Essen. Wollen Sie im Internet ewig leben? Wenn nicht, regeln Sie ihren Digitalen Nachlass. Sonst können Ihre Erben große Probleme bekommen.
An Haus und Geld wird meist gedacht im Testament, der digitale Nachlass aber wird oft vergessen. Dabei wird er bei vielen Menschen immer umfangreicher. Hier ein Zugang bei Netflix, da einer bei Spotify. Und da haben wir noch gar nicht von den Kundenkonten bei Ebay oder Amazon gesprochen. Oder von all den Mails in Ihrem Postfach oder den Fotos, die in der Google-Cloud gespeichert sind. Kann man all das vererben? Und wenn ja, wie kommen die Erben an die Daten? So regeln Sie Ihren digitalen Nachlass.
Was gehört eigentlich genau zum digitalen Nachlass?
Unter dem „Digitalen Nachlass“ werden alle elektronischen Daten eines Verstorbenen verstanden, die entweder auf Datenträgern oder im Internet gespeichert sind. Dazu gehören zum Beispiel alle gespeicherten Daten auf Geräten wie Laptop, Handy, USB-Sticks aber auch Profile in Sozialen Netzwerken.
Kann man das alles überhaupt vererben?
„Ja“, sagt der Bundesgerichtshof. 2018 haben die Karlsruher Richter in einem Grundsatzurteil entschieden, dass auch der digitale Nachlass eines Menschen vererbbar und zu behandeln ist wie der übrige Nachlass des Verstorbenen. Die digitalen Daten gehen demnach im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge kraft Gesetz auf den Erben über. Achtung: Der digitale Nachlass umfasst nicht nur gespeicherte Daten, sondern auch online geschlossene Verträge – zum Beispiel mit Versandhändlern, Reiseanbietern oder Auktionsplattformen. Sie enden nicht einfach, nur weil der oder die Kundin verstorben ist, sondern müssen möglichst zeitnah gekündigt werden.
Gibt es Ausnahmen von der Vererbbarkeit?
Ja. E-Books können oft nicht vererbt werden. Das hat mit den allgemeinen Geschäfts- oder Nutzungsbedingungen der Anbieter zu tun. Dort steht meist, dass derjenige, der sich ein E-Book herunterlädt, lediglich ein einfaches Nutzungsrecht erhält, das er nicht übertragen darf. Ähnlich sieht es bei online gekauften Filmen von Amazon, Apple und Co. aus, die fest mit dem Account verknüpft sind. Auch bei ihnen verfällt die Nutzungserlaubnis.
Wie komme ich denn an die vererbten Daten?
Genau das ist in vielen Fällen das große Problem. Nutzen Sie das Internet, kommen Sie kaum ohne Passwörter aus. Hat die verstorbene Person sich an die Tipps von Sicherheits-Experten gehalten, können Sie als Erbe diese Passwörter in den meisten Fällen nicht einfach erraten – es sei denn, Sie sind nebenberuflich Hacker. Dann können Sie nur hoffen, dass es im Testament oder irgendwo anders eine Liste mit den Zugangsdaten zu den digitalen Diensten gibt. Viele Menschen scheuen sich allerdings aus Sicherheitsbedenken davor, so eine Liste anzulegen oder haben selbst den Überblick über ihre Online-Aktivitäten verloren.
Was mache ich dann als Erbe?
Erben sollten als Erstes versuchen, sich einen Überblick über Konten und genutzte Dienste zu verschaffen. Hilfreich ist es dabei, wenn man Zugang zum E-Mail-Konto bekommt. Aus den dort gespeicherten Nachrichten lassen sich oft Mitgliedschaften und Zugänge herausfinden. Im Anschluss müssen sich Erben dann direkt an die einzelnen Anbieter wenden, um Social-Media- und andere Konten zu schließen. Das ist zeitaufwändig und nervenaufreibend – schon weil jeder Anbieter andere Bedingungen für die Auflösung eines Kontos hat. Einen Tipp gibt es trotzdem: Kann man einen Erbschein vorweisen, wird die Sache einfacher. Problem dabei: Bis man diesen Schein hat, können oft Wochen, wenn nicht gar Monate vergehen.
Das klingt tatsächlich sehr aufwändig. Wie kann ich meinen Erben diese Mühe ersparen?
Das ist eigentlich ganz einfach. Wichtig ist, dass Sie die von Ihnen genutzten Zugangsdaten – also E-Mail-Adressen, Nutzernamen und Passwörter – frühzeitig für Angehörige, Erben oder andere Personen auflisten und sicher hinterlegen. Viele Verbraucherberatungen haben dafür Musterlisten erstellt.
Was mache ich mit dieser Liste?
Deponieren Sie die Passwortliste an einem sicheren Ort. Verbraucherschützer schlagen da gerne „Tresor oder Schließfach“ vor. Das ist natürlich richtig, doch viele Menschen haben weder das eine noch das andere. Bestimmen Sie deshalb eine Person Ihres Vertrauens zu Ihrem Bevollmächtigten und digitalen Nachlassverwalter. Am besten machen Sie das in einer Vollmacht, die „über den Tod hinaus“ gilt. Regeln Sie in der Liste auch detailliert, wie mit welchem Konto und dessen Daten umgegangen werden soll. Vergessen Sie dabei nicht die Daten auf ihren Endgeräten – also auf Computer, Smartphone oder Tablet. Haben Sie das alles erledigt, übergeben Sie die Vollmacht an Ihre Vertrauensperson und informieren Sie Ihre Angehörigen darüber, dass Sie Ihren digitalen Nachlass auf diese Weise geregelt haben.
Gibt es nicht auch Firmen, die sich um digitale Nachlässe kümmern?
Die gibt es tatsächlich. Die Sicherheit solcher Anbieter lässt sich laut Verbraucherzentrale allerdings nur schwer beurteilen. Und sie arbeiten natürlich nicht kostenlos. Ganz wichtig: Geben Sie kommerziellen Anbietern niemals ihre Passwortliste.
Ist das eigentlich erlaubt, sich mit fremden Daten anzumelden, um sich abzumelden?
Gute Frage. In den Nutzungsbedingungen vieler Plattformen ist genau das tatsächlich verboten. Oft aber ist es die einzige Chance, Verträge oder Mitgliedschaften zeitnah zu kündigen. Und für die Anbieter ist es auch schwierig bis gar nicht nachvollziehbar, wer am Ende gekündigt hat.