Los Angeles. . Dieses Jahr wird ein entscheidendes für die Videospieleindustrie. Sind die Kunden weiterhin bereit, viel Geld in Konsolenspiele zu stecken oder geben sie sich mit günstigen Spielen fürs Smartphone zufrieden? Den Großen der Branche wäre ersteres lieber. Das zeigt sich sehr deutlich auf der Spielemesse E3 in Los Angeles.
Über Los Angeles scheint die Sonne. Knapp 28 Grad ist es und fast wolkenlos. Ein wunderbarer Tag. Nur in der Convention Hall geht die Welt unter. Immer wieder und in verschiedenen Versionen. Überall lauert das Verbrechen, wird gemordet und gemeuchelt. Von den Monstern und Drachen mal ganz zu schweigen. Kalt ist es dort drinnen auch. Trotzdem drängeln sich am Dienstagmittag (Ortszeit) Tausende vor den Türen. Und als sie endlich eingelassen werden, da jubeln sie auch noch lautstark. Was auf der Hannovermesse oder der CeBit ja eher selten vorkommt. Aber das hier ist die E3, quasi die international Ausgabe der Gamescom, und damit die größte Video- und Computerspielmesse der Welt. Und da ist einiges anders.
Die Messe hat die Stadt fest in der Hand. Ganze Wolkenkratzerfronten haben sie mit Plakaten beklebt und viele Busse sowieso. Ja selbst die Türkarten für das Hotel gibt es in Spezial- Editionen, die Werbung machen für eines der vielen neuen Spiele. Und sogar auf den Badezimmerspiegeln in den Zimmern prangt plötzlich eine Werbebanner. Es ist allerdings auch eine ganz besondere E3.
Eine wahre Flut an Blockbuster-Spielen
Denn 2013 wird wohl ein entscheidendes Jahr für die Spiele-Industrie weltweit werden. Das Jahr, in dem sich entscheidet, ob die Leute noch bereit sind, wirklich viel Geld für Konsolen und die dazugehörigen Programme auszugeben. Oder ob es ihnen reicht, für ein paar Cent regelmäßig neue Spiele für ihr Smart phone oder ihren Tablet-PC herunterzuladen oder kostenlose Angebote aus dem Internet. Gerade eben haben Microsoft und Sony ihre neuen Konsolen vorgestellt. Und wenn die nicht wesentlich besser laufen als Nintendos WiiU, dann sieht es düster aus.
Damit daran niemand denkt in diesen Tagen, feuern nicht nur die beiden großen Rivalen aus vollen Rohren. Passend zu den Next-Generation-Konsolen wird im Spätsommer und Herbst eine wahre Flut von sogenannten Blockbuster-Spielen erscheinen. Mit leicht bekleideten Mädchen wird an den Ständen dafür ebenso geworben, wie mit Statisten in Fantasy-Gewändern. Überall flackern Lichter, an vielen Ständen lassen extra engagierte DJs fette Bässe aus den Boxen wummern. Wirklich lustig aber geht es trotzdem nur selten zu.
Bei Capcom etwa haben sie ein paar Laiendarsteller geschminkt und in eine umzäunte Hinterhof-Kulisse gesteckt, wo sie wütende Zombies geben. Das dazugehörige Spiel heißt „Dead Rising 3“ und ist - vorsichtig ausgedruckt - nichts für zart besaitete Menschen.
Im Kampf gegen Untote greift nämlich ein neuer und ziemlich humorloser Held namens Nick gerne auf grobes Handwerkszeug zurück und lässt gegen das Böse von der Kettensäge bis zum Vorschlaghammer kaum etwas aus, was ein gut sortierter Haushalt im Angebot hat. Was zwei Amerikaner nach kurzem Probespielen „pretty cool“ finden, Jugendschützer in Deutschland allerdings anders sehen werden. Unter 18 wird man die Zombies zwischen Kiel und Konstanz wohl kaum vertreiben können.
Ein Wiedersehen mit vielen alten Bekannten
Überhaupt geht es recht gewaltig zu in den Videospielen Jahrgang 2013. Vielleicht aber fällt es auch nur mehr auf, weil die Darstellung der neuen Konsolen-Generation immer realistischer wird. Farbenfroher wird sie in vielen Fällen nicht.
An Endzeitstimmung und Düsternis herrscht jedenfalls kein Mangel in diesem Jahr. So flattert Bruce Wayne – auch keine Ausgeburt an Fröhlichkeit - am 25.Oktober in „Batman: Arkham Origins“ wieder über die Bildschirme. Und ein paar Monate später bittet „Mad Max“ in eine postapokalyptische Welt. Die ist – zumindest auf den neuen Konsolen – riesig, eine Open World, wie es neudeutsch gerne heißt. Die schnellen Prozessoren der neuen Konsole machen es möglich. Wer darauf nicht warten möchte und eine PS3 besitzt, sollte einen Blick auf das am Freitag erscheinende „The Last Of Us“ werfen, wo von einem unbekannten Virus infizierte Menschen zu wilden Gestalten mutieren. „I am Legend“ mit Will Smith lässt grüßen.
Ansonsten wird es in den kommenden Monaten ein Wiedersehen mit vielen alten Bekannten der Videospielszene geben. „Assassin’s Creed“ geht mit „Black Flag“ Ende Oktober in eine neue Runde, „Halo 5“ erscheint 2014 exklusiv für die Xbox One und „Final Fantasy“ hat mittlerweile schon die Zahl 14 mit im Titel stehen. Unnötig zu erwähnen, dass auch „Call Of Duty“ und „Battlefield“ mit neuen Versionen auf den Markt kommen. Und auch jemand, mit dem man schon gar nicht mehr gerechnet hat, geht endlich wieder auf Raubzug. Square Enix veröffentlicht ein neues Abenteuer von Meisterdieb Garrett. „Thief“ erscheint für den PC und die neuen Konsolen. Das lässt den Langfinger grafisch glänzen. Dennoch scheint das Spiel dem Stil der Vorgänger treu zu bleiben.
„Gran Turismo 6“ kommt erst einmal nur für die Playstation 3
Wer lieber die Sportschuhe schnürt, statt zur Waffe seines Vertrauens zu greifen, wird in den kommenden Monaten ebenfalls gut versorgt. Sowohl „FIFA“ als auch „Pro Evolution Soccer“ sehen so gut aus wie nie, verlangen aber auch von alt gedienten Spielern etwas Eingewöhnung. Auch weil die Ballphysik – besonders bei „FIFA 14“ – so echt wie nie wirkt.
Einen sportlichen Wettkampf gibt es 2013 endlich auch wieder auf dem Basketball-Feld. Erstmals seit Jahren bietet EA mit „NBA 14“ dem Platzhirschen „NBA 2014“ Paroli.
Spannend wird es für Menschen mit Blei im Blut. Denn neben einem neuen „Need For Speed“ – Untertitel „Rivals“ – wird es auch ein neues „Grand Turismo“, nämlich Teil 6, geben – erst einmal nur für die PS3. Eine Version für Playstation 4 soll später nachgeschoben werden. Microsoft dagegen setzt voll auf seine neue Konsole und bietet „Forza 5“ nur für die Xbox One an. Verständlich, dass Autos und Strecken einfach fantastisch aussehen.
Spiele für die ganze Familie lassen sich auch finden in Los Angeles. Die meisten – wie erwartet – bei Nintendo. Aber auch hier sind es überwiegend bewährte Kräfte, die um Käufer buhlen. Mario steigt erneut ins Kart, und trainiert werden darf vor dem Bildschirm auch wieder. Natürlich jetzt alles auf der WiiU. Der Zauber der letzten Jahre aber will sich rund um den Stand nicht mehr einstellen. Viele Besucher? Fehlanzeige. „Hier konnte ich“, wundert sich ein Besucher, „sofort spielen. Bei Microsoft und Sony musste ich zwei Stunden auf einen freien Platz warten.“