Essen. Seit Jahren steigt die Zahl der Fehltage. Ein neuer AOK-Report zeigt auch für NRW, welche Altersgruppe besonders gefährdet ist.

Während in Deutschland in diesem Jahr ausführlich über die Freigabe von Cannabis diskutiert wurde, verursacht eine ganz andere Droge einen Negativrekord: Alkohol. Seit Jahren nimmt die Zahl der Tage zu, an denen alkoholkranke Beschäftigte im Job fehlen. Jüngste Daten der AOK Rheinland/Hamburg zeigen jetzt: Noch nie gab es so viele Krankheitstage wegen Alkoholkonsums wie 2023.

Laut Krankenkasse kamen 100 Beschäftigte im Schnitt auf 16 Tage der Arbeitsunfähigkeit (AU), weil sie eine Alkoholerkrankung hatten. Im Vor-Corona-Jahr 2019 waren es noch 13 Tage. Für die Analyse hat das Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung der AOK Rheinland/Hamburg die Zahlen von Hundertausenden berufstätigen Versicherten ausgewertet. Die Kasse zählt mit über drei Millionen Versicherten in NRW und Hamburg zu den größten.

Männer sind fast dreimal häufiger betroffen als Frauen

Die Zahlen zeigen auch: Bei älteren Beschäftigten werden Alkoholerkrankungen deutlich häufiger diagnostiziert als bei jüngeren. Über 60-Jährige kamen auf 27,6 AU-Tage je 100 Versicherte. Bei den 20- bis 29-Jährigen gab es lediglich 3,8 AU-Tage je 100 Versicherte. Auch bei den Geschlechtern gibt es starke Unterschiede: Männer fallen fast dreimal so häufig wegen einer Alkoholsucht aus als Frauen.

Den wenigsten Menschen sei bewusst, wie gefährlich der sorglose Umgang mit Alkohol ist, warnt Sabine Deutscher, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg. „Alkohol ist eine Droge, die bewusstseins- und wahrnehmungsverändernd wirkt, die Organe schädigen und süchtig machen kann. Diese Form der Sucht kennt keine sozialen Grenzen und ist in allen gesellschaftlichen Schichten verbreitet.“ Deutscher verantwortet im Vorstand der AOK Rheinland/Hamburg die Themen Prävention und Gesundheitsförderung.

Fachleute warnen zudem vor einer hohen Dunkelziffer. Ausgewertet werden konnten lediglich Ausfalltage, für die eine Bescheinigung zur Arbeitsunfähigkeit eingereicht worden ist. In den ersten drei Ausfalltagen ist das in der Regel nicht nötig.

Sabine Deutscher verantwortet im Vorstand der AOK Rheinland/Hamburg die Themen Prävention und Gesundheitsförderung.

„Diese Form der Sucht kennt keine sozialen Grenzen und ist in allen gesellschaftlichen Schichten verbreitet.“

Sabine Deutscher
Vorstand der AOK Rheinland/Hamburg

Laut Bundesgesundheitsministerium trinken bundesweit rund 7,9 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren Alkohol in gesundheitlich bedenklicher Menge. Pro Kopf und Jahr werden rund zehn Liter reinen Alkohols getrunken. Die Menge sinkt zwar. In den 80er-Jahren waren es laut Deutscher Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) über 15 Liter. Im internationalen Vergleich ist Deutschland aber immer noch im oberen Drittel.

Das spürt auch die DHS: Sie vertreibt Informationsmaterialien für Betroffene, Angehörige, Freunde oder Arbeitskollegen. Das kann man allerdings erst wieder 2025 bestellen: Wegen der „sehr großen Nachfrage“ nach Flyern und Broschüren sei das Budget für den kostenlosen Versand vorzeitig ausgeschöpft, so die DHS. stew

Soforthilfe für Betroffene und Angehörige am Nottelefon Sucht: 0180/3652407 (Festnetz- und Mobilfunkpreis 9 ct/min)