachweise vorlegen muss. Vorausgegangen waren in den Monaten zuvor Merkwürdigkeiten auf beiden Seiten, es ging um ein Dienstgespräch, in das sich der Präsident eingewählt hatte, und um teure Beraterverträge, die Curtius schlecht aussehen ließen – etwa die Pflege seines Wikipedia-Eintrags für 20.000 Euro.
Und nun der geschasste Büroleiter Hamama, ein enger Vertrauter Kellers – was für diesen noch problematisch werden könnte. Die Bild berichtet, Hamama habe sich Ende 2020 widerrechtlich Zugang zu Dokumenten verschafft. Über eine Controlling-Mitarbeiterin habe er sich Zugang zu einer Rechnung des bereits erwähnten Kommunikationsberaters verschafft und diese abfotografiert. Wenig später soll diese im ZDF zu sehen gewesen sein – zu erkennen an einer speziellen Markierung.
Abschlussbericht mehrfach verschoben
Was den Vorgang für Keller noch brisanter macht: Der Spiegel zitierte aus einer Mail des Präsidenten an DFB-Funktionäre. Darin soll es heißen: Hamama habe auf seine „ausdrückliche Anweisung zum Zwecke“ der „vollständigen Information über hausinterne Vorgänge“ gehandelt, als er in der Abrechnungsdatenbank die Beraterrechnung suchte. Keller hielt die Rechnung offenbar für ein belastendes Beweisstück gegen Curtius. Hamama soll sich juristisch und über den Betriebsrat gegen seine Kündigung wehren, und nicht nur deswegen stehen dem DFB wohl weitere turbulente Tage ins Haus.
Noch immer untersucht ja die Firma Esecon diverse dunkle Themen aus der Vergangenheit, etwa die dubiosen Geldflüsse rund ums Sommermärchen. Der Abschlussbericht sollte ursprünglich Ende Januar vorlegen, wurde aber mehrfach verschoben. Auch ein Steuerstrafverfahren gegen den Verband und diverse Funktionäre läuft. Sicher ist: Allzu schnell wird der DFB nicht zur Ruhe kommen.