NRW. IPads in der Schule – Fortschritt oder Datenschutz-Albtraum? IT-Experten kritisieren Bürokratie. Was das für die Sicherheit der Schüler bedeutet.
Während Nordrhein-Westfalen bei der digitalen Ausstattung der Schulen aufholen will, wird die Frage nach dem Schutz sensibler Schülerdaten immer drängender. Wer genau welche Daten von den Schülern erhebt und speichert, ist oft schwer nachzuvollziehen. Jochim Selzer, ein Sprecher des Chaos Computer Clubs (CCC), übt scharfe Kritik: „Datenschutz wird hierzulande als bürokratisches Monstrum gelebt und als entsprechend lästig empfunden.“
Dennis Manz, Geschäftsführer von Datenschutzberater.NRW, kritisiert, dass es an klaren und einheitlichen Richtlinien oder gesetzlichen Grundlagen für den datensicheren Einsatz von Laptops und Tablets in Schulen fehle. Die Verantwortung für den Datenschutz der Schüler werde größtenteils auf die einzelnen Schulen abgewälzt. Er warnt: „Lehrer werden oft mit diesem Thema alleingelassen. Da muss einfach etwas passieren. Sonst gucken wir zu, wie andere weglaufen.“
Dennis Manz, Datenschutzberater NRW: „Die Politik muss hier handeln“
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Die Datenschutz-Experten Selzer und Manz kritisieren die mangelhafte Datensicherheit an deutschen Schulen – ein Problem, das in der Pandemie besonders sichtbar wurde. „Da die Ausstattung mit schulischen mobilen Endgeräten seinerzeit noch nicht verbreitet war, waren Schüler*innen und Lehrkräfte häufig gezwungen, auf die vorhandenen privaten Geräte zurückzugreifen“, erklärt Jan Keuchel, Sprecher der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI) NRW. Dementsprechend konnten Schulen nur eingeschränkt die Datensicherheit der Schüler gewährleisten. Umso dringender seien die Investitionen in die digitalen Klassenzimmer der Schulen – auch, um den Datenschutz zu verbessern.
Laut Dennis Manz sind die Behörden beim Thema Datenschutz in Schulen nur bedingt effektiv: „Oft bleiben sie vage, sodass Datenschutzbeauftragte ihre Aufgaben nur rudimentär erfüllen können. Sie sind zwar mit bürokratischen Themen vertraut, aber der praktische Datenschutz stellt viele vor große Herausforderungen“, erklärt er. „Wir geben Kindern und Jugendlichen diese Geräte, lassen sie aber ohne Schutz in eine digitale Welt, die viele Eltern selbst nicht durchschauen.“ Zudem bemängelt Manz, dass Lehrkräfte in vielen Fällen selbst für die Kosten ihrer Fortbildungen, einschließlich für den Datenschutz, aufkommen müssen. „Die Politik muss hier handeln. Eine mögliche Lösung, um die Lehrkräfte oder Schulleitungen zu entlasten, Bürokratie abzubauen und einheitliche Regeln zu schaffen, wäre eine Anpassung des Schulgesetzes mit klaren Vorgaben dazu, welche Daten verarbeitet werden dürfen und wer Zugang dazu hat.“
Datenschutz in NRW-Schulen: Das sind die Risiken
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„Das Thema ist komplex, aber lösbar“, betont Manz. Das fange schon bei den Kindern an: Ihnen müsse vermittelt werden, dass Datenschutz kein notwendiges Übel, sondern ein wichtiger Teil ihrer Sicherheit sei. Frustriert ist er über die ablehnende Haltung vieler gegenüber dem Thema Datenschutz: „In Schulen, die auch Aufklärungsarbeit leisten, wird oft deutlich, wie wenig sich die Eltern mit dem Thema beschäftigen oder das Angebot überhaupt annehmen.“
„Ihnen (Schülerinnen und Schülern) damit zu kommen, dass Instagram, Snapchat oder Tiktok Daten sammeln, die ihnen irgendwann einmal zum Verhängnis werden können, kommt ihnen nicht nur als Spielverderberei sondern auch irreal vor, weil „irgendwann“ für sie viel zu abstrakt und zeitlich zu weit entfernt ist“, betont auch Jochim Selzer. Die Risiken sind vielfältig: gezielte Beeinflussung durch Werbung, Identitätsdiebstahl, Betrug oder einfach die beklemmende Ungewissheit, später keine Kontrolle mehr darüber zu haben, wer was über einen weiß.