Duisburg/Herne. Scharfes Essen ist beliebt. Aber warum tun sich Menschen das freiwillig an? Eine Spurensuche in der Currywurstbude und im laotischen Restaurant.
„Wo war das denn bitte scharf?“ Ein kleiner Satz, der Gerd Herzogs Leben verändert hat. 1994 eröffnet er mit seiner Frau „Die Currywurst“ in Wanne-Eickel, „anfänglich mit mäßigem Erfolg“, sagt er. Bis eben dieser kleine Satz eines Gasts fiel. Denn Herzog besorgte sich Habanero-Chilis und motzte seine Wurst ordentlich auf. Mit der selbst ernannten „schärfsten Currywurst der Welt“ begann für „Die Currywurst“ ein goldenes Zeitalter, das bis heute andauert.
Denn scharfes Essen ist beliebt wie nie. Am 16. Januar ist sogar der internationale Tag der scharfen Gerichte. Grund genug, mal zu überlegen, wieso sich Millionen von Menschen freiwillig ihre Schleimhäute verätzen. Die Antwort kennt man in der „Currywurst“ – aber auch im laotischen Restaurant Poukhoun in Duisburg. Denn in Laos, wie in Südostasien generell, hat die Schärfe eine lange Tradition. Zum einen als Konservierungsmittel für Speisen, die dann die Schärfe der Chilis annehmen. Zum anderen als natürliche Kühlung in den heißen Ländern – wer vor lauter Schärfe schwitzt, kühlt sich ab.
Scharfes Essen wird immer beliebter
Scharfes Essen boomt überall, dank der Globalisierung war es nie einfacher, an die schärfsten Chilis aus den hinterletzten Winkeln der Erde zu kommen. Viele essen aus Genuss scharf, noch mehr als Mutprobe, „Challenge“ sagt man heute.
Aber was ist Schärfe überhaupt? Dass die Zunge brennt, der Mundraum schmerzt, der Hals kratzt – dafür ist der Stoff Capsaicin verantwortlich, der sich in Chilis findet. Ein Amerikaner entwickelte die Scoville-Skala, die bis heute verwendet wird, um Schärfe zu messen. Reines Capsaicin markiert mit 16 Millionen Scoville das obere Ende. Zum Vergleich: „Die Currywurst“-Haussoße „Bombfire“ hat 666.000 Scoville – pro Tropfen.
Scharfe Currywurst in Wanne-Eickel: Leute kommen für den Kick
Der Reiz der scharfen Currywurst von Gerd Herzog sei meistens der Kick. „Warum sollten die Leute sonst 40, 50 Kilometer durchs Ruhrgebiet fahren, nur um bei uns eine Currywurst zu essen?“ Es gebe zwar Stammkunden, die wöchentlich eine Zehn-Plus verdrücken, das Schärfste, was „Die Currywurst“ zu bieten hat. „Aber die haben lange trainiert.“
Müssen sie auch. Denn in Wanne-Eickel kriegt nicht jeder gleich das große Kaliber. „Die Leute fangen erstmal mit einer Acht an. Da stellt sich dann ziemlich schnell heraus, ob die noch höher gehen können – oder wollen.“ Deswegen ist in der Currywurstbude auch noch nie jemand umgekippt. „Weil wir halt aufpassen. Sonst läge hier jede Woche einer auf dem Boden.“
Laotisches Restaurant Poukhoun in Duisburg: Schärfe aus Tradition
Wer sich übernommen hat, dem hilft alles, was fettig ist. Butter, sogar ein Schluck Olivenöl. „Nur nichts mit Kohlensäure, das macht es schlimmer.“ Nach einem Viertelstündchen sei der Spuk dann vorbei. Gerd Herzog selbst isst nur eine Fünf, „mit ein bisschen Sieben. Aber ich weiß, wie weh eine Zehn tut.“
Die Schärfe wegzulassen, das geht auch im Restaurant Poukhoun in Duisburg. „Wobei es dann genau genommen nicht mehr richtig laotisch ist“, sagt Keo Senesouvarn, die ihre Eltern im Laden unterstützt.
Laos-Chilis: „Es geht um das Gefühl“
Das heißt nicht, dass die kleinen Laos-Chilis, die beinahe in jedem Gericht stecken, die einzige Finesse der laotischen Küche wären, im Gegenteil. „Da geht es um ein Gefühl“, erklärt Vater Chay. „Jede einzelne Zutat herauszuschmecken, beim Essen eine innere Ruhe zu erfahren, das ist das Ziel.“ Wenn seine Gäste das Restaurant verlassen, sollen sie nicht nur satt sein, „sondern eine Erinnerung, ein Erlebnis mitnehmen“.
Und zu diesem Erlebnis gehört eben die Schärfe. Zum Beispiel im laotischen Nationalgericht Larb. Ein lauwarmer Salat, wahlweise mit Fleisch, vegetarisch oder vegan. Außerdem mit dabei: Minze, Koriander, Zitronengras, rote Zwiebeln, gerösteter Reis, Limetten und, na klar, Laos-Chilis.
Bananensaft gegen die rote Birne
Schon eine davon im Gericht lässt dem ungeübten Scharfesser die Schleimhäute schmerzen. Schärfer geht es natürlich immer, „die Gerichte werden erst nach der Bestellung zubereitet, deswegen können wir noch mehr Laos-Chilis zumischen“, sagt Keo. Hin und wieder kämen auch Gäste, die – wie in der „Currywurst“ – den Kick suchen.
„Die behalten wir ganz genau im Auge, und laotisch scharf dürfen sie auch nur auf eigene Gefahr essen.“ Denn wenn die Chilis zuschlagen, fährt der Kreislauf hoch, mitunter in gefährliche Gefilde. „Wenn jemand eine ganz rote Birne kriegt, fragen wir, ob alles in Ordnung ist. Wenn dann keine Antwort kommt, bringen wir einen Bananensaft vorbei.“
>> DIE RESTAURANTS: ÖFFNUNGSZEITEN UND ANFAHRT
- Das Restaurant Poukhoun liegt in Duisburg auf der Heerstraße 256. Montags bis dienstags und donnerstags bis sonntags hat Poukhoun von 17 bis 22 Uhr geöffnet.
- Mehr Informationen gibt es im Internet unter poukhounrestaurant-duisburg.metro.rest oder telefonisch unter 0203 72 99 95 33.
- „Die Currywurst“ liegt in Herne ganz in der Nähe des Hauptbahnhofs Wanne-Eickel auf der Heidstraße 28. Die Bude öffnet montags bis samstag von 12 bis 20.30 Uhr ihre Türen.
- Mehr Informationen gibt es im Internet unter diecurrywurst.com oder telefonisch unter 02325 77 77 6.