Herne. Die Zahl der Jugendlichen in Herne, die mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus kommen, ist gestiegen. So schätzen die Kliniken die Lage ein.
Das Komasaufen bei Kindern und Jugendlichen sorgte jahrelang für Aufsehen. Jetzt ist die Zahl der vollstationären Behandlungen aufgrund akuter Alkoholvergiftung in dieser Altersgruppe landesweit um fast ein Viertel gesunken, meldet das Statistische Landesamt. Aber: In Herne ist die Zahl im vergangenen Jahr leicht gestiegen.
Laut IT NRW wurden im vergangenen Jahr 29 Kinder und Jugendliche stationär in einem Herner Krankenhaus wegen einer akuten Alkoholvergiftung behandelt. Davon waren 13 Jungen und 16 Mädchen. Im Vorjahr lag die Gesamtzahl bei 24. Das Besondere: Damals waren es nur 9 Mädchen und 15 Jungen. Damit ist die Zahl zwar leicht gestiegen, liegt aber noch immer deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau. 2019 lag sie noch bei 54 - damit war der Höhepunkt der vergangenen zehn Jahre erreicht.
Auch wenn die offizielle Zahl etwas gestiegen ist, ordnen die Herner Krankenhäuser die Lage als nicht dramatischer als in den Vorjahren ein. Im Gegenteil: Einen Anstieg der Fälle von Alkoholvergiftung bei Kindern und Jugendlichen in den vergangenen Jahren könne Dr. Mike Thompson, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme am EvK Herne-Mitte, nicht feststellen. Die Zahl der Patienten, die mit einer Alkoholvergiftung in der Notaufnahme vorstellig wurden, befinde sich im niedrigen zweistelligen Bereich. Konkrete Zahlen nennt das Krankenhaus nicht. Todesfälle habe es glücklicherweise nicht gegeben.
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Natürlich aber seien die Schäden bei jüngeren Menschen in Folge von Alkoholmissbrauch potentiell höher als bei älteren, betont Dr. Thompson. Das liege daran, dass der Körper, insbesondere das Nervensystem, noch nicht komplett entwickelt sei. Daher sei die Gefahr, dauerhaft an Alkoholsucht zu erkranken, bei einem Konsummissbrauch in jungen Jahren höher, als bei erwachsenen Menschen. Gleiches gelte für das Suchtpotential bei allen anderen Rauschmitteln.
Herner Krankenhaus kontaktiert Eltern
Und wie geht das Krankenhaus damit um, wenn sehr junge Menschen mit einer akuten Alkoholvergiftung eingeliefert werden? Tatsächlich, so Dr. Thompson, seien es glücklicherweise Einzelfälle, die mit einer Alkoholvergiftung ins EvK Herne eingeliefert werden müssten. „In diesen Situationen kontaktieren wir umgehend die Eltern.“ Bei diesen Kindern und Jugendlichen handele es sich aber meist um Einzelfälle. Die Zahl derer, die wiederholt eingeliefert werden müssten, sei nicht signifikant.
„Tritt übermäßiger Alkoholkonsum bei dem Jugendlichen häufiger auf, wird die Kontaktaufnahme mit einer jugendpsychiatrischen Beratungsstelle empfohlen“
In den Herner Krankenhäusern der St. Elisabeth Gruppe seien in den letzten Jahren nur sehr vereinzelt Jugendliche mit einer akuten Alkoholvergiftung behandelt worden, sagt Geschäftsführerin Sabine Edlinger auf Nachfrage der WAZ. „Einen Anstieg konnten wir nicht feststellen.“ Das Durchschnittsalter habe sich in den letzten Jahren nicht signifikant verändert - die betroffenen Jugendlichen seien fast volljährig. In der Regel handele es sich bei jugendlichen Patientinnen und Patienten mit Alkoholvergiftung um einmalige Fälle. In den Herner Krankenhäusern der St. Elisabeth Gruppe sei in den vergangenen Jahren genau wie im EvK kein Patient mit einer akuten Alkoholvergiftung gestorben.
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Exzessiver Alkoholkonsum könne bei Kindern und Jugendlichen langfristig zu Entwicklungsverzögerungen und einer eingeschränkten körperlichen Leistungsfähigkeit führen, so Edlinger. Bei minderjährigen Jugendlichen würden die Eltern bei Einlieferung benachrichtigt. Die Behandlung der Alkoholvergiftung richte sich nach den Symptomen des Patienten. Kreislauf, Atmung, Herzschlag und weitere Vitalwerte würden überwacht. Meist werde eine Infusion gelegt, um Flüssigkeit zuzuführen.
Der behandelnde Arzt suche dann das Gespräch mit den Eltern und dem Jugendlichen. „Tritt übermäßiger Alkoholkonsum bei dem Jugendlichen häufiger auf, wird die Kontaktaufnahme mit einer jugendpsychiatrischen Beratungsstelle empfohlen“, erklärt die Geschäftsführerin.