Essen. Sogar im Kleingarten fand die Polizei Rauschgift. Angeklagt sind sieben Männer und Frauen aus Gelsenkirchen, Gladbeck und Essen.
Wer für einen Thriller aus dem Drogenmilieu Dealertypen auswählen müsste, der käme bestimmt nicht auf diese sieben Männer und Frauen aus Gelsenkirchen, Gladbeck und Essen. Zu bieder wirken am Freitag vor dem Landgericht Essen die 27 bis 45 Jahre alten Angeklagten. Vorgeworfen wird ihnen als Bande der schwunghafte Handel mit Marihuana, Amphetaminen und Ecstasy im mehrstelligen Kilobereich.
Kopf der mutmaßlichen Bande, zu der weit mehr als die sieben Angeklagten gehören sollen, ist laut Staatsanwalt Gerriet Ohls der 45 Jahre alte Daniel M. aus dem Gelsenkirchener Stadtteil Erle. Er soll den Drogenhandel organisiert und das Rauschgift bei den Lieferanten gekauft haben. Den Weiterverkauf soll der Essener David B. abgewickelt haben, der das eingenommene Geld bei Daniel M. abgeliefert habe, heißt es in der Anklage. Bei den übrigen Angeklagten hatte M. die Drogen zeitweise zwischengelagert, sagt der Staatsanwalt.
Besorgter Vater informiert die Polizei
Ein besorgter Vater hatte 2020 die Polizei auf die Spur der Rauschgifthändler gebracht. Er informierte die Beamten, dass seine heroinabhängige Tochter ihrer Mutter von Daniel M. erzählt habe. Der betreibe per Versand einen lukrativen Drogenhandel. Regelmäßig erhalte er per Post größere Geldsummen aus zahlreichen Städten.
Nach dem Eingang des Geldes fülle er Pakete mit Drogen und lasse die seinen Kunden über den Versandhandel zukommen. Eine Bekannte fahre ihn zudem mehrfach in die Niederlande.
Konspirative Telefonate geführt
Daniel M. war der Kripo bereits als Drogenhändler bekannt. Deshalb fanden sie die Vorwürfe plausibel und leiteten ein Ermittlungsverfahren ein. Sein Telefon hörten die Fahnder ab. Dabei bekamen sie schnell mit, dass die Telefonate in konspirativer Sprache geführt wurden.
So sind die Ermittler sicher, dass es sich um Marihuana, Ecstasy oder Amphetamine handeln muss, wenn am Telefon "1000 Barcelona-Trikots" oder eine bestimmte Menge "Rolex" bestellt werden. Ein Kunde orderte auch "0,5 von dem letzten Katzenfutter für Heiko", was tatsächlich ein halbes Kilogramm Marihuana bedeuten soll.
Beil und Messer am Couchtisch
Parallel liefen auch Ermittlungsverfahren in anderen Abteilungen der Polizei, bei denen es am 22. Januar zu einer Hausdurchsuchung bei Daniel M. kam. Insgesamt sollen die Beamten dort rund ein Kilogramm Amphetamine im Kühlschrank und auf einem Couchtisch im Wohnzimmer gefunden haben. In einer Ablage des Tisches hätten zudem griffbereit ein Beil und ein Messer gelegen. Wenn das Gericht diese Waffen Daniel M. zuordnet, bedeutet allein das schon eine Mindeststrafe von fünf Jahren Haft wegen bewaffneten Drogenhandels.
Daniel M. soll diese Hausdurchsuchung wenig beeindruckt haben. Ungebremst soll er weiter gemacht haben. Weil er mit der Qualität seiner gelieferten Ware unzufrieden gewesen sei, soll er auch auf die Idee gekommen sein, selbst Amphetamine herzustellen.
Amphetamine im Kleingarten
Sein 37 Jahre alter Mitangeklagter aus Gladbeck soll sich bereit erklärt haben, den Stoff in seiner Kleingartenlaube im Stadtteil Zweckel zuzubereiten. Am 14. Mai habe Daniel M. das für die Produktion unentbehrliche Amphetaminöl in Düsseldorf gekauft und die fünf Liter anschließend zum Schrebergarten gebracht.
Es soll möglich sein, aus einem Liter Öl drei Kilo Amphetamine herzustellen, wenn man etwa Säure und Koffeinpulver hinzufügt. Als die Polizei am 23. Juni auch die Kleingartenlaube in Zweckel durchsuchte, fand sie vor allem das Amphetaminöl und Streckmittel. Offenbar war die Produktion noch nicht angelaufen.
Angeklagt ist ein Tatzeitraum von Januar 2021 bis zum 23. Juni. Bei Daniel M. will die Staatsanwaltschaft auch 160.000 Euro aus dem illegalen Handel einziehen. Er selbst hat sich am Freitag geäußert und einen Teil der Vorwürfe zurückgewiesen.