Rom. Taschendiebe fühlen sich wohl im Touristen-Gewirr von Rom. Versunken in ihren Reiseführern ahnen die Opfer meist nichts von ihrem Unglück. Ordnungskräfte und Polizei sind überwiegend machtlos. Flugblätter in acht Sprachen sollen Touristen nun vor den Kriminellen warnen.

Dicht aneinandergedrängt schieben sich die Menschenmassen in die Metro-Station an der Spanischen Treppe in Rom. Der Geruch nach Schweiß und Sonnencreme liegt in der Luft. Die Sprachen: ein bunter Mix. Die Stadt am Tiber ist eine Touristenhochburg, Millionen zahlungskräftige Besucher bevölkern sie jedes Jahr - das perfekte Jagdrevier für Taschendiebe. Bei der Polizei gehen jährlich alleine für die Hauptstadt Zehntausende Anzeigen ein, das Touristikportal "TripAdvisor" stuft Rom nach Barcelona als die europäische Stadt mit der größten Gefahr durch Taschendiebe ein.

Die Strategien der Kriminellen sind vielseitig. Die Gruppen haben Perfektion darin erlangt, Touristen und Einheimische um ihre Wertgegenstände zu bringen. Längst wird einem die Handtasche oder das Mobiltelefon nicht mehr einfach aus der Hand gerissen. Die neue Generation der Taschendiebe geht deutlich subtiler und vor allem organisierter vor. Gerade das macht es den Behörden schwer, etwas gegen die Diebstähle zu unternehmen und die Täter zu stoppen.

Britische Behörden warnen vor Dieben

Der Italiener Sergio und seine Frau Paola waren in Rom, um Angehörige zu besuchen, vor allem den kleinen Neffen, berichteten sie der italienischen Tageszeitung "La Stampa". Am Hauptbahnhof müssen sie umsteigen. Neben ihnen steht eine Gruppe Jugendlicher, erinnert sich Paola. Als der Zug einfährt, drängeln sich die Minderjährigen in den Wagen. Sie lärmen und schubsen. Als sich die Türen schließen, hält einer den Fuß dazwischen. Alle schlüpfen hinaus. Paola greift instinktiv nach ihrer Tasche, die offen ist. Ihr Portemonnaie fehlt. "Drinnen waren 70 Euro", berichtet die Rentnerin, "das war das Geschenk für meinen Neffen." Die Schuldigen sind längst entkommen. Eine Chance, das Diebesgut wiederzubekommen, gibt es nicht.

Die Situation hat sich in Rom so weit verschärft, dass auch die britischen Behörden eine Warnung vor Taschendieben für die Stadt herausgegeben haben. Doch nicht nur in der Stadt am Tiber sind die Banden auf der Pirsch, stets auf der Suche nach unachtsamen Reisenden. An allen großen Bahnhöfen besteht Gefahr, selbst in den Zügen, die die Metropolen Italiens miteinander verbinden.

Flugblätter in acht Sprachen

Jedes Vorgehen der Polizei scheint zwecklos. "Seit Jahresbeginn gab es allein an der Stazione Termini 2500 Anzeigen und Hunderte Festnahmen", berichtete ein Sicherheitsbeamter der Tageszeitung "Il Fatto Quotidiano". "Aber sie sind alle unnütz, die Diebe werden sofort wieder freigelassen. Es gibt kein System, sie zu bestrafen", erklärt er verbittert. Die fälligen Geldstrafen oder ein kurzer Freiheitsentzug halten die Taschendiebe nicht - oder nur kurzfristig - vom Stehlen ab.

So bleibt der italienischen Bahn nichts anderes übrig, als ihre Kunden zu warnen. Unter dem Leitspruch "Pass auf, mach den Unterschied", starteten die Ferrovie italiane vor kurzem eine neue Initiative gegen Taschendiebe und Trickbetrüger. Videos, Flugblätter in acht Sprachen und Hinweisschilder sind die wesentlichen Bestandteile dieses Programms. Ob es allerdings helfen wird, den Dieben ihr Jagdrevier zu nehmen, ist fragwürdig. Franco Fiumara, Direktor des Betriebsschutzes der italienischen Bahn, ist jedoch überzeugt: "Aufzupassen garantiert eine unbeschwerte Reise." (dpa)