Bochum/Gelsenkirchen. Ein Forscherteam der Universitätskinderklinik Bochum untersuchte an einer Gelsenkirchener Gesamtschule, was die Maske mit Kindern macht.

Lernen mit Maske, stundenlang: Vor Corona undenkbar, heute Alltag für die allermeisten Schüler und Schülerinnen. Doch auch angesichts der rasant steigenden Infektionszahlen sorgen sich Eltern, Erzieher wie Erzieherinnen: Was macht das mit Kindern und Jugendlichen? Beeinträchtigt das Tragen einer FFP- oder einer chirurgischen Maske während des Unterrichts die kognitive Leistungsfähigkeit, wollten auch Forscher der Bochumer Universitätskinderklinik wissen. Sie starteten im Sommer eine Studie in Zusammenarbeit mit der Gelsenkirchener Gesamtschule Berger Feld. Die Ergebnisse wurden Mitte Januar in der Fachzeitschrift „Children“ veröffentlicht.

Keiner mag die Maske, aber es nützt ja nix, sagt Studien-Co-Autorin Kathrin Sinningen. In Schulen ist der Mund-Nasen-Schutz selbst am Sitzplatz Pflicht in NRW.
Keiner mag die Maske, aber es nützt ja nix, sagt Studien-Co-Autorin Kathrin Sinningen. In Schulen ist der Mund-Nasen-Schutz selbst am Sitzplatz Pflicht in NRW. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Insgesamt 133 Jungen und Mädchen der Jahrgangsstufen 5,6 und 7 wurden im Juli 2021 zu wissenschaftlichen Probanden. „Und sie waren mit Begeisterung bei der Sache“, erinnert sich Dr. Kathrin Sinningen, Co-Autorin der Studie. Die Elf- bis 14-Jährigen lernten zunächst zwei Stunden lang gemeinsam, während alle Maske trugen; welche, durften sie selbst entscheiden. (Nur sieben wählten eine FFP-, der Rest eine chirurgische Maske.) Nach der großen Pause wurden die Gruppen geteilt und zwei weitere Stunden lang in getrennten Klassenräumen unterrichtet: 68 durften dazu die Maske abnehmen, 65 trugen sie weiterhin. Anschließend folgte ein dreiviertel-stündiger computerbasierter Leistungstest, der vom Bochumer Institut für Arbeiten, Lernen und Altern (ALA-Institut) entwickelt wurde.

Sportliche Schüler beeinträchigt die Maske am wenigsten

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Überprüft wurden Kategorien wie Konzentration, Merkfähigkeit, Arbeitsgedächtnis oder räumliches Vorstellungsvermögen – in kindgerechter, spielerischer Form. So zeigte man den jungen Studienteilnehmern etwa in schneller Folge Bilder verschiedener Obst- und Gemüsesorten. Entsprach ein Foto dem zunächst vorletzten gezeigten, galt es es eine Taste zu drücken.

Die Ergebnisse in beiden Gruppen – unterschieden sich im Hinblick auf die kognitive Leistungsfähigkeit nicht wesentlich. Was die Bochumer Forscher allerdings feststellten: Sport macht sehr wohl einen Unterschied. Vor allem Schüler und Schülerinnen der Sportklassen, die sich viel bewegten, zeigten sich hinsichtlich ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit gänzlich unbeeinträchtigt vom Maskentragen…

„Kein Unterschied? Wir hatten das vermutet“

Kathrin Sinningen hat das Studienergebnis wenig überrascht, „wir hatten das vermutet“, sagt sie. Die Verunsicherung der Eltern, die Sorgen der Lehrer und Lehrerinnen kann sie dennoch verstehen. „Gerade zu Beginn der Pandemie war das Masketragen ja noch völlig neu und uns fremd.“ Den Bochumern Forschern war darum auch wichtig, die Studie unter möglichst realitätsnahen Bedingungen durchzuführen. „Die große Pause an der frischen Luft, die Schüler und Schülerinnen ohne Maske verbringen dürfen, die findet ja immer statt. Und die ist wichtig, auch außerhalb der Pandemie.“

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Eltern, glaubt Sinningen, könnten ihre Kinder nun ruhigeren Gewissens zur Schule schicken. „Das Masketragen ist ja alternativlos, jetzt, da die Infektionszahlen so hoch schnellen.“ Auch Studienleiter Prof. Thomas Lücke, Direktor der Bochumer Kinderklinik, nennt die aktuellen Erkenntnisse „beruhigend“: „Gut zu wissen, dass die schulische Leistung durch die Maske nicht geschmälert wird.“

Schulleiterin: Schön findet das Maskentragen trotzdem niemand

Maike Selter-Beer, die Leiterin der Gesamtschule Berger Feld, ist froh, dass sie nun starke Argumente hat, sollte es noch einmal zu Konflikten mit maskenkritischen Eltern kommen. Gerade als die Masken neu eingeführt wurden, habe sie durchaus die eine oder andere Diskussion führen müssen. Vereinzelt sei die Verweigerung sogar so groß gewesen, dass die Kinder vom Unterricht hätten befreit werden müssen. Wären die Wissenschaftler im Übrigen zu anderen Erkenntnissen gekommen, hätte sie den Schulalltag auch ummodelliert, etwa mehr Masken-Pausen eingeführt.

Die beruhigenden Ergebnisse der Studie, ergänzte Selter-Beer, bedeuteten natürlich nicht, dass die Masken kein Störfaktor für die Kinder sind. „Schön findet das Maskentragen niemand.“ Der eine klage darüber, dass die Maske „pieke“, die andere bekomme schlecht Luft. Als die Maskenpflicht zeitweise ausgesetzt war, seien die Schüler „euphorisch und glücklich“ gewesen“. „Jedes Kind wäre froh, wenn es auf die Masken verzichten könnte.“ Aber als „Solidarleistung“ des Einzelnen seien sie nun einmal unverzichtbar.

Kinderärzte: Keine Gesundheitsgefahr

Der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) hatte bereits Ende 2020 erklärt, aus seiner Sicht gebe es „bei gesunden Kindern ab zehn Jahren generell keine Bedenken gegen das Tragen von Masken“. Jüngere (ab sechs) sollten die Maske jederzeit abnehmen können, wenn sie das möchten. Chirurgische wie Alltagsmasken seien womöglich „ein wenig unbequem“, schränkten aber das Ein- und Ausatmen nicht ein, führten auch nicht zu einer Einschränkung der Sauerstoffversorgung oder einer gefährlichen Anreicherung von Kohlendioxid. Selbst Kinder mit Asthma könnten gefahrlos Maske tragen, hieß es in einer Stellungnahme.

>>> INFO: Die Maskenpflicht an Schulen

In Nordrhein-Westfalen gilt die Maskenpflicht derzeit für alle Schülerinnen und Schüler – auch wenn sie in Klassen- oder Kursräumen auf festen Sitzplätzen sitzen. Bei Ganztags- und Betreuungsangeboten (z.B. OGS) müssen sie am festen Sitzplatz, etwa beim Basteln, ebenfalls eine Schutzmaske tragen.

Im Außenbereich der Schule gibt es aktuell keine Maskenpflicht.