Dortmund. Borussia Dortmund präsentiert sich beim 2:0 gegen Bayern München in beeindruckender Form. Der Rekordmeister entwickelt hingegen Selbstzweifel.
Wer wollte, konnte am Sonntag noch mal einen Eindruck von der Euphorie erhaschen, die Borussia Dortmund derzeit erfasst hat. Da pilgerten nämlich gut 35.000 Anhänger zum Stadion, um die Mannschaft bei der Saisoneröffnung zu begrüßen und nebenbei den Gewinn des Supercups zu feiern. Nach und nach marschierten die Profis auf die Bühne, auch Rückkehrer Mats Hummels wurde mit Applaus empfangen. Was diesen sogar verleitete, sein Schweigen zu brechen. „Ich freue mich sehr, wieder hier zu sein“, sagte Hummels ins Mikrofon und ergänzte: „Wir haben ganz viele Waffen. Es wird sehr viel Spaß machen, uns zuzuschauen.“ Euphorie eben.
Kimmich tritt und meckert
Die Bayern hingegen trotteten am Samstagabend nach der 0:2 (0:0)-Niederlage im Supercup beim BVB entweder mit gesenkten Köpfen direkt in die Kabine oder klagten zuvor noch über ihre Fehler, den zu kleinen Kader und die Situation im Allgemeinen. „Meine Meinung bleibt gleich. Wir brauchen neue Spieler, die uns sofort Impulse geben“, sagte Robert Lewandowski. Joshua Kimmich, der durch einen Tritt auf den Fuß von Jadon Sancho für den größten Aufreger sorgte, haderte ebenfalls. „Es ist ein Muster, wie wir hier in Dortmund unsere Gegentore bekommen. Das ist ein Stück weit naiv, fehlende Konzentration, fehlende Qualität auch“, meckerte der Nationalspieler.
Unterschiedliche Gefühlslage bei den Branchenriesen
Knapp zwei Wochen vor dem Bundesliga-Start könnte die Gefühlslage bei den beiden Branchenriesen also kaum unterschiedlicher sein. Die Dortmunder wirken nach dem Supercup-Erfolg so stark und selbstbewusst wie schon lange nicht mehr. Am Sonntag bei der Saisoneröffnung sprachen sie alle von dem großen Ziel (Gewinn der Deutschen Meisterschaft), das sie erreichen möchten.
Auch interessant
Die Bayern hingegen haben ja eigentlich erst vor knapp zwei Monaten das Double auf dem Marienplatz bejubelt, siebenmal nacheinander haben sie zudem den Gewinn der Meisterschale mit Weißbier begossen. Und doch entwickeln sie plötzlich ungeahnte Selbstzweifel. Die Spieler fordern Neuzugänge. Präsident Uli Hoeneß steht vor dem Rücktritt. Trainer Niko Kovac wird sowieso ständig vom Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge angezählt. Jetzt hat sich auch noch Wunschspieler Leroy Sané verletzt.
Auch interessant
Dabei präsentierten sich die Münchener in Dortmund gar nicht so schwach, wie es ihre Aussagen vermuten ließen. „Bayern war sehr stark“, meinte etwa BVB-Trainer Lucien Favre. Der Rekordmeister drängte die Schwarz-Gelben häufig tief in die eigene Hälfte, erspielte sich zudem durchaus gefährliche Gelegenheiten. Doch immer wieder schmiss sich Ersatztorhüter Marwin Hitz, der den verletzten Roman Bürki (Risswunde am Schienbein) vertrat, in die Schüsse. „Wir haben ein solides Spiel gemacht“, erklärte Kovac, „doch wir haben die Bälle sehr leichtfertig verloren“.
Der Borussia boten sich dadurch Kontergelegenheiten. Beim 1:0 durch Paco Alcácer tänzelte zuvor Jadon Sancho durch die Münchener Hintermannschaft (48.). Das 2:0 erzielte Sancho selbst, nachdem ihn Raphael Guerreiro kunstvoll freigespielt hatte. Guerreiro zählt zu den Gewinnern der Vorbereitung, obwohl sich sein Abschied schon anbahnte. Sein Vertrag läuft 2020 aus. Favre betonte: „Wir hoffen, dass er bleibt.“ Demnächst sollen Gespräche geführt werden.
Kovac über den BVB: „Eine klasse Mannschaft“
Ansonsten schlichen sich während der 90 Minuten bei beiden Mannschaften viele Ungenauigkeiten und Fehlpässe ein. Bei den Dortmundern fehlten allerdings die Neuzugänge Julian Brandt (Adduktoren), Thorgan Hazard (Sprunggelenk) und der am Sonntag gefeierte Hummels (Muskel-Beschwerden). „Der BVB hat eine klasse Mannschaft“, meinte Kovac deswegen. „Aber wir haben noch zwei Wochen – und wir werden uns strecken.“
Nur Strecken, das mussten sich bislang eigentlich.