Oberhausen. In Oberhausen feiert die CDU den Wahlkampfendspurt mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Der heizt der Arena durchaus ein - und schimpft vor allem auf einen.

Friedrich Merz zieht nicht einfach nur ein. Nein, die CDU lässt das Publikum in der Arena Oberhausen mit körper-durchtreibenden Bässen und einer futuristischen Lichtschau geradezu stillstehen, eh ihr Kanzlerkandidat unter großen petrolfarbigen Bannern mit eigenem Konterfei in die Halle kommt. Vier Minuten lang wird Merz unter rhythmischem Applaus begrüßt, 3500 Parteimitglieder stehen von ihren Plätzen auf, winken mit „Merz“-Schildern, filmen mit den Handys, was geht. Auf der Bühne reckt der Kandidat die Daumen kurz in die Luft – dann setzt er sich erst einmal in der ersten Reihe der Arena hin.

Wahlkampfendspurt haben es die Christdemokraten genannt, was sich an diesem Freitagabend in Oberhausen abspielt. Es ist nicht der Wahlkampfabschluss für den Kanzlerkandidaten – der findet traditionell in München an der Seite der CSU statt. Der Höhepunkt im NRW-Wahlkampf darf als Kompromiss in Richtung Bayern und als Kampfansage an die SPD verstanden werden: Das Ruhrgebiet wird immer noch als letzte Bastion der Sozialdemokratie verstanden. Dass Kanzler Olaf Scholz am Freitagabend in Dortmund auftritt, folgt daher fast schon einer Art Tradition. Für Oberhausen ist solch eine CDU-Großveranstaltung eher die Ausnahme.

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Und es ist eine gewaltige Wahlkampfshow, die die NRW-CDU da für ihren Kandidaten auf die Bühne bringt. Bassgetriebener Gardetanz in funkelnden Kostümen, artistische Jugendtanzgruppen, dazu launige Popmusik von der Liveband und zwischendurch noch ein Geburtstagsständchen für eine Neunjährige, die vor Vertretern der CDU aus allen Landesteilen von NRW und allerhand Politprominenz getanzt hat.

Schlussspurt: Friedrich Merz in Oberhausen
Merz-Banner in der Arena Oberhausen: Rund 3500 Mitglieder aus allen Landesteilen von NRW sind ins Ruhrgebiet gekommen. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Großformatig werden immer wieder Wahlkampfvideos auf der bühnengroßen Leinwand eingespielt und sogar Videobotschaften von ausländischen Regierungschefs gezeigt. Dass dabei ausgerechnet der griechische Ministerpräsident über die wirtschaftlichen Nöte Deutschlands sprechen darf, wird ihm wohl nicht allzu schwergefallen sein.

Für die Wahlkämpfer soll der Abend auch als ein Dankeschön für den kurzen und harten Winterwahlkampf verstanden werden. Lange bevor Friedrich Merz die Bühne der Oberhausener Arena betreten wird, feiert eine Gruppe Männer aus Ostwestfalen am Bierstand im Vorraum, dass sie die vergangenen Wochen hinter sich gebracht haben. Sie fachsimpeln über die schlechten Sichtverhältnisse von Plakaten im Winter, über den schwierigen Haustürwahlkampf in der dunklen Jahreszeit und überbieten sich mit Prognosen zum Wahlergebnis, die über den aktuellen Umfragen liegen. Man ist siegessicher und guter Stimmung.

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Ein Bauunternehmer aus Oberhausen steht auf: „Das sind Leute, die das Land am Laufen halten“

Auch im Saal sollen die Mitglieder zu Wort kommen. NRW-Generalsekretär Paul Ziemiak spricht mal mehr, mal weniger abgesprochen mit dem Mikro Menschen aus den vorderen Reihen an, gibt den Stadtchefs von Oberhausen und Essen die Chance, eine Bundespolitik zu fordern, die mehr auf die Kommunen achte. Einen Bauunternehmer aus Oberhausen lässt Ziemiak gleich aufstehen und von der gesamten Halle beklatschen: „Das sind Leute, die das Land am Laufen halten.“

Schlussspurt: Friedrich Merz in Oberhausen
Der Sauerländer Friedrich Merz spricht fast eine Dreiviertelstunde in der Arena Oberhausen, nennt Kernforderungen zu Wirtschaft, Sicherheitspolitik und auch zum Bürgergeld. Leistung müsse sich wieder lohnen. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Und Merz: Lässt sich von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, der lange als parteiinterner Konkurrent galt, als genau den Bundeskanzler ankündigen, den Deutschland in „dieser Zeit“ brauche. Nachdem Merz zuletzt in TV-Formaten eher gewirkt hat, als wolle er ja keine Fehler machen, greift er in seiner Rede am Freitag zu schärferen Tönen. Gott sei Dank sei die Zeit der Ampel vorbei, sagt er da, und lässt insbesondere an der Wirtschaftspolitik von Robert Habeck (Grüne) kaum ein gutes Haar.

Nach fast 45 Minuten Rede marschiert eine Kapelle mit „Rocky“-Song ein

Fast eine Dreiviertelstunde lang spricht Merz über Kernforderungen zur Wirtschaft, Sicherheitspolitik und zum Bürgergeld. Leistung müsse sich wieder lohnen. Er zieht immer wieder historische Vergleiche - etwa zu den prägenden früheren Bundeskanzlern Konrad Adenauer und Helmut Kohl. Die Wahl am Sonntag sehen viele an diesem Abend in Oberhausen schon als gewonnen an: Merz nennt die kommende Wahlperiode angesichts der Krisen und Konflikte und auch mit Blick auf den Regierungswechsel in den USA die herausforderndste – und will in Oberhausen zeigen, dass er sich dafür bereit fühlt.

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Von Ruşen Tayfur, Nadine Gewehr, Stephanie Weltmann und Theo Körner

Migration, das große Thema der vergangenen Wochen, nimmt überraschend wenig Raum ein. Es sei auch künftige Aufgabe, die AfD wieder zu einer „Randerscheinung“ der Politik zu machen, sagt Merz, der zuletzt enorme Kritik dafür eingesteckt hat, einen Antrag im Bundestag nur mit Stimmen der AfD durchgebracht zu haben. Auch vor der Arena Oberhausen wurde am Freitag deshalb zu einer Demonstration aufgerufen. Drinnen sagt Merz, Deutschland müsse offen bleiben für Zuwanderung in den Arbeitsmarkt. Die irreguläre Migration aber sei seit zehn Jahren zu hoch.

Auf seine Rede folgt vierminütiger Applaus samt Sprechchören und als wäre das nicht genug, marschiert dann auch noch eine Kapelle mit dem Titelsong des Boxerfilms „Rocky“ ein. Der Ton ist gesetzt.