Essen. Ärzte behandeln in NRW immer mehr Menschen wegen Kokainmissbrauchs. Der Barmer-Report nennt Hintergründe und wer betroffen ist.

Immer mehr Menschen in NRW sind wegen Kokainmissbrauchs in ärztlicher Behandlung. Das geht aus einer aktuellen Auswertung des Barmer Instituts für Gesundheitssystemforschung hervor. Demnach gab es im Jahr 2019 landesweit 10.590 behandelte Patientinnen und Patienten und im vergangenen Jahr 15.280 – das entspricht einem Anstieg von 44 Prozent. Blickt man auf die vergangenen zehn Jahre zurück, sind die Behandlungszahlen sogar um rund 200 Prozent gestiegen.

NRW war 2023 Spitzenreiter mit weitem Abstand zu Niedersachsen auf Platz zwei (7.760). In Nordrhein-Westfalen leben aber auch mehr als doppelt so viele Menschen.

Auffällig ist indes, dass die Zahl der Behandlungsfälle im Bundesland mit der zweitgrößten Bevölkerung, in Bayern, mit 4150 deutlich geringer ausfällt als in NRW. Bundesweit lag die Anzahl im Jahr 2023 bei rund 65.000 Patientinnen und Patienten, ein Plus von 230 Prozent im Vergleich zu 2013. 

João Rodrigues, Landeschef der Barmer in NRW, spricht von einer beunruhigenden Entwicklung. „Das wahre Ausmaß wird noch viel größer sein, da wir nur den Bruchteil der Betroffenen in ärztlicher Behandlung sehen“, so Rodrigues. Er verweist auf die aktuelle bundesweite Kriminalitätsstatistik, nach der die Zahl der Kokaindelikte im Vergleich von 2022 zu 2023 um gut 27 Prozent gestiegen sei und einen neuen Höchststand erreicht habe.

Wie aus dem Barmer-Atlas weiter hervorgeht, waren im vergangenen Jahr in NRW rund 12.010 Männer und 3.270 Frauen wegen Kokainkonsums in Behandlung. Besonders häufig waren Männer zwischen 20 und 39 Jahren sowie 40 und 59 Jahren betroffen.

Rodrigues erinnert daran, dass Kokain häufig als Leistungsdroge bezeichnet werde. „Der vergleichsweise starke Kokainkonsum bei jungen Männern könnte auf einen massiven Leistungsdruck hindeuten, dem sie sich offenbar ausgesetzt sehen“, so der Kassenmanager.


 
Joao Rodrigues, Landesgeschäftsführer der BARMER in Nordrhein-Westfalen

„Der vergleichsweise starke Kokainkonsum bei jungen Männern könnte auf einen massiven Leistungsdruck hindeuten, dem sie sich offenbar ausgesetzt sehen.“

João Rodrigues
Landeschef der Barmer in NRW

In ganz jungen Jahren oder im Alter spiele Kokain als Suchtmittel hingegen nur eine untergeordnete Rolle. Jüngere Menschen hätten häufig nicht die finanziellen Mittel, um sich die teure Droge zu beschaffen. Hier sei der Konsum von Cannabis eher verbreitet. Bei älteren Menschen stünden der Alkohol- und Medikamentenmissbrauch im Vordergrund. stew

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