Nürnberg. Der Bundestrainer hat erkannt, dass der Schlendrian Einzug in das Spiel seiner Nationalmannschaft gehalten hat. Diese Haltung der Profis störte ihn im Spiel gegen Gibraltar so sehr, dass er sie nach der EM-Qualifikationspartie maßregelte. Nach dem Spiel am Dienstag in Spanien soll nicht der Stolz auf den WM-Titel, sondern die Gier nach neuen Erfolgen überwiegen. Ein Kommentar

Joachim Löw ist nicht der Typ Trainer, der sich, um die eigene Haut zu retten, beim kleinsten Anflug von Unzufriedenheit im Umfeld von seinen Spielern distanziert. Der Bundestrainer vermittelt vielmehr die Überzeugung, dass Harmonie in der Gruppe ein bedeutender, sogar unerlässlicher Baustein für ein stabiles Erfolgsgebilde ist. Umso bemerkenswerter sind seine Worte vor dem letzten Länderspiel des Jahres zu werten. Sauer wie selten zuvor reagierte er auf die Darbietungen seiner hochdekorierten Auswahl beim dürftigen 4:0 gegen den Fußballwinzling Gibraltar. Die Mannschaft habe „die Forderungen nicht erfüllt“, grummelte er, und allein dieser Satz ließ sich leicht über den Abend von Nürnberg hinaus auf die gesamte Zeit nach dem berauschenden WM-Titelgewinn beziehen.

Es sei ja zu erwarten gewesen, dass die Spannung nach so einem Erfolg „auch mal abfallen“ würde, sagte Löw. Es seien die Probleme aufgetreten, mit denen er gerechnet habe: „Wir stehen in der EM-Qualifikation nicht da, wo wir stehen wollen.“ Noch mehr als die ernüchternden Ergebnisse, das 0:2 in Polen und das späte 1:1 gegen Irland, scheint ihn aber die Haltung der Spieler bei der ungleichen Partie gegen Gibraltar gestört zu haben. Es fehlte ihnen erkennbar an Leidenschaft und Überzeugung, stattdessen spielte der Schlendrian mit.

Wo Weltmeister draufsteht, ist seit Monaten nicht mehr Weltmeister drin

Mit der Mannschaft, die sich im Sommer in Brasilien auf am Ende beeindruckende Weise mit dem Titel krönte, lässt sich das derzeitige DFB-Team nicht nur personell kaum noch vergleichen. Löw hat das Pro­blem erkannt und will es spätestens 2015 beseitigen. Er kündigte Konsequenzen an, will neue Reizpunkte sitzen. Auf den WM-Titel soll sich keiner mehr etwas einbilden dürfen. Löw hat vor, unter 2014 einen klaren Schlussstrich zu ziehen.

Vorher aber soll am Dienstagabend noch ein versöhnlicher Jahresabschluss gelingen. Spanien gegen Deutschland – da stehen sich zwei Giganten des Weltfußballs gegenüber. Ein hübsch verpacktes Paket, dessen Inhalt aber zumindest aus deutscher Perspektive an Attraktivität verloren hat. Denn wo Weltmeister draufsteht, ist seit Monaten nicht mehr Weltmeister drin.