Essen. Afrikas Fußballverband sucht einen neuen Gastgeber für den Afrika-Cup. Marokko hatte Angst vor einer Ebola-Epidemie, weigerte sich das Turnier auszurichten und wurde vom Verband ausgeschlossen. Die Diskussion, ob für Sportler und Fans akute Gefahr besteht, beschäftigt nicht nur den Fußball-Verband.

Pierre-Emerick Aubameyang und Eric-Maxim Choupo-Moting sind als Fußballer der rivalisierenden Ruhrgebiets-Klubs Borussia Dortmund und FC Schalke 04 gewissermaßen natürliche Gegner, aber was den Umgang mit der Ebola-Gefahr beim Afrika-Cup angeht, treten die beiden bemerkenswert einträchtig auf. „Ich habe Lust auf das Turnier, auch wenn es gut wäre, es würde nicht im Januar stattfinden“, sagt der Kameruner Choupo-Moting, und Aubameyang, der für Gabun spielt, erklärt im „Kicker“: „Vielleicht wäre es besser, das Turnier in den Juni zu verschieben. Dann könnte man die Entwicklung der Epidemie länger und genauer beobachten.“

Das klingt vernünftig, doch obwohl sich das ursprüngliche Gastgeberland Marokko angesichts der in Westafrika wütenden Epidemie weigert, das Turnier vom 17. Januar bis zum 8. Februar 2015 auszurichten, wird der Wunsch nach einer zeitlichen Verlegung nicht in Erfüllung gehen. Auf einer Sitzung des Exekutiv-Komitees des Afrikanischen Fußballverbandes (CAF) führte die Verweigerungshaltung der Marokkaner sogar zum Eklat. Das Turnier wurde dem Land entzogen und die Mannschaft aus dem Teilnehmerfeld gestrichen.

„Wir befinden uns in Afrika, und wir kennen unseren Kontinent besser als alle anderen“, sagt CAF-Präsident Issa Hayatou. „Wenn wir das Turnier verlegen würden, würden wir die Tür für jeden öffnen, der eine Veranstaltung verschieben will, wir wären nicht länger glaubwürdig“, so der Präsident, der die Ebola-Angst unbegründet findet. „Dieses Argument muss sofort gelöscht werden“, sagt Hayatou.

Verband will nicht verschieben

Und tatsächlich, das sagen Gesundheitsexperten einhellig, wären Sportler, Fans, Funktionäre, Delegationsmitglieder, Spieleragenten und Journalisten, die so ein Turnier begleiten, im Januar in Marokko eher nicht von der furchtbaren Krankheit bedroht. „Man muss bedenken: Jemand, der Ebola hat und ansteckend ist, der ist wirklich krank“, sagt Andrea Ammon, die stellvertretende Direktorin des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten. „Solche Menschen würden nicht reisen oder sich unter die Leute mischen, weil sie das einfach nicht können.“

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Deshalb rät auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bislang nur in Sierra Leone, Guinea und Liberia, den drei am schwersten von der Epidemie betroffenen Ländern, davon ab, Massenveranstaltungen zu genehmigen. „Die Empfehlung ist ganz klar“, sagt CAF-Generalsekretär Hicham El Amrani, außerdem sei es bisher immer „gelungen, den Wettbewerbskalender aufrecht zu erhalten, trotz Revolutionen, Krankheiten und Kriegen“. Der Verband will eine Massenerkrankung in weit über tausend Kilometern Entfernung keinesfalls als Grund akzeptieren, sein wichtigstes Turnier so kurzfristig zu verschieben.

Finanzielle Schäden befürchtet

Die Angst der Marokkaner beruht allerdings nur zum Teil auf dem Szenario, dass der Afrika-Cup zu einem gefährlichen Ebola-Herd werden könnte, über den sich dann viele Menschen im ganzen Land infizieren könnten. Schon ein Infizierter, der sich in einem marokkanischen Krankenhaus behandeln ließe, wo sich möglicherweise Ärzte oder Pflegepersonal ansteckten, könnte massive weitere Schäden anrichten. Marokko ist ein Reiseland, der Ruf einer Ebola-Nation wäre fatal. Deshalb spricht Sportminister Mohamed Ouzzine von einer „historischen Verantwortung“, der er gerecht werden müsse, schließlich ist der Tourismus mit einem jährlichen Volumen von sieben Milliarden US-Dollar eine der tragenden Säulen des marokkanischen Wohlstandes.

Entscheidung soll in den nächsten Tagen fallen

Auf der anderen Seite geht es auch um die Handlungsfähigkeit des Kontinentalverbandes. Der Afrika-Cup ist die wichtigste Einnahmequelle für die CAF, die in arge Nöte geriete, wenn die TV- und Sponsoreneinnahmen für das Turnier erst Monate später auf die Konten fließen würden. „Der finanzielle Schaden wäre zu schwerwiegend, als dass man das Turnier einfach absagen könnte“, erläutert der im Exekutivkomitee sitzende Kongolese Constant Omari. So gesehen blieb der CAF nach Marokkos Bitte um zeitliche Verlegung kaum eine andere Wahl, als nach anderen Gastgebern zu fahnden.

Bis Mittwochnachmittag hatte sich keines der angeblich interessierten Länder öffentlich zu erkennen gegeben. „In den nächsten Tagen“ werde eine Entscheidung fallen, sagt Präsident Hayatou. Süd­afrika und Ghana stehen nicht zur Verfügung. Logistisch zur Ausrichtung in der Lage wären außerdem Angola, Algerien, Ägypten, Nigeria und vielleicht Gabun. In jedem Fall können die Teams, die in diesen Tagen ihre letzten Qualifikationsspiele austragen, sich schon auf eine ziemlich improvisierte Veranstaltung gefasst machen.