Essen. Betrüger überziehen Handy-Nutzer derzeit mit einer Welle von Fake-Anrufen aus dem Ausland. Was passieren kann, wenn Sie drangehen.

An manchen Tagen klingelt das Handy ein halbes Dutzend Mal oder mehr. Morgens erscheint eine Nummer aus den Niederlanden auf dem Display. Mittags kommt der Anruf angeblich aus Österreich und am Abend aus Großbritannien. Verbraucherschützer und Bundesnetzagentur bestätigen derzeit eine starke Zunahme solcher Anrufe. Egal, woher die Anrufer auch kommen, sie alle wollen nur eines: Ihr Geld. Das müssen Sie wissen.

Woher haben diese Kriminellen eigentlich all die Handynummern?

Da gibt es viele Möglichkeiten. Ihre Nummer könnte zum Beispiel ganz legal aus öffentlichen Telefonverzeichnissen stammen oder - nicht legal - aus früheren Datenlecks verschiedener Firmen. Mit sogenanntem Scraping können öffentlich sichtbare Telefonnummern systematisch abgesaugt und gesammelt werden. Es gibt aber auch Apps, die Kontaktdaten auslesen und sammeln. Deshalb seien Sie vorsichtig, was Sie aus welcher Quelle auf Ihrem Smartphone installieren.

In vielen Fällen hat man seine eigene Nummer allerdings auch ganz freiwillig weitergegeben, indem man etwa bei Online-Gewinnspielen mitgemacht hat. Diese Nummern werden dann von Datenhändlern aufgekauft, die sie wiederum an Dritte weiterleiten. Aber selbst, wer mit seiner Handynummer extrem vorsichtig ist, kann Fake-Anrufe bekommen. Viele Betrüger lassen Rufnummern mithilfe von Computern nach dem Zufallsprinzip anrufen, weil sie wissen: Irgendjemand hebt immer ab. Man muss nur genügend Leute anrufen.

Close up on man hand using mobile phone
Nehmen Sie die Gespräche mit ausländischen Nummern nicht an, raten Experten. © Getty Images | MStudioImages

Was passiert, wenn ich das Gespräch annehme?

Zusammenfassend gesagt: nichts Gutes. Ansonsten lässt sich diese Frage kaum beantworten, weil die Betrugsmaschen so vielfältig sind und sich ständig weiterentwickeln. Im Augenblick sehr beliebt ist eine automatisierte Stimme, die darüber informiert, dass angeblich eine Zahlung über mehrere hundert Euro bei PayPal oder Amazon veranlasst worden sei. Falls man sie stoppen wolle, soll man die Taste 1 auf seinem Telefon drücken.

Was dann passiert, ist noch nicht ganz klar. Schon das Drücken einer Taste kann unter Umständen technisch gesehen ein Vertragsabschluss sein. Das LKA Niedersachsen vermutet allerdings, dass im weiteren Verlauf ein Mensch das Gespräch übernimmt, um Zugangs- und Kontaktdaten des Opfers abzugreifen. Sprecher der großen Onlinehändler und Bezahldienste weisen deshalb darauf hin, dass sie ihre Kunden in der Regel nicht telefonisch kontaktieren und niemals nach solchen Daten fragen.

Falls Sie so einen Anruf angenommen haben, drücken Sie auf keinen Fall irgendeine Taste, um mit jemandem verbunden zu werden! Sind Sie unsicher, öffnen Sie – am besten von einem anderen Gerät aus – die Seite des Unternehmens und kontrollieren Sie dort Ihr Konto. Oder nehmen Sie Kontakt zum echten Kundendienst auf.

Gibt es noch andere Maschen?

Natürlich. Gerne wird am Telefon auch ein Bitcoin Guthaben angeboten, sofern man zunächst eine eigene Überweisung tätigt. Und fast schon ein Klassiker ist die Behauptung, der angebliche Anruf komme von einer Polizeibehörde. In einer Ansage heißt es, der Ausweis des Angerufenen sei für kriminelle Zwecke missbraucht, ein Datenabgleich samt Kontonummer unverzichtbar.  Natürlich ist das alles Unsinn.

Mit immer neuen Tricks versuchen Betrüger bei Fake-Anrufen zu täuschen
Mit immer neuen Tricks versuchen Betrüger bei Fake-Anrufen zu täuschen © dpa | Markus Scholz

Bei mir ist kein Computer am anderen Ende der Leitung, sondern ein Mensch. Was nun?

Beantworten Sie keine Frage, sagen Sie kein Wort. Schon die Nennung ihres Namens oder ein einfaches „Ja“ auf die Frage „Können Sie mich hören?“ kann böse Folgen haben. Mithilfe von Computern können die Betrüger den heimlich aufgezeichneten Wortlaut des Gespräches neu zusammensetzen und Ihnen ein Abo oder eine Kiste billigen Wein für teures Geld unterjubeln.

Bei mir hat das Handy nur einmal geklingelt. Soll ich die angezeigte Nummer zurückrufen?

Bloß nicht. Dabei handelt es sich um sogenannte Ping-Anrufe. Wer zurückruft, wird meist zu einer extrem teuren Nummer geleitet, unter der eine Bandansage zunächst um Geduld bittet, damit der Gebührenzähler möglichst lange tickt.

Kann ich die Spam-Nummern nicht einfach sperren oder sperren lassen?

Das können Sie. Meist sind das nur ein paar einfache – je nach Modell unterschiedliche – Tastatureingaben. Zudem können und sollten Sie die Nummern bei der Bundesnetzagentur melden. Beides wird das Problem aber oft nicht lösen. Denn die Betrugsbanden rufen unter hunderten verschiedenen Nummern an. Ganz sicher – aber nicht immer umsetzbar – ist deshalb nur eines: Gehen Sie nicht dran.

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Wer bei Fake-Anrufen ans Telefon geht muss sich jedes Wort genau überlegen. © picture alliance / dpa | Caroline Seidel

Warum nehmen die Anrufe gerade jetzt vor Weihnachten so stark zu?

Eben weil Weihnachten ist, vermuten Verbraucherschützer. Da wird so viel online bestellt, dass mancher irgendwann den Überblick verliert, was er wo bestellt hat. Zudem wird in der Hektik der Vorweihnachtszeit schnell mal leichtfertig ein Gespräch angenommen, das man in ruhigeren Momenten ablehnen würde.

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