Gelsenkirchen. Schalke freut sich über die Entwicklung des Talents Ahmed Kutucu. Der 18-Jährige ist ein Gelsenkirchener. Jetzt darf er gegen die Bayern spielen.
Haverkamp, ein etwas in die Jahre gekommener Teil von Gelsenkirchen-Bismarck, irgendwo zwischen A42 und Zeche Consol: Hier wohnte Schalkes legendärer Rechtsaußen Stan Libuda. Und hier lernte der neue Shootingstar des Bundesligisten das Fußballspielen: Ahmed Kutucu. Eben noch stürmte der 18-Jährige für die U19, heute läuft er für die Profis auf – im Spiel beim großen FC Bayern (18.30 Uhr/Sky).
Seit seinem zwölften Lebensjahr trägt Kutucu Königsblau. Bereits jetzt, in seinem letzten Jahr in der „Knappenschmiede“, zählt er aufgrund der Verletzungsmisere im Sturm regelmäßig zum Profi-Aufgebot. Zwei Pflichtspieltore gelangen ihm schon, zuletzt beim 4:1 im DFB-Pokal gegen Fortuna Düsseldorf.
Kutucu bleibt auf dem Boden
Wie verkraftet der junge Deutsch-Türke den rasanten Aufstieg? Besteht die Gefahr, dass er abheben könnte? Schalkes Manager Christian Heidel sagt: „Natürlich weiß man nie, wie sich ein Spieler entwickelt, aber momentan bleibt er total auf dem Boden.“ Als es vor einer Woche darum ging, einen Tag nach dem Bundesligaspiel gegen Borussia Mönchengladbach (0:2) für die U19 gegen den 1. FC Köln zu spielen, sagte Kutucu sofort zu. „Der hat nicht gesagt: ,Ich will da nicht mehr hin, ich bin jetzt Profi!’ Daran erkennt man vieles“, sagt Heidel.
Seit zwei Wochen ist Kutucu offiziell Profi, er unterschrieb einen Vertrag bis zum 30. Juni 2022. Am Freitag titelte „Bild“: „Kutucu spielt in München vor“. Eine Schlagzeile, die Heidel so kommentiert: „Der Name Bayern München ist kein einziges Mal gefallen. Und ich glaube auch nicht, dass die Bayern an Ahmed dran waren.“ Einen vorzeitigen Ausstieg müsse niemand befürchten: „Ich spreche nicht über Vertragsinhalte, aber da muss sich keiner Gedanken machen.“
„Das kann Signalwirkung haben“
Sky-Experte Dietmar Hamann lobt im Gespräch mit dieser Zeitung Schalkes Plan, Eigengewächse ins kalte Wasser zu werfen. „Ich finde es gut, dass Schalke auf die eigene Jugend setzt. Das muss der Weg sein. Wenn du ein Nachwuchs-Leistungszentrum hast und dort viel investierst, dann musst du die Jungs auch reinschmeißen“ Hamann gibt zu bedenken: „Wenn Schalke demnächst einen 16-Jährigen anspricht und zu sich in die Jugend holen will, dann lässt sich weitaus besser damit argumentieren, dass ein Ahmed Kutucu in der Bundesliga seine Einsätze bekommt. So etwas kann Signalwirkung für andere Talente haben.“
Was der Ex-Nationalspieler ebenfalls positiv bewertet, ist die Tatsache, dass Schalkes sportliche Leitung auf die schulische Laufbahn des Angreifers achtet. „Ganz wichtig ist, dass Kutucu trotz allen Ehrgeizes die Schule nicht vernachlässigt. Schalke sorgt dafür, dass er genug Freiraum hat, um sein Abitur zu machen.“
Noch ist Kutucus Weg nicht vorgezeichnet
Lernen muss Kutucu auch fußballerisch noch einiges. „Ich betone immer wieder, dass ich mit seiner Ausbildung noch nicht ganz fertig bin“, sagte Schalkes legendärer U-19-Trainer Norbert Elgert im Gespräch mit dieser Redaktion. Schalke aber lechzt nach einem neuen Leroy Sané, nach einem neuen Julian Draxler. Nach sechs Pflichtspielen bei den Profis ist jedoch noch nicht vorhersehbar, ob Kutucu einen solchen Weg überhaupt einschlagen kann – oder ob er zurückfällt, wenn lange verletzte Stürmer wie Breel Embolo oder Guido Burgstaller wieder fit sind.
Christian Heidel bittet trotz aller positiven Ansätze um Geduld. „Lasst ihn sich in Ruhe entwickeln“, sagt er über den Jungen aus dem Haverkamp, dessen Vater 33 Jahre lang als Bergmann arbeitete. Ahmed, geboren in Gelsenkirchen, küsste nach seinem Tor am Mittwoch das Wappen auf dem Trikot. „Es war mein Traum, in der Arena zu spielen und hier ein Tor zu erzielen“, sagte er. Heute geht der nächste Traum in Erfüllung – ein Spiel gegen den großen FC Bayern.