Bochum/Essen/Mülheim. Der Pott heißt ein Brettspiel, das sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Auch wenn es einen ärgerlichen Fehler enthält.

Tauben fliegen, Kumpel ackern, und gezahlt wird mit Tacken. Alles lange vorbei? Nicht in diesem Spiel. „Der Pott“ heißt es, und entwickelt hat es Burkhard von Prondzynsk, ein Mann, der Bochum seine „Heimat“ nennt. „Genau deshalb“, sagt er, „habe ich mir das Spiel auch ausgedacht.“

„Die Menschen im Revier sind einmalig“

Bauingenieur ist er lange gewesen und hat beruflich „in allen Ecken der Welt gewohnt“. „Aber nirgendwo“, sagt von Prondzynsk, „habe ich mich so wohlgefühlt wie in Bochum-Stiepel. Die Menschen im Revier sind einmalig. Ich liebe die Region.“ Noch mehr liebt er aber seine italienische Frau. Deshalb ist er mit ihr auch nach Sardinien gegangen. „Aber das Ruhrgebiet habe ich nie vergessen.“

Burkhard Von Prondzynsk (helle Mütze) und Andre Brune (dunkle Mütze) mit
Lange hat Burkhard von Prondzynsk getüftelt, jetzt kann man sein Spiel „Der Pott“ ausprobieren © Demoela Verlag | Demoela Verlag

In Cagliari eröffnet er ein Spielzeuggeschäft. „Nach dem Vorbild des Brummbären“, sagt er, einem der ältesten und bekanntesten Spielzeuggeschäfte in Bochum. Wie das Vorbild bietet auch von Prondzynsk dort Holzspielwaren an. Und das zu einer Zeit, in der in Italien noch überwiegend Plastikspielzeug „blinkt und tutet“.

Nach und nach erweitert der heute 53-Jährige sein Sortiment um Brettspiele. „Spielen liegt mir im Blut“, sagt er. Vielen Italienern nicht. „Hier ist es nicht so früh dunkel, das Wetter ist besser, man ist oft gar nicht zu Hause, um zu spielen.“ Das ändert sich mit Corona. „Da ist das Geschäft explodiert.“

600 Brettspiele stehen im Laden aus Sardinien

Mittlerweile hat von Prondzynsk 600 verschiedene Spiele im Laden stehen. Für die ganze Familie, auch für echte Spiele-Nerds. Er kommt in Kontakt mit Simone Riggio, einem Spieleentwickler beim italienischen Demoela-Verlag, der sich auf Spiele spezialisiert hat, die von einer Region erzählen. „Und die eine kulturelle oder soziale Botschaft enthalten oder geschichtliche Ereignisse widerspiegeln“, sagt von Prondzynsk.

Es ist genau das, was er gesucht hat. Er will seinen Spielern das Ruhrgebiet näher bringen. Zusammen mit seiner Frau macht er Brainstorming. „Wir haben alles zusammengetragen, was für uns typisch war für diese Region.“ Von der gemischten Tüte aus der Bude an der Ecke, über den Taubenvatter bis hin zum „Pilsken nach Feierabend“. Um beim klassischen Ruhrpott-Dialekt nichts falsch zu machen, sucht er noch nach einem Experten. „Wir sind ja schon eine ganze Zeit weg aus Bochum.“ Er stößt auf den selbsternannten Pottologen Andre Brune aus Bottrop und erzählt ihm vor seiner Idee. Brune ist begeistert: „Da mach ich mit.“

Monate lang tüftelt von Prondzynsk an seiner Entwicklung. Heraus kommt eine Rundreise durch seine alte Heimat. Die Spieler werden zu Immobilienhaien, und wer das größte Vermögen anhäuft, hat am Ende gewonnen. Das schafft man durch geschicktes Verhandeln und gewinnbringende Investitionen. Ja, das erinnert an Monopoly. Genau wie die Spielunterlage. Nur dass die Spielfelder darauf nicht Namen tragen wie Poststraße oder Schlossallee, sondern nach den Städten oder Sehenswürdigkeiten im Revier benannt sind. Wer mit seiner Spielfigur darauf landet, kann nicht gleich kaufen, sondern darf bei einer Versteigerung mitbieten.

Quizfragen zur Region und verschiedene Aufgabenkarten

Das Spielgeld heißt „Tacken“. Quizfragen zur Region und Aufgaben werden über „Wat mutt, dat mutt!“-Karten vergeben und reichen von „Kauf wat für ne Knifte“ bis zur Warnung „Da kommt wieder der Klüngelskerl“. Letzteres ist verbunden mit der Aufforderung, auf dem Flohmarkt 150 Tacken für eine seltene LP mit Autogramm zu zahlen. Und wer dreimal einen Pasch würfelt, landet nicht im Gefängnis, sondern im Museum Folkwang – wo einem einiges an Spielgeld abgeknöpft wird.

Burkhard Von Prondzynsk (helle Mütze) und Andre Brune (dunkle Mütze) mit
Andre Brune (l.) sorgte für Revier-Flair im Spiel © Demoela Verlag | Demoela Verlag

Es gibt auch ein Feld mit Namen A40. Von da aus kann man abkürzen und die ganze Bahn durchs Revier in einem Rutsch fahren. Ohne Stau. Was ungefähr so realistisch ist, wie ein Champions-League-Sieg von Schalke 04, dem Spiel aber Tempo beschert. Man kann auch ein Taubenrennen veranstalten und auf den Sieger wetten, man muss sich vor Blitzern hüten und kann mit Heißluftballons starten. „Sehr abwechslungsreich“, sind sich Rezensenten und Messebesucher dann in ihrem Urteil meist auch einig.

Zweite Auflage ist in Planung

Natürlich hört von Prondzynsk so etwas gerne. Ganz überrascht ist er aber nicht. „Ich habe vom Start weg an das Projekt geglaubt.“ Trotzdem ist er realistisch geblieben. „Von so einem Spiel wirst du nicht reich.“ Es macht einen aber auch nicht ärmer. „Wenn es so weiter geht, wie bisher, ist die erste Auflage Anfang 2025 wahrscheinlich ausverkauft.“

Der Erfolg macht Mut. „Kann sein, dass es bald auch Versionen für andere Regionen in Deutschland gibt“, kündigt der Entwickler an. „Wir denken an Berlin.“ Noch wahrscheinlicher ist, dass es eine zweite Auflage für das Ruhrgebiet kommt. Mit ein paar Erweiterungen und mehr Quizfragen. „Die kommen nämlich sehr gut an.“ Und mit der Gelegenheit, einen Fehler auszumerzen. Mülheim an der Ruhr hat in diesem Pott nach dem ü nämlich ein h, das da natürlich nicht hingehört.

Dummer Fehler blieb unbemerkt

 „Das darf nicht passieren“, will von Prondzynsk nichts schönreden. Es sei aber weder den Lektoren oder der zusätzlich prüfenden Künstlichen Intelligenz, noch ihm selbst aufgefallen. „Als wir es gemerkt haben, waren die Spielbretter schon gedruckt.“ Vielen Spielern geht es ebenso, selbst wenn sie aus Mülheim kommen. Nur fünf Beschwerden habe es gegeben. „Aber die meisten lachen darüber. Der Pott hat halt Ecken und Kanten, ist nicht perfekt, das macht ihn ja auch so liebenswert” sagt von Prondzynski.

Und es hätte ja auch noch schlimmer kommen können. „Stellen Sie sich mal vor“, sagt von Prondzynsk, „da würde Müllheim stehen.“

Der Pott kostet 34,90 Euro und ist unter anderem erhältlich im WAZ Shop, auf Thalia Online und in ausgewählten Spielzeuggeschäften.

Lesen Sie auch