Ruhrgebiet. Der Frühling ist die Gelegenheit, endlich mal den Kleiderschrank auszumisten. Doch wohin mit den Sachen, die viel zu schade zum Wegwerfen sind?
Die Jeans, die schon lange nicht mehr zugeht. Das Sommerkleid, das man nur einmal auf der Hochzeit der Cousine getragen hat. Oder die Sandalen, die nur zu dem einen Outfit passen. Wenn der Klamottenberg im Kleiderschrank immer größer wird, heißt es: Ausmisten. Doch wohin mit den ganzen Sachen, die eigentlich noch viel zu gut zum Wegschmeißen sind?
Mehr als eine Million Tonnen Klamotten landen laut dem in Essen ansässigen Dachverband „FairWertung“, einem bundesweiten Zusammenschluss von über 130 gemeinnützigen Altkleider-Sammelorganisationen, jedes Jahr im Container – viel mehr als für karitative Zwecke benötigt wird. „Textilien sind günstiger geworden“, begründet Geschäftsführer Thomas Ahlmann die stetig wachsende Menge. Dementsprechend hätten die Menschen auch mehr Kleidung gekauft – und wieder aussortiert. „Fast Fashion“ heißt das Phänomen.
„Altkleidersammler bekommen all das ab, was vorher konsumiert wurde“, so Ahlmann weiter. Doch weil die Kleiderkammern vor Ort diese Mengen überhaupt nicht gebrauchen könnten, gingen Altkleider, die in einen Sammelcontainer geworfen oder bei einer Haustürsammlung abgegeben werden, in der Regel unsortiert an gewerbliche Textilverwerter. Das Problem: Weil die häufig in Asien produzierten Billigklamotten nur wenige Wäschen überlebten, Farben schnell verblassten und T-Shirts ihre Form verlören, bekämen die Altkleidersammler immer weniger Geld dafür, erklärt Thomas Ahlmann. Der Erlös fließe, zumindest bei Altkleidercontainern von gemeinnützigen Sammelorganisationen, in soziale Projekte.
Kleiderläden der Diakonie in Essen: Unterstützung für Langzeitarbeitslose
Wer etwas Gutes tun und kaum getragenen Klamotten ein zweites Leben schenken möchte, gibt sie lieber bei Sozialkaufhäusern oder Kleiderkammern ab. „Neue T-Shirts, Hosen oder Schuhe stehen bei Familien mit geringem Einkommen ganz hinten auf der Einkaufsliste“, weiß Mechthild Greifenberg, Sozialarbeiterin beim Caritasverband Herne. Kleiderspenden ermöglichten ihnen, sich preiswert neu einzukleiden. Schon für 20 Cent bekommen Menschen aus prekären Lebenssituationen, zum Beispiel Empfänger von Arbeitslosengeld I und II, neue Unterwäsche, Socken oder T-Shirts. Jacken, Mäntel oder Schuhe kosten in dem Geschäft in Herne zwischen drei und fünf Euro.
Der Großteil der Kleidung werde ihnen von Bürgern zur Verfügung gestellt, erklärt Mechthild Greifenberg. Schmutzige Jeans oder Jacken mit kaputtem Reißverschluss sortierten die Mitarbeiter aus, auch Kleidung, die „nicht mehr zeitgemäß“ sei, werde nicht weiterverkauft. Dazu gehörten zum Beispiel Pelzjacken oder -mäntel. Außerdem achteten die Verkäuferinnen darauf, dass „für jeden etwas dabei ist“.
Das Diakoniewerk Essen gibt gespendete Kleider an Obdachlose weiter oder verkauft sie ebenfalls zu niedrigen Preisen an Menschen, die nicht viel haben. Neben Kleidung, Accessoires und Handtaschen können in den sieben Diakonieläden im Stadtgebiet auch Spielzeug, Bücher, Heimtextilien wie Bettwäsche und Handtücher sowie Haushaltsartikel abgegeben werden. Größere Mengen holen die Mitarbeiter der Diakonie auch von Zuhause ab.
Spenden und Kaufen darf jeder. Mit dem eingenommenen Geld wird der ursprüngliche Zweck der Läden finanziert: ein Beschäftigungsprojekt für Langzeitarbeitslose. Sie sollen durch die Arbeit in den Läden und der angeschlossenen Möbelbörse wieder eine neue berufliche Perspektive entwickeln können.
Secondhand-Online-Shops: Mit alten Klamotten Geld verdienen
Wer sich schweren Herzens von ein paar Lieblingsteilen trennt, möchte sie vielleicht nicht völlig kostenfrei hergeben. Auch lässt sich mit Designermode oder Vintage-Teilen, die schon seit Jahren im Schrank liegen, noch ein bisschen Geld verdienen. Neben den klassischen Verkaufsplattformen Ebay und Ebay-Kleinanzeigen gibt es Secondhand-Online-Shops wie Vinted (ehemals Kleiderkreisel) und Mädchenflohmarkt, die sich auf Klamotten und Accessoires spezialisiert haben.
Dort können Kundinnen nicht nur neue Teile shoppen, sondern auch ihre eigenen Sachen verkaufen – entweder, in dem sie die Artikel selbst fotografieren, mit einer Produktbeschreibung und einem Preisetikett versehen und hochladen. Oder, indem sie den „Concierge-Service“ nutzen, den zum Beispiel das Portal Mädchenflohmarkt.de anbietet. Dabei schicken sie ihre Kleider in Paketen nach Fellbach bei Stuttgart. Dort angekommen, überprüfen Mitarbeiter die Echtheit der Produkte und stellen sie anschließend ins Netz. Für verkaufte Artikel fällt dann allerdings eine Provision von 40 Prozent an. Wer seine Sachen selbst verkauft, muss nur zehn Prozent abgeben.
Die Sachen sollten in einem guten Zustand, sauber und gebügelt sein – „so, als würdet ihr sie eurer besten Freundin schenken“, heißt es in einem Erklärvideo auf der Internetseite des Unternehmens. Sehr gefragt sei aktuelle Frühlings- und Sommermode, außerdem Handtaschen und Sneaker. Die beliebtesten Marken: Louis Vuitton, Michael Kors, Prada, Gucci, Liebeskind, Adidas und Nike. Wenn ein Artikel Mängel aufweist oder nach acht Monaten noch immer im Lager hängt, dann haben Verkäuferinnen die Wahl: Rückversand oder Spende.
Ankauf: Große Mengen gebrauchter Kleidung schnell verkaufen
Wer sich von großen Mengen seiner Kleider im Schrank trennen und nicht jedes T-Shirt einzeln verkaufen möchte, kann sie an An- und Verkauf-Anbieter wie Momox.de schicken. Der Vorteil: Kunden erhalten einen Festpreis und müssen nicht warten, bis einzelne Teile verkauft sind.
Die Klamotten werden zunächst online in eine virtuelle „Verkaufsbox“ gelegt. Dazu gibt man an, um was für ein Kleidungsstück es sich handelt (zum Beispiel Damenhose, Bluse oder Winterjacke) sowie die passende Marke. Das Portal berechnet anhand dieser Angaben ein Ankaufsangebot. Anschließend können alle Kleidungsstücke – frisch gewaschen und ohne „Gebrauchsspuren“ – in einem Paket kostenlos an Momox geschickt werden.
Beschädigte, verblasste oder schmutzige Kleider sowie Outletware und Artikel, die älter als fünf Jahre sind, werden jedoch nicht angenommen. Auch das Wäscheetikett darf nicht fehlen, um das Kleidungsstück eindeutig einer Marke zuordnen zu können. Wird ein Artikel abgelehnt, kann er wahlweise gegen eine Gebühr in Höhe von vier Euro zurückgeschickt oder recycelt werden.
WEITERE INFORMATIONEN
■ Das Einkaufen in Städten und Kreisen mit einem Inzidenzwert zwischen 50 und 100 ist in NRW wieder ohne Termin und Test möglich. Es gilt eine Kundenbegrenzung: Erlaubt ist eine Person pro 20 Quadratmeter Verkaufsfläche.
■ Bei einer Inzidenz zwischen 35 und 50 wird die Kundenbegrenzung erneut gelockert: Dann ist eine Person pro zehn Quadratmeter Verkaufsfläche erlaubt. Unter 35 entfällt die Sonderregel für Geschäfte, die größer sind als 800 Quadratmeter.