München. Nach dem 0:5 in München wurde BVB-Trainer Lucien Favre für seine Aufstellung kritisiert. Sportdirektor Zorc reagiert mit deutlichen Worten.

Diese Szene aus der 6. Minute hätte so etwas wie die Blaupause für den Auftritt von Borussia Dortmund beim FC Bayern München sein können: Marco Reus und Jacob Bruun Larsen kombinierten sich über die linke Seite nach vorne, Bruun Larsen schickte Reus hinter die aufgerückte Münchener Abwehr, der legte klug zurück auf Mahmoud Dahoud – und der traf von der Strafraumgrenze nur den Außenpfosten (6.). „So hatten wir es uns vorgestellt“, sagte Sebastian Kehl, der Leiter der Lizenzspieler-Abteilung, nach dem Spiel. „Wir wollten hinter die Abwehrkette kommen, weil Bayern dort anfällig ist. Aber davon war heute leider nicht viel zu sehen.“

Kritik an der taktischen Ausrichtung des BVB

Genau genommen nur diese eine Szene, ansonsten wurde der BVB kein einziges Mal gefährlich. Stattdessen gewannen die Bayern mit 5:0 (4:0), was auch in der Höhe absolut verdient war. Und weil seine Idee nur ein einziges Mal ansatzweise aufging, musste sich Trainer Lucien Favre nach dem Spiel kritische Fragen zu seiner Aufstellung gefallen lassen. Mittelstürmer Paco Alcácer und Linksaußen Raphael Guerreiro fehlten verletzt. Doch Favre ließ Mario Götze auf der Bank, der die Rolle des Aushilfsstürmers in der Vergangenheit zumeist sehr ordentlich ausgefüllt hatte. Stattdessen beorderte er Reus ganz nach vorne, stellte Jacob Bruun Larsen daneben und Mahmoud Dahoud dahinter. Der Trainer setzte auf maximales Tempo, auf schnelle Konter und Läufe in die Tiefe, in den Rücken der Abwehr.

Reus fehlt als Ideengeber

Doch Reus fehlte nun als Ideengeber im Mittelfeld, Dahoud erwischte wie die meisten Dortmunder einen schwarzen Tag. Und deswegen hing der Kapitän vorne in der Luft, hatte ganze 33 Ballaktionen – darunter nur eine im Strafraum, aber immerhin sechs Anstöße. „Jeder weiß, dass das nicht meine Lieblingsposition ist und ich da nicht spielen möchte“, meinte Reus. „Aber das ist keine Ausrede, jeder spielt da, wo der Trainer ihn hinstellt.“ In diesem Fall aber ging das ebenso weni auf wie die Entscheidung, Lukasz Piszczek nach wochenlanger Verletzungspause wieder als Rechtsverteidiger aufzubieten. Der Routinier hatte massive Probleme mit dem schnellen, wendigen Kingsley Coman.

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Während Kehl einen Kommentar zur Aufstellung mit dem formalen Verweis, nicht zuständig zu sein, verweigerte, mühte Sportdirektor Michael Zorc sich mit deutlichen Worten, die Diskussion im Keim zu ersticken: „Wer das Spiel an der Aufstellung oder der Formation festmacht, hat keine Ahnung vom Fußball“, schimpfte er. „Hier ging es um ganz andere Sachen. Heute hätten wir in einer 11-0-0-Formation spielen können und hätten auch 0:5 verloren.“

BVB fehlt die Courage zur konsequenten Vorwärtsverteidigung

Tatsächlich aber war es ein grundsätzlicher Mangel im Dortmunder Spiel, dass viel zu tief verteidigt wurde. Zwar nicht in einem 11-0-0, aber doch sehr nah am eigenen Strafraum, ganz ohne oder mit allenfalls halbherzigem Pressing – obwohl Trainer Favre doch ein aggressives Anlaufen verordnet hatte. „Wir wollten sie schon pressen“, sagte Reus. „Aber unsere Mannschaftsteile waren viel zu weit auseinander, so konnten wir keinen Druck ausüben.“ Immer wieder ruderte der Kapitän wild mit den Armen, forderte seine Mannschaftskameraden auf, aggressiver zu verteidigen, sich höher im Feld zu positionieren – vergeblich. Nach dem frühen Rückstand fehlte beim BVB die Courage zur konsequenten Vorwärtsverteidigung. „Wenn du nach 17 Minuten 0:2 zurückliegst, ist es schwer“, musste auch Reus erkennen.