Salon-de-Provence. Die Garrigue und das Meer sind die Musen von Cay Rademacher: Der deutsche Schriftsteller zog der Liebe wegen in den Süden Frankreichs. Dort schreibt er seine erfolgreichen Krimis und Romane mit Capitaine Roger Blanc. Jetzt wurde dem Autor eine besondere Ehre zuteil

„Der Liebe wegen bin ich nach Frankreich gezogen“, sagt Cay Rademacher ohne nachzudenken und schaut dabei lächelnd seine Frau Françoise an. Wir treffen das Paar in der Altstadt von Salon-de-Provence. Im Bistro Au Bureau, vis-à-vis des Château de l’Empéri, geht es lebhaft zu. Jung und Alt treffen sich zum Apéritif. Liebe und Frankreich – zweifelsohne ein Klischee. Und genau damit hat es der 1965 in Flensburg geborene, im Rheinland aufgewachsene Historiker und ehemalige geschäftsführende Redakteur von GEO Epoche nun überhaupt nicht. Eingefahrene und überkommene Vorstellungen sind in seinen Romanen nicht zu finden.

Seine Romane, das sind die erfolgreichen wie populären Provence-Krimis mit Capitaine Roger Blanc. Das sind aber auch „Ein letzter Sommer in Méjean“ und „Die Passage nach Maskat“ sowie die in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg angesiedelte Trilogie um den Hamburger Inspektor Frank Stave (alle Dumont-Verlag). Historische Sachbücher wie über die letzte Fahrt der Athenia, die 1939 von einem deutschen U-Boot torpediert wurde, und den Ersten Kreuzzug vervollständigen Cay Rademachers Repertoire. Im nächsten Frühjahr wird nicht nur der zwölfte Fall von Roger Blanc erscheinen und Lust auf eine Reise in den Midi, speziell nach Saint-Rémy-de-Provence, machen, sondern auch ein in Köln verorteter weiterer historischer Roman.

Rademacher hat die deutschen Ankerpunkte Hamburg und Köln

Hamburg und Köln sind die beiden deutschen Ankerpunkte von Cay Rademacher, der in Washington D.C. Anglo-amerikanische Geschichte studierte. Salon-de-Provence ist die französische Heimat seit 2013. Dort will er bleiben: „Ich gehe nicht mehr zurück. Es gibt in Deutschland keine Alternative.“ In einem kleinen Ort ganz in der Nähe lebt er mit Françoise, den beiden Töchtern und dem Sohn, „dem Provenzalischsten von uns allen“. Einige seiner Fans haben ihn dort aufgespürt. „Die waren alle ganz nett. Das ist ja eine Ehre für mich.“ Françoise erinnert sich: „Wir waren nicht zu Hause. Als wir zurückkamen fanden wir Spreewaldgurken und einen lieben Brief vor der Tür.“ Rademacher setzt das i-Tüpfelchen: „Ich bin ja ein hilfsbereiter Mensch. Als ich da so ein Auto durch die Dorfstraßen irren sah, habe ich den Fahrer gefragt, was er denn suche. Antwort: Genau Sie suche ich.“ Deutsche Momente in der Provence.

Bei Salon-de-Provence, der Heimat seiner Frau, fand Cay Rademacher die Ruhe für seine schriftstellerische Arbeit. Rund um Salon ist die Provence noch wild. Die Garrigue, die typisch südfranzösische Heidelandschaft, ist ein wunderbares Terrain zum Wandern. Dort findet er Inspiration und entdeckt Schauplätze für seine Krimis. Er lässt die Region auf sich wirken, empfindet ihre Besonderheit.

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„Die Provence hat ein extremes Klima. Heiße Sommer und kalte Winter. Das wird oft unterschätzt.“ Die klischeehaften lieblichen Rosé-Momente ertrinken zuweilen in unerträglicher Hitze und auflodernden Waldbränden oder in den eisigen Sturmböen des Mistral. Das Mittelmeer ist nicht weit. Bis Marseille sind es nur 50 Kilometer. Dazwischen der Étang de Berre. Der größte Binnensee in Frankreich ist mit dem Meer an der Côte Bleue durch den Canal de Caronte verbunden. Hier ist die Provence noch nicht überlaufen, „nicht so touristisch“ wie Rademacher sagt. Das Meer ist neben der Garrigue seine zweite Muse. Irgendwo dort am Étang oder der Küste liegt sein altes Segelboot. „Nichts Besonderes. Ein wenig verbeult und verschrammt.“ „Eher vintage“, klassifiziert Françoise und schmunzelt.

Liebe zur mediterranen Kultur und ein kritischer Blick aufs Land

Cay Rademacher liebt Frankreich, gleichwohl er nach wie vor deutscher Staatsbürger ist. „Ich bin beides.“ Bei den Kommunalwahlen darf er seine Stimme abgeben. Das reicht ihm aktuell. „Seit ich hier lebe, verstehe ich viel mehr von Frankreich“, sagt er mit geschärftem kritischen Blick auf das Land, schaut auch mit Sorge auf das Erstarken der Rechtspopulisten besonders im Süden. Und jedem Deutschen, der auf die Bürokratie schimpft, richtet er aus: „Es geht schlimmer als in Deutschland, nämlich in Frankreich.“ Nichts aber lässt ihn an seiner Entscheidung zweifeln, gekommen zu sein, um zu bleiben. „Ich liebe diese alte mediterrane Kultur, die es hier noch so mannigfach gibt. Wie die 2000 Jahre alte Arena in Arles, in der immer noch Stierkämpfe stattfinden. Außerdem liebe ich das französische Essen.“

Lavendel blüht auf einem Feld im Süden Frankreichs. In dieser wunderschönen Provence-Landschaft finden die Morde in Cay Rademachers Kriminalromanen statt.
Lavendel blüht auf einem Feld im Süden Frankreichs. In dieser wunderschönen Provence-Landschaft finden die Morde in Cay Rademachers Kriminalromanen statt. © dpa | CHRISTOPHE SIMON

Und Cay Rademacher liebt es zu schreiben: „Schreiben und recherchieren machen mir so viel Spaß. Ich habe noch so viele Ideen und werde die Krimireihe mit Roger Blanc nach dem zwölften Fall fortsetzen. Mit einigen Veränderungen, mal sehen.“ Das wird die deutschen Fans des Autors freuen, der auch auf dem französischen Büchermarkt erfolgreich ist. Nachdem vor einigen Jahren die Hamburger-Krimi-Trilogie übersetzt wurde, hat gerade ein renommierter Pariser Verlag „Die Passage nach Maskat“ ins Französische übertragen. Auch, wenn es um die deutsch-französische Freundschaft wieder besser bestellt ist, werden deutsche Autoren eher selten übersetzt. Für Cay Rademacher also eine große Anerkennung. Umgekehrt ist es übrigens ähnlich.

Im September wird Rademacher auf einer Lesetour in Deutschland sein. Am 13. liest er in der Bochumer Thalia Mayerschen Buchhandlung aus seinem aktuellen Provence-Krimi „Unheilvolles Lançon“. Auftritte sind auch geplant beim Hamburger Krimifestival vom 5. bis 9. November.

Weitere Südfrankreich-Informationen in Das ewige Blau von Sylvia Lukassen, Oldib Verlag, und auf das-ewige-blau.de

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